Einwohnerversammlung in Sinzig Sinzig soll barrierefrei werden

SINZIG · "Barrierefreiheit ist ein langwieriger Prozess." Das war am Dienstagabend die Kernaussage des Experten Peter Neumann bei der Einwohnerversammlung im Sitzungssaal des Sinziger Rathauses.

 Beispiele bereits verwirklichter Barrierefreiheit in Sinzig.

Beispiele bereits verwirklichter Barrierefreiheit in Sinzig.

Foto: Martin Gausmann

Und die Stadt Sinzig will sich auf diesen langen Weg der Barrierefreiheit aufmachen. Die ersten Schritte wurden bereits getan, und dazu zählte auch die Einwohnerversammlung im Rathaus, die unter dem Motto "Sinzig für alle - Konzepte für ein barrierefreies Sinzig stand".

"Lassen Sie uns gemeinsam an einer vorausschauenden und nachhaltigen Gestaltung und Ausstattung unserer Angebote arbeiten, lassen Sie uns barrierefrei denken", sagte Bürgermeister Wolfgang Kroeger. Fachliche Hilfe hat man sich dafür bei Peter Neumann vom Planungsbüro Neumannconsult geholt. Das Büro aus Münster hat sich auf das Thema Barrierefreiheit spezialisiert. Und es ist in Sinzig mit einer cleveren Maßnahme gestartet. Denn es gab bereits Stadtrundgänge, an denen Menschen mit verschiedenen Behinderungen, mit Rollatoren, Rollstühlen und Kinderwagen teilnahmen (der GA berichtete). "Diese Menschen kennen die Problemzonen am besten", so Neumann zu der Begehung ohne Vertreter von Verwaltung und Politik.

Die ersten Auswertungen dieser Rundgänge und seine ersten Ergebnisse präsentierte Neumann bei der Versammlung. Dabei handelte sich um einen Zwischenbericht. In den endgültigen Bericht werden auch die Ergebnisse der Einwohnerversammlung einfließen; die städtischen Gremien werden sich bis zum Ende des Jahres damit beschäftigen.

Warum der Barrierefreiheit eine wichtige Bedeutung zukommt, zeigt die demografische Entwicklung: Im Jahr 2030 werden mehr als ein Drittel der Sinziger über 65 Jahre alt sein. Und Neumann lieferte noch einen weiteren Ansatz: "Für zehn Prozent der Bevölkerung sind Maßnahmen zur Barrierefreiheit unentbehrlich, für fast 40 Prozent notwendig, und für alle sind sie überaus komfortabel."

An ganz konkreten Beispielen, wie etwa fehlenden Handläufen oder schlechter farblicher Kennzeichnung von Treppenstufen rund um Kirche und Rathaus machte Neumann klar, dass Maßnahmen zur Barrierefreiheit nicht unbedingt sehr teuer sein müssen. Sie können es aber schnell werden, wie an zwei weiteren Beispielen gezeigt wurde. Eine barrierefreie öffentliche Toilette in der Kernstadt, die bei den Rundgängen mehrfach angemahnt wurde, sei teuer. Neumann: "Und es gibt keine wirklich barrierefreie Verbindung vom Bahnhof zum Rathaus und zu Sinzigs Wahrzeichen Sankt Peter. Lösung des Problems: ein Aufzug parallel zur Treppenanlage im Schießberg. Erste Finanzierungen sind aber bereits sichergestellt. Im Haushalt stehen in diesem Jahr 20 000 Euro dafür zur Verfügung, 2015 sollen noch einmal 30 000 Euro hinzukommen.

Weiter lobte Neumann die große Anzahl von Behindertenparkplätzen im direkten Stadtgebiet, er sah aber auch Schwachstellen. So etwa die schwere Begehbarkeit des Pflasters auf dem Kirchplatz und dem Marktplatz sowie die Tatsache, dass die Touristeninfo und die Senioreninfo in der Bachovenstraße nur über Treppenstufen zu erreichen sind. "Barrierefreiheit muss zum Stadtgespräch werden und mit einem 'Kümmerer' auch fest in der Verwaltung und den Köpfen der Menschen etabliert werden", waren sich Neumann und Kroeger einig. Wohl wissend, dass es ein ganz langer Weg mit vielen Hürden werden wird.

Barrierefreiheit

Barrierefreiheit bezeichnet eine Gestaltung der baulichen Umwelt sowie von Information und Kommunikation in der Weise, dass sie von Menschen mit Behinderung in derselben Weise genutzt werden kann wie von Menschen ohne Behinderung. Barrierefreiheit zielt aber auch darauf ab, dass auch ältere Menschen und Personen mit Kleinkindern in die frei zugängliche Nutzung der baulich gestalteten Umwelt einbezogen werden.

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