Blatter weiter Regent des Weltfußballs

Zürich · Joseph Blatter bleibt der Herrscher der Fußball-Welt. Doch sein Thron hat kräftig gewackelt. Mit seinem untrüglichen Machtinstinkt hat der heftig kritisierte FIFA-Präsident nach dem jüngsten Skandal alle Angriffe abgewehrt.

 Joseph Blatter konnte sich zum fünften Mal in der Präsidentenwahl durchsetzen. Foto: Patrick Seeger

Joseph Blatter konnte sich zum fünften Mal in der Präsidentenwahl durchsetzen. Foto: Patrick Seeger

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Nach einem denkwürdigen Kongress inklusive Bombendrohung geht er in seine fünfte und nach eigener Aussage letzte Amtszeit beim schlingernden Weltverband.

"Ich werde die FIFA zurückbringen, gemeinsam schaffen wir das", rief Blatter den Delegierten aus den 209 Mitgliedsländern zu, die er nun für vier weitere Jahre anführen kann. Seine Wahl wurde von vielen Delegierten mit Jubel quittiert. Blatter wusste genau, wo Freunde und Feinde sind. Schon seine Dankesrede nutzte er für erste Breitseiten für die Opposition aus Europa, deren Einfluss im FIFA-Exekutivkomitee beschnitten werden soll.

Der 79 Jahre alte Schweizer wurde am Freitag beim FIFA-Kongress im Hallenstadion von Zürich trotz des massiven Korruptionsskandals um führende Mitglieder seiner Fußball-Regierung mit 133:73 Stimmen gegen seinen einzigen Herausforderer Prinz Ali bin al-Hussein gewählt. Ein eigentlich nötiger zweiter Wahlgang wurde gestrichen, da der Jordanier auf diesen verzichtete. Für Blatter gab es in der geheimen Abstimmung die zweitmeisten Gegenstimmen seiner jetzt schon 17 Jahre währenden Regentschaft - die ihm selbst "ganz kurz vorkommt".

Für seine Gegner aus Europa und Deutschland erscheint diese Zeit hingegen ewig. "Wie der Kongress gezeigt hat, war der Gegenwind nicht stark genug, um den Wechsel herbeizuführen", sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Einen deutschen WM-Boykott als Reaktion schloss er aber aus.

Doch die sofortige Ankündigung Blatters in seiner Dankesrede dürfte das Verhältnis zur UEFA-Opposition nicht verbessern. Der Schweizer will nach seiner Wiederwahl das FIFA-Exekutivkomitee umbauen. "Wir brauchen eine bessere Vertretung der Konföderationen. Die Anzahl der Nationen in den Konföderationen soll sich auswirken auf die Zusammensetzung des Exekutivkomitees." Ein klarer Angriff auf Europa - und ein Geschenk an beispielsweise Ozeanien für die Unterstützung. "Heute ist ein weiterer schwarzer Tag in Zürich", zürnte Portugals Ex-Star Luis Figo, der seine Kandidatur vor gut einer Woche zugunsten al-Husseins aufgegeben hatte.

Nach dem Verzicht des Jordaniers auf eine Wahlverlängerung atmete Blatter erst einmal tief durch. "Ich war etwas nervös heute, das gebe ich zu", gestand er und wurde euphorisch: "Ich mag euch, ihr habt mich zurück in die FIFA gebracht. Ich bin nicht perfekt." Zudem kündigte er einen Rückzug für 2019 an, am Ende seiner Amtszeit werde er eine robuste FIFA an seinen Nachfolger übergeben.

Schon mit seiner Kandidatenansprache hatte der FIFA-König den Prinzen ausgestochen. Al-Hussein hatte eine recht fade Rede gehalten und keine Alternative aufzeigen können. "Ich verspreche euch, dass ich mich nicht hinter euch verstecken werden, wenn die Dinge schlecht laufen", sagte Al-Hussein. Blatter bestach mit simplen Versprechungen: "Ich will eine schöne FIFA."

