Reaktion auf Bundestagswahl Schulz will SPD in Teilen neu aufstellen und Kurs ändern

Berlin · Nach dem Absturz der SPD müht sich Parteichef Schulz um eine Neuaufstellung bei den Sozialdemokraten - mit einem Personalwechsel an der Fraktionsspitze und einer Aufarbeitung der Serie von Niederlagen. Ob das reicht? Und was ist mit seiner Rolle?

 Der unterlegene SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz während einer Pressekonferenz in der Parteizentrale.

Der unterlegene SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz während einer Pressekonferenz in der Parteizentrale.

Foto: Christian Charisius

Nach dem Desaster für die Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl will Parteichef Martin Schulz die SPD zumindest in Teilen neu aufstellen. Schulz schlug die amtierende Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) als künftige Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion vor.

Schulz versprach außerdem, das Wahlfiasko bis zum Parteitag Anfang Dezember in Gremien, Klausursitzungen und acht Regionalkonferenzen aufzuarbeiten und ausführlich über den Kurs der Partei zu beraten. Eine erneute große Koalition schloss der unterlegene Spitzenkandidat auch nach einem Gesprächsangebot der Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel aus.

Die SPD hatte bei der Bundestagswahl am Sonntag ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren. Nach dem vorläufigen Endergebnis erreichte sie nur 20,5 Prozent der Stimmen - ein Rekordtief für die Sozialdemokraten seit 1949. Schulz hatte noch am Sonntagabend angekündigt, dass die SPD nach dem Wahldebakel in die Opposition gehen werde und damit nicht für eine weitere große Koalition zur Verfügung stehe.

Das bekräftigte er am Montag - auch nach Merkels Ankündigung, sie wolle mit FDP und Grünen, aber auch mit der SPD über eine Regierungsbildung reden. "Die SPD wird in keine große Koalition eintreten", entgegnete Schulz. Auf die Frage, ob die SPD doch noch mit der Union reden würde, wenn Koalitionsverhandlungen zwischen Union, FDP und Grünen scheiterten, erklärte er: "Jamaika wird nicht scheitern." Deshalb stelle sich die Frage nicht.

Trotz der Wahlpleite will Schulz die Partei weiter führen und beim Parteitag im Dezember in jedem Fall als Vorsitzender kandidieren. An die Spitze der Bundestagsfraktion will er aber nicht aufrücken, sondern dort Nahles einsetzen - als Nachfolgerin von Thomas Oppermann. Er sei dankbar, dass SPD-Präsidium und Parteivorstand seinem Vorschlag gefolgt seien, sagte Schulz. Deshalb werde er der Fraktion Nahles als neue Vorsitzende vorschlagen. Nahles sei eine erfahrene Politikerin mit einer hohen Reputation. Außerdem stehe sie als junge Frau für eine Generationsentwicklung in der SPD.

Die 47-Jährige hatte in der zurückliegenden Wahlperiode wichtige Arbeitsmarkt- und Sozialreformen umgesetzt. Die Parteilinke soll als Oppositionsführerin die SPD gegen die Regierung in Stellung bringen - und der rechtspopulistischen AfD im Parlament die Stirn bieten. Die neue, geschrumpfte Fraktion wird voraussichtlich an diesem Mittwoch über die Neubesetzung abstimmen.

Unter den Abgeordneten stößt das nicht überall auf Begeisterung. Der Vorsitzende des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, wandte sich gegen vorschnelle Entscheidungen - und damit indirekt auch gegen die Festlegung auf Nahles. Die neue SPD-Fraktion brauche Zeit, die Personalfragen in Ruhe zu bereden, mahnte er.

Schulz wies Spekulationen zurück, er habe selbst darüber nachgedacht, den Fraktionsvorsitz zu übernehmen. Das treffe nicht zu. Er setze vielmehr auf eine gute Arbeitsteilung mit Nahles.

Aus den Reihen der SPD kamen Rufe nach einer Verjüngung, Kursänderung und Neuaufstellung der Partei - und nach einer größeren Abgrenzung von der Union. Schulz versprach eine ausführliche Aufarbeitung der jüngsten Wahlschlappen und intensive Debatten über den Kurs der Partei. Die Niederlagen von 2009 und 2013 seien nicht ausreichend aufgearbeitet worden, beklagte er. "Wir dürfen die Fehler, die gemacht worden sind, nicht wiederholen."

Schulz schwor die SPD auf die neue Rolle ein. Der Anspruch der Partei sei, eine starke Opposition zu sein, die die Zukunft des Landes aus dieser Rolle heraus gestalte. "In der Demokratie ist vielleicht sogar die Opposition die entscheidendere Kraft als die Regierung. Weil es ist die Opposition, die der Regierung zeigt, was sie falsch macht."

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