Zur Frömmigkeit gesellt sich der Humor

18. Krippenausstellung in Neunkirchen widmet sich polnischer Volkskunst - Farbenfrohe Figuren voll kindlicher Naivität sind Erkennungszeichen

Zur Frömmigkeit gesellt sich der Humor
Foto: Vogel

Rhein-Sieg-Kreis. Die Marienkirche in Krakau ist eine prächtige römisch-katholische Basilika aus dem 13. Jahrhundert und Wahrzeichen der polnischen Stadt. Berühmt ist nicht nur der Hochaltar von Veit Stoß, sondern auch der Bläser im Nordturm: Seit dem 14. Jahrhundert läutet ein Feuerwehrmann zu jeder vollen Stunde die Glocke und lässt das Trompetensignal "Hejnal" in alle vier Himmelsrichtungen erklingen. Er bricht mitten im Spiel ab und soll so an den Tartarensturm erinnern, während dem der damalige Trompeter beim Spiel des Alarmsignals von einem Pfeil getötet wurde.

Die Marienkirche wie eben jenes Schauspiel ist in einer 1,80 Meter hohen krakauischen Krippe, auch Szopka genannt, eingefangen. Sie ist ein Blickfang der Krippenausstellung in Neunkirchen: Die zeigt seit Dienstag Krippen aus polnischer Volkskunst in der Aula des Antoniuskollegs. Den Aufwand, den Künstler 1988 beim Bau der Szopka betrieben haben, kann der Betrachter nur erahnen. Überzogen mit unzähligen kleinen, bunten Plättchen aus Stanniol und Blech wurde ein großes Holzgestell zum farbenfrohen Abbild der mittelalterlichen Marienkirche, das mit Besonderheiten aufwarten kann.

Mit seinen einzigartigen Sammlerstücken hat ein Ehepaar, das nicht genannt werden will, nun schon die 18. Krippenausstellung ermöglicht. Dieses Mal zeigen sie handgeschnitzte und -gearbeitete Stücke aus polnischer Volkskunst aus dem 20. Jahrhundert. Wegen des undichten Daches im Pfarrheim der Kirchengemeinde Sankt Margareta, musste das Ehepaar mit seiner Ausstellung ins benachbarte Antoniuskolleg umziehen.

Welche überragende Fertigkeiten Bauer und Handwerker besitzen, zeigt sich exemplarisch auch am Innenleben der Szopka: Ein elektrischer Mechanismus sorgt für Beleuchtung und haucht dem Turmbläser Leben ein: In allen vier Himmelsrichtungen lässt er sich mit seiner Trompete blicken.

Noch eindrucksvoller gelungen ist ein paar Etagen tiefer in der nachgebauten Marienkirche ein mechanisches Krippenspiel: Dort tanzt im Wortsinn eine illustre Besucherschar um das Jesuskind, darunter der Teufel und ein Engel sowie Gevatter Tod und der König. Für die Krippenausstellerin ist das eine Besonderheit polnischer Volkskrippen: "Hier ist nicht nur Frömmigkeit im Spiel, sondern auch Humor."

Die wichtige Rolle von Tod und Teufel lässt sich in anderen Exponaten bewundern, etwa bei dem seltenen "Herodesspiel", einer Art Stockpuppenspiel, bei dem eine Puppe dem Tod gewidmet ist, der den Kindermörder Herodes enthauptet. Nicht weit davon findet sich in einem aufwändig gearbeiteten schlesischen Krippenhaus eine Engelsschar, welche die Heilige Familie bewacht - vor den Attacken des Teufels, der es sich ebenfalls in der Krippe gemütlich macht.

Neben Raritäten wie eine Bernsteinkrippe aus dem Raum Danzig oder hinter Glas gemalten Krippen aus der Hohen Tatra fällt eine weitere Stilrichtung auf: Jene farbenfrohen Figurenensembles, die dank ihrer naiv gehaltenen Darstellung geradezu ansteckend fröhlich wirken.

Ein Musterexemplar dieser Gattung: eine Krippe aus der traditionsreichen Schnitzfamilie von Adam und Jadwiga Wydra. Das Ehepaar hat eine facettenreiche Geburtsszene aus einem einzigen Stück Holz gefertigt. Für die Aussteller haben die Figuren ein unverwechselbares Erkennungszeichen: die "riesigen Kinderaugen".

Zu sehen ist die Ausstellung bis 1. Januar täglich zwischen 14 bis 17 Uhr in der Aula des Antoniuskollegs in Neunkirchen. Der Eintritt ist frei, ein Spende für SOS-Kinderdörfer aber erwünscht.

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