Das knappe Ergebnis ist dennoch Ausdruck einer starken, aus Europa gesteuerten Opposition um UEFA-Boss Michel Platini und Niersbach. Der DFB-Präsident tendiert im Gegensatz zum Engländer David Gill dazu, sein neues Amt im FIFA-Exekutivkomitee wahrzunehmen.

Schon am Samstag könnte es zu einem Kräftemessen zwischen Blatter und Fußball-Europa kommen, wenn in Zürich das Exko über die WM-Startplätze 2018 und 2022 entscheidet. Zwischen Kongress und Samstagsmeeting wollte Niersbach eigentlich im Privatjet zum Pokal-Dinner des DFB nach Berlin düsen, der Plan wurde aufgrund der Länge der Abstimmung allerdings wieder verworfen. Führende deutsche Fußball-Funktionäre von Karl-Heinz Rummenigge bis Reinhard Rauball forderten ihn auf, trotz der moralisch schwierigen Lage der FIFA, den Posten einzunehmen, um einen Wandel von innen zu gestalten.

Nach einer zehnstündigen Marathonsitzung mit einer Bombendrohung zur Mittagszeit und einer politisch hochbrisanten Palästina-Israel-Debatte konnte sich Blatter von seinen Unterstützern wieder feiern lassen. Doch bis dahin war es spannend im Hallenstadion. Hinter den Kulissen wurde spekuliert, ob der Vorsprung sogar entscheidend schmelzen könnte.

Platini war in der Nacht vor der Abstimmung mit dem neuen FIFA-Exekutivmitglied Ahmad al Fahad al Sabah gesehen worden. Der Kuwaiti hatte seinen Ruf als einflussreicher Beschaffer von Mehrheiten schon bei der Wahl von Thomas Bach zum IOC-Präsidenten unter Beweis gestellt. Doch Blatter behielt die Mehrheit und versuchte Tatkraft zu transportieren, die auch Bundeskanzlerin Angela Merkel von ihm einfordert. "Es kann nur einen Weg geben, und dieser Weg heißt Aufklärung", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Blatter will diese Rolle annehmen. "Man macht mich verantwortlich für den Sturm. Ich übernehme sie. Ich möchte emporsteigen. Ich möchte die FIFA neu gestalten, damit ich am Ende meines Mandats eine solide FIFA weitergeben kann, eine FIFA die den Sturm überstanden hat", sagte Blatter. Der Schweizer versprach die Einführung einer FIFA-Abteilung für Profifußball - das war eine Attacke gegen Platini, der mit der Champions League dieses Feld bislang beherrscht.

Vor der Wahl hatte Blatter die Verantwortung für den jüngsten Korruptionsskandal mit Festnahmen von sieben Funktionären in Zürich inklusive seiner Ex-Stellvertreter Jeffrey Webb und Eugenio Figueredo auf Einzelne geschoben. Der Schweizer forderte angesichts des größten Bebens in der FIFA-Geschichte ein aktives Mitarbeiten der Mitglieder.

Die Kooperation aus Europa dürfte sich in Grenzen halten. Platini hatte einen Rückzug der europäischen Mannschaften aus allen FIFA-Wettbewerben nicht ausgeschlossen. Eine weitere Option ist der kollektive Austritt der UEFA-Mitglieder aus dem FIFA-Exekutivkomitee. Diese Themen sollen in der kommenden Woche in Berlin erörtert werden.

Blatter hatte routiniert durch den Kongress geführt. Die diffizile Debatte zwischen den Fußball-Verbänden aus Palästina und Israel endete sogar mit einem symbolischen Handschlag der nationalen Verbandspräsidenten. Die Abstimmung über den Antrag Palästinas für einen Ausschluss Israels blieb Blatter so erspart.

Der palästinensische Verband hatte kurz vor der Abstimmung seinen Antrag auf einen Ausschluss Israels aus dem Weltverband zurückgezogen. Stattdessen soll nun eine Kommission die Bewegungsfreiheit der Spieler in der Region überwachen. Blatter hatte seinen symbolträchtigen "Handshake for Peace".

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