Der Wahnsinn geht weiter Telekom Baskets schocken den FC Bayern und gleichen die Halbfinalserie nach 0:2-Rückstand aus
München · Nach einem Sieg im vierten Spiel der Playoff-Serie gegen den FC Bayern München dürfen die Telekom Baskets Bonn weiter von dem Einzug ins Finale träumen. Das Team um Trainer Toumas IIsalo gewann auch das zweite Auswärtsspiel mit 83:80.
Parker Jackson-Cartwright hüpfte wie ein Flummi Richtung Bonner Auswechselbank und wurde gefeiert. Der beste Spieler der Liga war endlich komplett in der Serie gegen den FC Bayern angekommen und hatte den Favoriten mit überragender Verteidigung in der Schlussphase geschockt. Es war die Krönung einer Partie, die die Baskets mit Teamplay, Leidenschaft und Kampfgeist verdient mit 83:80 (24:26, 24:21, 18:17, 17:16) für sich entschieden. Und es war ein Spiel für Freunde offensiven Basketballs. Der neutrale Zuschauer konnte sich nur ein fünftes Spiel dieser Serie wünschen. Er bekommt es. Am Mittwoch. 20.30 in Bonn. Die Homepage der Baskets brach unter dem Ansturm der Ticketwünsche unmittelbar nach Spielende zusammen.
Die in diesen Playoffs ganz besondere Interaktion zwischen Bonner Team und Fans begann schon, als der schwarze Mannschaftsbus am Audi Dome vorfuhr. Durch ein Spalier in den Bonner Farben Magenta, schwarz und weiß verließen die Baskets die Karosse. Karsten Tadda entdeckte Söhnchen Luis und holte sich noch schnell einen Glücksbringer-Kuss ab. Dann ging es in die Arena.
Iisalo setzte vor nicht annähernd ausverkauften Rängen auf die gleiche Formation wie im gewonnenen Spiel 3, Trinchieri nicht. Während der Finne wieder Justin Gorham und Tyson Ward aus dem Kader ließ, tauschte der Italiener wieder zurück: der lange Augustine Rubit für den zuletzt unglücklichen Spielmacher San Marc Sisco. Parker Jackson-Cartwright, Tadda, Jeremy Morgan, Saulius Kulvietis und Mike Kessens begannen. Dieses Mal in Schwarz.
Und es hätte kaum besser anfangen können, zwei erfolgreiche Dreier von Morgan, zwei gute Defensivsequenzen: Ein 6:0-Start. Doch immer wieder über Rubit glichen die Hausherren zum 11:11 aus (5.). Rubit punktete. Und er hängte den Baskets ein ums andere Foul an. Die Baskets erarbeiteten sich selbst die Politur für ihr Selbstbewusstsein. Vieles funktionierte und erinnerte an Iisalos Ansalyse: „Wir lernen mit jedem Spiel dazu und nähern uns den Bayern an.“ Zudem hatte er gemutmaßt, dass der Druck bei den Bayern liege, weil diese keinesfalls noch einmal zurück nach Bonn wollten.
Da war es ein gutes Mittel, die Partie möglichst lange knapp zu halten. Zwei Punkte Rückstand waren es zu Beginn des zweiten Viertels, das mit einer guten Defensivsequenz gegen Rubit begann. Als Skyler Bowlin Bonn per Dreier in Führung brachte, nahm Trinchieri seine erste Auszeit, auf den Rängen gaben die Baskets-Fans Vollgas. Keine Sekunde ließen sie ihr Team allein.
Zur Pause führten die Baskets dann mit 48:47, sie machten vieles richtig und hielten die Fehlerquote winzig. Baskets-Sportmanager Andreas Boettcher fasste sich mit dem Rezept für die zweite Halbzeit vor der Fernsehkamera kurz: „So weiterspielen.“ Außer der Foulbelastung gab es am Bonner Spiel vor der Pause nicht viel zu kritisieren. Doch die war schon nicht unerheblich: Kessens, Lypovyy und Kulvietis waren bereits mit je drei Fouls belastet. Gefühlt allesamt an Rubit abgearbeitet, der die Bayern mit seinem Spiel am Korb vor Probleme stellte. Immer wieder schob sich der bullige Bayer gegen die Baskets zum Ziel. Oft mit Foul.
Doch so gut die Baskets in die erste Hälfte gestartet waren, so gut begannen die Bayern in der zweiten. Die Führung wechselte wieder die Seiten (56:53, 23.) und zudem knickte Lypowyy um und konnte nicht mehr weiterspielen. Doch wie immer in dieser Saison, wenn etwas gegen die Baskets läuft, zogen sie Energie daraus, jetzt auch für den Ukrainer mitzuspielen, der am Spielfeldrand von Teamphysio Bogdan Suciu behandelt wurde. Die beiden wollten nichts verpassen und sahen einen 10:0-Lauf der Baskets, an dessen Ende Kessens ein Anspiel von Bowlin in den Korb stopfte (28.)
Iisalo wechselte jetzt viel, er wusste, dass es in den letzten Sekunden wieder auf die Konzentration und damit den Rest an Energie ankommen würde. Mit zwei Punkten Führung ging es ins Schlussviertel (64:66). Der Hallensprecher versuchte mitzuhelfen und animierte die Fans, doch die Baskets waren derart selbstbewusst unterwegs, dass dieser Versuch eher wirkte wie die Bestätigung, dass Bonn hier drauf und dran war tatsächlich Spiel 5 zu erkämpfen.
Kurz darauf nahm Trinchieri eine Auszeit. Er wusste, wo das Problem seiner Mannschaft mit lag: „Bleibt ruhig!“, forderte er in der 35. Minute, denn seinem Team wurde bei entrinnender Zeit immer nervöser, was die Baskets mit Ball-Diebstahl sowohl nutzten als auch forcierten.
Ein umstrittener Pfiff gegen PJC, das dazu noch zu einem Unsportlichen hochgestuft wurde, war dann der letzte Stachel, der die Baskets zum Jetzt erst recht trieb. Als Nick Weiler-Babb zur Freiwurflinie trat, forderten die Spieler auf der Bonner Bank ihre Fans auf, den Lautstärkepegel noch einmal anzuheben.
Jackson-Cartwright erholte sich von dem umstrittenen „U“, wie es nur ein MVP macht: Er tanzte Rubit aus und traf aus der Distanz zum 83:77 (39.). Die Bayern erholten sich nicht mehr und müssen doch noch einmal ein den Hexenkessel Telekom Dome. Spiel 5 findet am Mittwoch um 20.30 Uhr in Bonn statt.