Auch Frauen an der Produktionsstraße So arbeiten Frauen bei Coca-Cola in Bad Neuenahr

BAD NEUENAHR · Ein Besuch bei Coca-Cola in Bad Neuenahr zum Internationalen Frauentag zeigt, wie Frauen ihre Chancen auch in einstigen Männerberufen ergreifen. Im Gespräch mit dem General-Anzeiger kommt natürlich auch eine Frau zu Wort: die 26-jährige Juniorprojektleiterin Helen Hagspiel aus Bonn.

Prädikat „besonders wertvoll“. Damit zollt der Leiter „Abfüllung“ im Bad Neuenahrer Coca-Cola-Werk, Tomas Fonseca (53), seinen acht Kolleginnen in der Produktion höchste Anerkennung. Und das nicht nur am Weltfrauentag, sondern an allen 364 anderen Tagen des Jahres. Was den Mann mit 30-jähriger Berufserfahrung jeden Tag aufs Neue überzeugt: „Ihre Gewissenhaftigkeit. Die Frauen sind sorgfältiger und sie hinterfragen mehr. Früher war in der Männerwelt der Getränke-Industrie, wo oft reine Muskelkraft gefragt war, der Ton herzlich, aber rau. Durch die Kolleginnen kam auch eine neue Leichtigkeit und ein noch stärkerer Teamgeist ins Unternehmen.“

Von den 350 Mitarbeitern in Bad Neuenahr stehen 26 Frauen bei Coca-Cola in Lohn und Brot, verteilt auf Produktion, die Qualitätssicherung im Labor, das Lager, die Büros, aber auch auf die Schlosserei. „Bis vor vier Jahren hat es, der Branche geschuldet, in der Produktion keine Frauen gegeben. Doch sie stehen den Kollegen in nichts nach. Ganz im Gegenteil. Selbst in der Werkstatt sind die Männer motivierter und unterstützen die Schlosserin tatkräftig“, so Fonseca. Zwei Frauen werden jetzt zu Linienführerinnen – Linien sind die Produktionsstraßen – befördert. Sie führen dann ein knappes Dutzend Männer und tragen ihren Teil der Verantwortung, dass die jährlich 390 Millionen Flaschen abgefüllt werden.

Macht der Anteil an Frauen im Bad Neuenahrer Werk derzeit nur gut sieben Prozent aus, so sind es umgerechnet auf die bundesweit 8000 Mitarbeiter 28 Prozent. Darunter gibt es beispielsweise neben Produktions- und Betriebsleiterinnen auch Gabelstaplerfahrerinnen oder, wie in Hildesheim, einem der 16 Coca-Cola-Standorte, eine Lkw-Fahrerin. „Wir wollen als Unternehmen die Zahl der weiblichen Führungskräfte bis 2025 auf 40 Prozent erhöhen“, so Pressesprecher Julian Stürcken, „denn so werden wir als Unternehmen erfolgreicher.“

Im GA-Gespräch kommt dann natürlich auch eine Frau zu Wort: die 26-jährige Juniorprojektleiterin Helen Hagspiel aus Bonn. Ihr Steckenpferd: Innovationsprojekte, sprich sie kümmert sich um neue Maschinen, bessere Verpackungen und Optimierungsprozesse. „Ich fand schon immer Produkte, die in dieser Menge hergestellt werden, interessant“, so Hagspiel.

Sie begann bei Coca-Cola als Praktikantin, studierte Lebensmitteltechnologie, schrieb ihre Masterarbeit über den „Mehrwegprozess mit Schwerpunkt Flaschenqualität“ und steht nun zuversichtlich am Anfang ihrer Karriere. Bringt sich Coca-Cola zur Nachwuchs-Akquise bewusst bei Berufsinfomärkten oder beim Girls Day ein, sieht Fonseca das Werk des Weltkonzerns in der Kreisstadt auf einem guten Weg: „Bei den Vorstellungsgesprächen zum Anlagenmaschinenbediener war die Hälfte junge Frauen.“ Derzeit gibt es zehn Azubis im traditionsreichen Apollinaris-Unternehmen, das seit 2006 zu Coca-Cola gehört. Ausgebildet wird in den Berufen Lebensmitteltechniker, Anlagenelektroniker, Mechatroniker und Fachlagerist.

Beim Dauerbrenner „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ versucht Coca-Cola, insbesondere den Frauen Hilfestellungen zu bieten: ob mit einer Ausbildung in Teilzeit, dem Modell „Job-Sharing“ oder Home-Office. „2017 haben wir ein firmeneigenes Frauennetzwerk gegründet, in dem sich Frauen austauschen können. Über die 'Female Future Force Academy' laufen 20 Online-Schulungs-Plätze zur Weiterbildung von Mitarbeiterinnen“, so Stürcken.

„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist eine Selbstverständlichkeit, nicht nur weil wir tarifgebunden durch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) sind, sondern weil wir es für richtig halten“, erklärt der Pressesprecher. Dass gemischte Teams aus Frauen und Männern in der Arbeitswelt erfolgreicher sind, ist durch Studien belegt. So kann Helen Hagspiel jungen Frauen nur ans Herz legen, mit Mut und Selbstbewusstsein beispielsweise auch einen technischen Beruf anzustreben. „Wichtig ist der Teamgeist, der Mensch, der im Fokus steht.“

Ihr Tipp: Sie sollen die in einer Stellenausschreibung oft benutzte und eine Männerdomäne assoziierende Fähigkeit „Durchsetzungskraft“ durch die weibliche Kompetenz „Selbstbewusstsein“ ersetzen. „Und schon trauen sich die Frauen, eine Bewerbung abzugeben.“

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