Ziegen als Wetterpropheten Landwirtin sieht Einfluss des Klimawandels auf Tiere

Wachtberg-Züllighoven. · Im Rahmen des Klimawandels beobachtet die Bio-Landwirtin Dorothee Hochgürtel aus Züllighoven ein verändertes Verhalten ihrer Nutztiere. So bekommen etwa ihre Ziegen früher Nachwuchs.

 Seit einigen Jahren beobachtet Dorothee Hochgürtel eine Verschiebung beim Zeitpunkt der Ziegengeburten.

Seit einigen Jahren beobachtet Dorothee Hochgürtel eine Verschiebung beim Zeitpunkt der Ziegengeburten.

Foto: Axel Vogel

Hat der Klimawandel bereits spürbaren Einfluss auf die Natur? Anders gefragt: Reagieren Pflanzen und Tiere auf zu heiße Sommer oder zu warme und verregnete Winter? Ja, sagt Bio-Landwirtin Dorothee Hochgürtel aus Züllighoven, die sich auf Streuobstwiesen sowie Schaf- und Ziegenzucht spezialisiert hat.

Dabei verweist sie vor allem auf ihre rund 20 Ziegen, eine Kreuzung aus Burenziegen und Bunten Deutschen Edelziegen, die sie allein zur Zucht und zur Fleischherstellung hält. „Das sind echte Wetterpropheten“, sagt Hochgürtel und kann dafür auch Gründe nennen: „Das Verhalten der Tiere hat sich seit etwa sechs Jahren deutlich verändert.“

Als sichtbarstes Zeichen verweist Hochgürtel auf den Nachwuchs der Ziegen: „Früher haben meine Ziegen immer erst im Februar und März ihre Lämmer bekommen. Inzwischen kann das nun schon mal vor Weihnachten der Fall sein.“ Derzeit hat Hochgürtel neun Lämmer im Stall, allesamt kurz nach Silvester zur Welt gekommen. Dazu muss man sagen: Anders als andere Züchter steuert Hochgürtel die Nachwuchserzeugung nicht durch eine Trennung der Böcke. Die sind das ganze Jahr über bei der Herde.

Für die Züllighovener Landwirtin ist das vorgezogene Lammen nichts ungewöhnliches mehr. Vor sechs Jahren war ihr diese Entwicklung zum ersten Mal aufgefallen: „Da hatten am Weihnachtstag die Leittiere meiner Herde Lämmer bekommen. Ich dachte nur: Haben die Tiere sie noch alle?“ Zwar stellte sich der Nachwuchs in den nachfolgenden Jahren wieder erst mit Frühlingsbeginn ein, doch dafür blökten ein Jahr später die ersten Lämmer bereits im November in Hochgürtels Stall.

Warum das so ist, darauf versucht sich Hochgürtel einen Reim zum machen: „Es fehlt einfach die Konstanz im Wetter. Wir haben stattdessen immer stärkere Wellenbewegungen aus nasser und regnerischer Witterung oder zu heißem und trockenem Wetter.“ Das Phänomen könne schlicht „den Biorhythmus der Ziegen durcheinander gebracht haben, die jetzt versuchen das Wetter zu lesen“.

Laut Hochgürtel hassen die Tiere „nämlich regnerisches Wetter und lieben Sonne.“ Genau diese nasse Witterung sei ja derzeit auch vorherrschend, was die Tiere quasi geahnt haben könnten. Zudem könne auch das Futterangebot eine Rolle spielen: „Das ist im Frühjahr und Herbst deutlich besser, als in den neuerdings sehr trockenen Sommern. So fehlt im Hochsommer sowohl den Müttern als auch den Lämmern ausreichend frisches Gras.“ Darauf könnten sich Ziegen mit ihrer Nachwuchsplanung eingestellt haben, glaubt Hochgürtel. Was ihr ebenfalls einhergehend noch mit dem Klimawandel aufgefallen ist: „Früher waren Zwillingsgeburten häufiger als Einlingsgeburten. Inzwischen ist es umgekehrt.“

 Auf dem Bio-Hof Hochgürtel in Züllighoven säugt das Muttertier den etwa sechs Wochen alten Nachwuchs.

Auf dem Bio-Hof Hochgürtel in Züllighoven säugt das Muttertier den etwa sechs Wochen alten Nachwuchs.

Foto: Axel Vogel

Dass seine Ziegen ihr Verhalten dem Klimawandel angepasst haben, hat Stephan Minten, Ziegenzüchter aus Rheinbach-Peppenhoven, nicht beobachtet: „Wann die Ziegen ihre Lämmer bekommen sollen, kann man ja mittels der Böcke steuern.“ Anders formuliert: Der Bock wird erst dann zu den Ziegen gelassen, wenn der Halter Nachwuchs haben möchte. „Viele meiner Kollegen handhaben das genauso“, betont Minten. So auch Ilona Kuhnen, Inhaberin des Ziegenhofs in Bornheim-Rösberg, die für diesen Monat und im Juni plant: „Wenn man allerdings den Bock das ganze Jahr über in der Herde mitlaufen lässt, werden die Tiere auch entsprechend rösig.“ Wie generell im Leben, funktioniere nämlich auch bei den Ziegen „vieles über Duftstoffe“.

Unabhängig von Steuerungsmöglichkeiten der Züchter bei der Nachwuchsplanung glaubt Kuhnen nicht, dass das Lammen mit dem Wetter zu tun hat: „Wenn überhaupt, mit dem Thema Futter.“ So sagt Ilona Kuhnen zum Thema Zwillingsgeburten: „Die hängen mit dem Futterangebot zum Zeitpunkt des Deckaktes zusammen.“ Sei das Angebot hoch beziehungsweise gut, würden sich auch Zwillingsgeburten einstellen.

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