Wirbel um Burkas im Unterricht hält an

Ministerium sagt Übergabe der EU-Briefmarke zum Thema Integration ab - Bonner Schülerinnen sind am Dienstag nicht wieder zum Unterricht erschienen

Bonn. Die beiden Schülerinnen, die Schulleiter Ulrich Stahnke vorige Woche von der Bertolt-Brecht-Gesamtschule verwiesen hatte, sind am Dienstag nicht wieder zum Unterricht erschienen. Stahnke hatte den beiden 18-Jährigen der Jahrgangsstufe 11 am Tag des Schulverweises erklärt, sie dürften jederzeit wiederkommen, wenn sie ihre Burkas ablegten und wieder normale Kleidung trügen.

Wie berichtet, waren die zwei jungen Musliminnen am Montag vergangener Woche für Lehrer und Mitschüler völlig überraschend erstmals in Burkas verhüllt zum Unterricht erschienen. Nachdem laut Stahnke die Schülerinnen trotz mehrfacher, intensiver Gespräche nicht zu bewegen gewesen waren, die Burkas abzulegen, erteilte Stahnke ihnen nach Rücksprache mit der Bezirksregierung Köln am Donnerstag das Hausverbot.

Das sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Das Bundesfinanzministerium sah sich gezwungen, die für Dienstag in der Schule geplante Übergabe der Europa-Sonderbriefmarke zum Thema Integration abzusagen. "Schüler, Eltern und Lehrer sollen nach den Ereignissen wieder zur Ruhe kommen und abseits der Öffentlichkeit darüber diskutieren.

Das gebietet der Respekt, und deshalb haben wir den Termin abgesagt", sagte eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage dem GA. Schulleiter Stahnke wertete die Absage als falsches Signal. "Unsere Schule bemüht sich sehr um Integration. Deshalb sollte diese Briefmarke ja auch hier übergeben werden", sagte Stahnke dem GA.

Und betonte: Der Schulverweis habe keinerlei religiöse Hintergründe, sondern sei eine rein pädagogische Maßnahme, weil die beiden Schülerinnen gegen die Schulordnung verstoßen und eindeutig den Schulfrieden gefährdet hätten. Diese Auffassung teilt nicht nur die Bezirksregierung Köln, sondern auch Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann. Wer in Deutschland lebe, dürfe kein Verhalten an den Tag legen, das die Bildung von Parallelgesellschaften fördere, sagte sie.

Dieckmann weiter: "Bonn ist eine Stadt, in der Menschen aus vielen Nationen und Kulturen friedlich zusammenleben. Viele Menschen in der Bundesstadt zeichnen sich durch Respekt vor der Religionsfreiheit aus." Die Stadt mache gemeinsam mit vielen wichtigen Institutionen große Anstrengungen, Integration zu erleichtern. Dazu gehöre aber auch, integrationsfeindliche Aktionen nicht zu dulden und sie zu unterbinden.

Gegen das Tragen der Burkas hat es nach Angaben einer Schülerin sogar eine Unterschriftenaktion gegeben. Initiiert worden sei sie von muslimischen Schülerinnen. Die Stadt sieht weiterhin Anzeichen, dass die Schülerinnen in einer "gelenkten und geplanten Aktion instrumentalisiert" würden.

Die Polizei ist bisher in den Fall nicht eingeschaltet. Sprecher Markus Tölle sagte: "Das Burka-Tragen ist nicht strafbar, und deshalb gibt es für die Polizei auch nichts zu ermitteln." Stahnke hofft, dass die beiden Schülerinnen bald wieder zum Unterricht kommen. Die Schule bemühe sich sehr um Gespräche mit ihnen und den Angehörigen.

Burka:

Laut Internet-Enzyklopädie Wikipedia ist die Burka ein Kleidungsstück, das Kopf und Körper verhüllt. Damit die Trägerin etwas sehen kann, obwohl ihr Gesicht verhüllt wird, ist im Bereich der Augen ein Schleier aus Rosshaar oder eine Art Gitter aus Stoff eingesetzt.

Die ursprünglich teurere blaue Burka entwickelte sich für Afghaninnen unter den Taliban zu einer der wenigen Möglichkeiten, sozialen Status durch Kleider auszudrücken. Nach dem Ende der Taliban-Regierung wurde die Burka-Pflicht aufgehoben.

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