"Wir müssen für Managementfehler büßen"

Rund 100 Mitarbeiter des Siegburger Krankenhauses kommen zur Betriebsversammlung - Geschäftsführer Peter Kilian sieht Stellenabbau als Baustein - Betriebsrat Achim Teusch kritisiert Küchenschließung

  Die Mitarbeiter  des Siegburger Krankenhauses informieren Betriebsrat Achim Teusch (von links), Pressesprecher Michael Emmrich und Geschäftsführer Peter Kilian.

Die Mitarbeiter des Siegburger Krankenhauses informieren Betriebsrat Achim Teusch (von links), Pressesprecher Michael Emmrich und Geschäftsführer Peter Kilian.

Foto: Arndt

Siegburg. Die Stimmung unter den Mitarbeitern des Siegburger Krankenhauses ist denkbar schlecht. Nicht nur, dass sie übers Wochenende erfahren haben, dass ihr Arbeitgeber, die Wittgensteiner Kliniken AG, an die zehn Prozent der Arbeitsplätze abbauen will. Sondern es geht mittelfristig auch an die Arbeitszeit und das Weihnachtsgeld.

Und selbst dann ist die Klinik immer noch mehr als weit entfernt vom eigentlichen Sanierungsziel, schwarze Zahlen in der Bilanz zu schreiben. Das bedeutet: Wer diesmal nicht auf der Streichliste steht, könnte nächstes Jahr in einer weiteren Runde dabei sein. Das ist die große Befürchtung von vielen.

Rund 100 Mitarbeiter kamen am Montag zur Betriebsversammlung in den Saal des Altenheims "Zum hohen Ufer". Dort sprachen Betriebsratsvorsitzender Achim Teusch und Klinik-Geschäftsführer Peter Kilian über die am Freitag vor der Einigungsstelle abgeschlossene Betriebsvereinbarung.

Teusch machte klar, dass man keineswegs von weitreichenden Verhandlungen mit der Geschäftsführung sprechen könne. "Wir haben die unternehmerische Entscheidung, 70 Vollzeitarbeitsstellen abzubauen, entgegen genommen", sagte er. Der Betriebsrat habe lediglich erreichen können, dass die Auswirkungen abgefedert würden.

Wie berichtet, sollen 70 Stellen wegfallen, 30 davon durch normale Fluktuation, 20 Mitarbeiter bekommen ein Beschäftigungsangebot außerhalb des Krankenhauses, die restlichen Betroffenen können für neun bis zwölf Monate in eine Beschäftigungsgesellschaft wechseln, um sich weiter zu qualifizieren. "Mit all dem werden rund 1,8 Millionen Euro pro Jahr gespart, es müssten aber rund 14 Millionen Euro sein", rechnet Betriebsrat Teusch vor.

Selbst wenn flächendeckend die neuen Tarifverträge mit erhöhter Wochenstundenzahl sowie Kappung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld durchgesetzt würden, sei die verbleibende Finanzlücke so groß, dass mindestens weitere 150 Stellen gestrichen werden müssten.

Deshalb solle die Geschäftsführung auch bei den Sachkosten und vor allem bei der "überaus hohen Pacht" an die Stadt Siegburg - knapp vier Millionen Euro pro Jahr - sparen. Auch die Kostenstrukturen bei den beiden Service Gesellschaften müssten unter die Lupe genommen werden. Und schließlich sollten die altersbedingt frei werdenden Chefarztposten in ein Zukunftskonzept münden. Teusch rechnet damit, dass in den kommenden Jahren sechs Chefärzte in den Ruhestand gehen.

Kilian bestätigte, dass eine Sanierung des Klinikums nicht ausschließlich über Personalentscheidungen möglich sein werde. "Wir haben mit der Betriebsvereinbarung eine wichtige Voraussetzung geschaffen, sie bleibt aber nicht die einzige Anstrengung." Der Geschäftsführer verdeutlichte, dass in der Vergangenheit bereits die Erlöse aufgestockt und die Sachkosten gemindert worden seien. "Wir haben schon über zwei Millionen Euro eingespart", so Kilian. So sei durch Verhandlungen mit Krankenkassen mehr Geld hereingekommen, andererseits sei beispielsweise an den Ausgaben für Medikamente gespart worden.

Kilian stellte in Aussicht, dass nicht alle der in der Vereinbarung verzeichneten wegfallenden Stellen auch tatsächlich dem Rotstift zum Opfer fallen. "Nehmen sie das Beispiel Kardio-Chirurgie. Sollten uns dort gleichbleibend hohe Fallzahlen vorgeschrieben werden, können wir dort nicht einsparen", sagte er. In der Betriebsvereinbarung seien gewissermaßen die Maximalwerte festgeschrieben worden. Das habe man so machen müssen, weil es nicht möglich sei, nachzulegen. Das gelte auch für die hauseigene Apotheke, wo möglicherweise 4,5 Vollzeitstellen wegfallen könnten. "Wir bemühen uns, den Auftrag für das Evangelische Waldkrankenhaus in Bad Godesberg und das Johanniter-Krankenhaus in Bonn zu bekommen", sagte Kilian. Dann sehe die Situation anders aus. "Ob wir eine Maßnahme durchsetzen, muss immer konkret geprüft werden."

Er verteidigte die Entscheidung, die Krankenhausküche zu schließen, denn die Kosten für die anstehende Sanierung seien sehr hoch. "Die möchte ich lieber in die Sanierung von 20 bis 30 Patientenzimmer stecken." Die Speiseversorgung durch eine Kölner Catering-Firma verbessere das Angebot und die Wahlmöglichkeiten. Teusch hält die Schließung dagegen für die schlechteste mehrerer Möglichkeiten.

Die Mitarbeiter zeigten sich enttäuscht: "Wir haben so viel Arbeit, da wäre es dumm, Stellen zu streichen", sagte eine Krankenschwester der Intensivstation. "Unsere Station ist immer voll belegt, und wir schieben viele Überstunden vor uns her." Es sei nicht richtig, dass die Belegschaft für Managementfehler büßen müssten. "Und so denken viele."

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