Geschäftsaufgabe nach 40 Jahren Wormersdorfer Büdchen schließt zum Jahresende

Rheinbach · Nach vier Jahrzehnten schließt Anneliese Schöneweß-Evertz ihr Geschäft im Wormersdorfer Zentrum. Das Lädchen mit Lotto-Annahmestelle, Zeitungen, Zeitschriften und so viel mehr ist eine Institution.

 Der Wormersdorfer Lotto- und Schreibwarenladen von Anneliese Schöneweiß-Evertz schließt nach 40 Jahren.

Der Wormersdorfer Lotto- und Schreibwarenladen von Anneliese Schöneweiß-Evertz schließt nach 40 Jahren.

Foto: Matthias Kehrein

Manche Geschichten, die im Dorf erzählt werden, bekommen mit der Zeit eine wundersame Eigendynamik. „Ein Schüler der gegenüberliegenden Grundschule erzählte mir, dass ich aufhören würden, weil ich Geld genug habe“, berichtet Anneliese Schöneweiß-Evertz, „Dat wüsst isch ever“, sagt die 78-Jährige und lacht. Am Morgen des Silvestertags öffnet die Inhaberin der Lotto-Annahmestelle inklusive Kiosk mitten im Wormersdorfer Zentrum zum letzten Mal die Türen ihres 1979 eröffneten Geschäfts.

Eine Institution ist Anneliese Schöneweiß-Evertz nicht nur, weil ihre Kunden bei ihr von einem Multimillionen-Gewinn träumen dürfen oder für kleines Geld ein großes Papiertütchen voll mit Süßigkeiten erhältlich ist. Es sind die vielen kürzeren und längeren Klönereien und Schwätzchen, die nicht nur ihr fehlen werden, wie sie selbst sagt. Altersgründe macht sie für den ihr nicht leichten gefallenen Schritt verantwortlich, ihren Laden an der Straße Unterdorf nach dem Jahreswechsel für immer dicht zu machen. „Am Silvestertag ist aber bis 13 Uhr noch mal volles Programm“, bekundet Ehemann Rüdiger Evertz.

Wormersdorf: Lotto-Annahmestelle schließt zum Jahresende
Foto: Matthias Kehrein

Langsam werden in dem Laden die Regale immer leerer

Zusehends leeren sich die Regale in Schöneweiß-Evertz’ Laden. Das große Sortiment an Zeitungen und Zeitschriften ist aber nach wie vor auf dem neuesten Stand. Von den meisten Regenbogenblättern lachen Florian Silbereisen und Helene Fischer herunter, denen eine Versöhnung zu Weihnachten, zumindest aber eine gemeinsame Feier zum Fest der Liebe, nachgesagt wird. Der neueste Band der Asterix-Reihe mit dem Titel „Die Tochter von Vercingetorix“ ist bei ihr ebenso erhältlich wie eine Fülle von Schreibwaren, Haushaltswaren und andere Dinge. Zeitweise war in ihrem Geschäft auch eine Post-Servicefiliale untergebracht. „Da stapelten sich bei mir bis zu 40 angenommene Pakete – oder noch mehr“, sagt die 78-Jährige.

Wormersdorf: Lotto-Annahmestelle schließt zum Jahresende
Foto: Matthias Kehrein

Apropos Schreibwaren: Als weiteren Grund für die Schließung nach vier Jahrzehnten nennt sie auch die nachlassenden Umsätze wegen der Konkurrenz durch die großen Discounter. „Früher kamen die Kinder und Eltern mit ihren langen Listen für den Schuljahresbedarf an Heften, Stiften und anderem Dingen zu mir. Heute decken sich die Leute bei den Discountern ein. Das tut uns finanziell schon ein bisschen weh“, sagt Schöneweiß-Evertz.

Ein steter Quell der Freude war ihr allerdings, wenn sechs der 49 Lottokugeln einem ihrer Kunden hold waren. „200 000 D-Mark hat mal eine Kundin bei uns gewonnen, mal waren 40 000 Mark darunter, mal 10 000 Mark oder heute 5000 Euro. Das kam und kommt so selten gar nicht vor“, berichtet sie und lacht verschmitzt. Viele Lottospieler sind Gewohnheitsmenschen. „Ist es heute schon das letzte Mal, dass ich Lotto abgeben kann?“, fragt etwa eine Kundin. Sie vertraut auf die Zahlen, die ihr vor 38 Jahren verstorbener Ehemann immer angekreuzt hat. „Wenn Sie was gewinnen, können Sie den Gewinn überall abholen – auch wenn hier zu ist“, versichert Schöneweiß-Evertz.

Wormersdorf: Lotto-Annahmestelle schließt zum Jahresende
Foto: Matthias Kehrein

Einen Nachfolger für ihren Laden vis-à-vis der Wormersdorfer Grundschule hat sie nicht gefunden, aber eigentlich auch nicht so richtig gesucht: Schließlich bleiben ihr Mann und sie in dem Gebäude wohnen. Für Wormersdorf beinhaltet das Haus nicht nur wegen ihnen ein bedeutendes Stück Wirtschaftsgeschichte.

Dort, wo jetzt ihr Wohnzimmer ist, war dereinst die erste Backstube des Bäckereiunternehmens Mauel. Als 1883 die ersten Mauel-Brötchen gebacken werden, kamen sie in einen Ofen, der dort steht, wo der Kaminofen der Familie einen Platz gefunden hat. Zu sehen ist noch das gekachelte Podest auf dem die Feuerstelle einst stand.

Kopfschüttelnd berichtet Rüdiger Evertz, dass er eines Tages mal in den Lauf von drei Pistolen geblickt hat. Drei Männer hatten den Kiosk überfallen. Klein sei die Beute ausgefallen, groß hingegen seine Angst. „Die Waffen waren echt, da bin ich sicher“, sagt er.

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