"Wäre so was auch bei uns möglich?"

An den Schulen in der Region herrscht Ratlosigkeit

"Wäre so was auch bei uns möglich?"
Foto: Wolfgang Henry

Rhein-Sieg-Kreis. Hilflosigkeit, Fassungslosigkeit und Unverständnis herrschten auch einen Tag nach dem Amoklauf von Winnenden an den Schulen der Region vor. Es sei alles andere als ein normaler Morgen gewesen, sagte am Donnerstagmittag Christoph Becker.

Der Leiter der Europaschule Bornheim sagte, Kollegium und Schulgemeinde seien sehr nachdenklich gewesen und hätten großes Mitgefühl mit Lehrern und Schülern der Albertville-Realschule. "Man fragt sich schon: Wäre so was auch bei uns möglich?", so Becker. Zu einer Antwort finde er nicht.

Lehrerrat und Schülervertretung hätten beraten, dass Thema nicht als Pflichtveranstaltung im Unterricht zu behandeln. Dennoch sei viel darüber gesprochen worden. Es gab am Donnerstag eine Schweigeminute in der Europaschule, ab Freitag liegt ein Kondolenzbuch aus.

Fast alle der befragten Schulen haben in ihrem Notfallplan, der nach dem Amoklauf von Erfurt aufgestellt werden musste, ein Codewort. "Wir haben einen hausinternen Satz, bei dem alle Kollegen wissen müssen, dass sie die Türen verriegeln sollen und in den Klassen bleiben, bis Entwarnung kommt", bestätigte Becker.

Den Amoklauf des 17-Jährigen haben die Verantwortlichen des Konrad-Adenauer-Gymnasiums in Meckenheim zum Anlass genommen, den Notfallplan Punkt für Punkt durchzugehen. "Wir hatten noch am Mittwochnachmittag eine Dienstbesprechung und überlegen nun, den Plan noch einmal zu aktualisieren", sagte der stellvertretende Schulleiter Peter Schröder. Er wollte mit den Ausführungen nichts ins Detail gehen, aber der Notfallplan sei mit der Polizei abgestimmt.

Besondere Aktionen gab es am Donnerstag keine am Adenauer-Gymnasium. "Wir haben vieles ventiliert, aber schließlich von einer Schweigeminute Abstand genommen", so Schröder. Stattdessen sei das Thema in den Lerngruppen besprochen worden. Dabei waren die Probleme individuell. Eine türkische Schülerin habe erzählt, das in einem türkischen Fernsehsender der Schwerpunkt darauf gelegen habe, dass unter den Opfern ein türkischer Schüler gewesen sei. "Das hat sie sauer gemacht", erzählte Schröder.

Viel aufgeregter als sonst hat Ulrich Böhmer seine Schüler empfunden. Der stellvertretende Leiter der Hauptschule Oedekoven glaubt allerdings, dass das richtige Erwachen bei den Jugendlichen noch kommt: "Im Moment sind die Eindrücke noch zu frisch." Mit seinen Kollegen will Böhmer über Möglichkeiten der Anteilnahme nachdenken. Generell sei das Thema Amoklauf ein schwieriges. "Es ist so problematisch, weil es so irrational ist."

"Prävention, Prävention, Prävention" lautet die Devise von Roswitha Weber an der Georg-von-Boeselager-Schule in Heimerzheim. "Man muss im Vorfeld gut hingucken, wo es Fehlentwicklungen gibt und braucht einen engen Kontakt zu den Schülern." Dabei würde das Kollegium der Haupt- und Realschule von einem Diplom-Sozialpädagogen, aber auch Beratungslehrern und Streitschlichtern unterstützt.

Zu Hause blieb am Donnerstag laut Umfrage kein Schüler. Und auch die Eltern hätten unaufgeregt reagiert, wurde dem Schulamtsleiter des Rhein-Sieg-Kreises Hans Clasen übermittelt. Trotz der Notfallpläne, die nach einem Muster X aufgestellt wurden und kreisweit mit den Besonderheiten der Schulen abgestimmt worden seien, gebe es keine Garantie Amokläufe zu verhindern. Aber vielleicht sie weniger wahrscheinlich zu machen. Dabei helfen im Kreis auch zwei Schulpsychologen, die laut Clasen nach Erfurt spezielle Schulungen erhalten haben.

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