Ein halbes Jahr nach der Flut Wie Familie Pucken aus Oberdrees ihr Haus wieder aufbaut

Rheinbach-Oberdrees · Familie Pucken aus Oberdrees war schlimm von der Flut im Sommer betroffen. Der Schock darauf war groß. Doch sie bauen ihr Haus wieder auf.

 Catharine  Pucken aus Oberdrees steht vor Möbeln wie dieser uralten Sitzbank, die immer noch auf der Terrasse ihres Hauses stehen, weil im Innenern saniert werden mzss.

Catharine  Pucken aus Oberdrees steht vor Möbeln wie dieser uralten Sitzbank, die immer noch auf der Terrasse ihres Hauses stehen, weil im Innenern saniert werden mzss.

Foto: Axel Vogel

Die goldene Standuhr von Wolfgang Pucken zeigt an, dass es gleich 20 vor acht ist. Um diese Uhrzeit stieg das Wasser in Puckens Keller in Oberdrees so weit an, dass sie stehen geblieben ist. „Hochwasser 2021“ hat er dort eingravieren lassen, um die schreckliche Nacht nicht zu vergessen.

Die Mechanik im Inneren ist noch immer schlammverkrustet. Um ganz sicher zu sein, hat Pucken vieles auch fotografisch dokumentiert. Die Bilder bewahrt er in einer Fototasche auf. Nicht, dass er Gefahr laufen würde, die Nacht vom 14. auf den 15. Juli zu vergessen. Schließlich hat das Hochwasser im Sommer sich bei ihm und seiner Frau Katharina nachhaltig ins Gedächtnis gebrannt.

Nach kurzer Zeit ins Haus zurück

Das Ehepaar erinnert sich, wie das Wasser lendenhoch im Garten stand und die beiden mit erwachsener Tochter und sieben Monate altem Enkel evakuiert werden mussten. „Es kam einfach über die Mauer geschossen“, so Wolfgang Pucken. Weil die Familie noch ein trockenes Obergeschoss hatte, durften sie nach kurzer Zeit wieder ins Haus zurück.

Sie denken daran, wie das Wasser im Keller bis unter die Decke stand und Sammlerstücke und Souvenirs von Wolfgang Puckens zahlreichen Geschäftsreisen rund um den Globus vernichtet hat. „Seit dem weiß ich, wie sich jemand fühlt, dessen Haus abgebrannt ist. Unsere ganze Vergangenheit ist weg“, sagt Katharina Pucken. Das Wasser lief langsam ab, während Wolfgang Pucken die ganze Nacht auf der überschwemmten Terrasse saß und dabei zusah. „Jede Stunde wurde eine weitere Stufe unserer Kellertreppe wieder sichtbar“, erinnert er sich.

Spielzimmer der Enkel zerstört

Die Zerstörung im Haus der Familie Pucken war beachtlich, doch die beiden legen Wert darauf, dass sie vergleichsweise glimpflich davon gekommen sind. Bei anderen Betroffenen waren die Gebäudeschäden schlimmer. Drei Oberdreeser sind während oder nach der Flut gestorben. Puckens leben noch, und auch ihr Haus steht noch.

Doch auch sie haben schmerzhafte Verluste zu beklagen. „Wir hatten den Keller gerade als Spielzimmer für unsere Enkel hergerichtet“, sagt Katharina Pucken. Die beiden hatten dort eine Dartscheibe, eine Jukebox, einen Flipperautomaten und eine kleine Bar, „damit die Kinder sich auch mal eine Cola nehmen können“.

Nebenan hatte Wolfgang Pucken ein kleines Büro und eine Hobbywerkstatt eingerichtet. „Nach der Flut sah alles aus wie eine Höhle“, erinnert sich Katharina Pucken. „Als ich das erste Mal wieder im Keller war, habe ich nur geheult“, fügt ihr Mann hinzu. Putz und Wandfarbe waren abgespült und die Öltanks zerstört. Da das Öl oben schwimmt, geriet es auch in die Kellerdecke, wo es das dämmende Styropor zerfraß.

Landwirte helfen den Betroffenen

Ein halbes Jahr ist das nun her. Famile Pucken ist immer noch schwer beschäftigt. Der Fischteich im Garten muss von Schlamm befreit werden. Im Hof steht noch immer Hausrat, der Keller und Teile der Küche riechen nach Öl. Der Wohnbereich ist abgesackt, das Parkett in der Diele wölbt sich. „Die ersten Tage bin ich hier durch wie ein Zombie. Ich habe mich gar nicht erinnert, was ich den ganzen Tag gemacht habe“, erzählt Wolfgang Pucken. Und das war eine Menge. Familie Pucken musste die beschädigten Möbel heraustragen, die beiden abgesoffenen Autos ersetzen, den Schlamm beseitigen und vieles mehr.

Anfangs hatten sie viel Hilfe von Freunden und Verwandten. Auch Landwirte haben im Dorf mit ihren Maschinen ausgeholfen. Ein Bauunternehmer half mit dem Bulldozer aus, die Feuerwehr war aktiv. Ein halbes Jahr später ist es etwas schwerer, Hilfe zu bekommen. „Wir können nicht mehr einfach so fragen, ob jemand ein Wochenende zum Helfen vorbeikommt. Die Leute müssen sich auch um ihr eigenes Leben kümmern“, sagen die beiden. Der 75-Jährige macht noch vieles selbst, sonst wären die Reparaturen noch nicht so weit fortgeschritten. Wie lange das noch geht, ist aber fraglich: „Ich verliere allmählich die Kraft. Die Batterie ist leer.“

Der Koi ist verschwunden

Als Nächstes soll ein neuer Fußboden im Keller eingesetzt werden. Dann sollen neue Möbel, eine Tiefkühltruhe und andere Geräte folgen. „Wir wollen hier auch irgendwann wieder normal wohnen“, sagt Katharina Pucken. Zwei Jahre wird es laut den beiden dauern, bis der rund 300.000 Euro schwere Schaden behoben sein wird.

Auch Puckens Enkelsohn hat einen Verlust zu beklagen. Kurz vor der Flut durfte er sich einen Koi-Karpfen aussuchen, der in Puckens Fischteich unterkommen sollte. Er wurde auf den Namen Flitzi getauft und in den Garten in Oberdrees umgesiedelt. Im Laufe der Flut ist Flitzi aber davongeschwommen.

Puckens Enkel leiden heute noch unter der Flutnacht. Sie tun sich schwer damit, alleine in ihrem Zimmer zu schlafen und verbringen viele Nächte im Schlafzimmer der Eltern. Die Ereignisse der Flutnacht sind immer wieder Thema in der Familie. Katharina Pucken ist das gar nicht so lieb. Sie würde am liebsten einen Schlussstrich unter die Flutkatastrophe ziehen. „Dieses Interview war das Letzte Mal, dass ich darüber geredet habe“, sagt sie. „Aber meinem Mann tut es gut, drüber zu reden“, ergänzt sie am Ende des Gesprächs.

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