Was macht eigentlich? Brent Goulet: Erst die Bibel, dann den Kicker

BONN · Der ehemalige BSC-Torjäger Brent Goulet fand zum Glauben und leitet heute in Nashville eine Fußballschule. Nach Deutschland kommt er immer wieder.

 Hart am Mann: Brent Goulet (links) in den 90er Jahren bei einem Kopfballduell im Trikot des Bonner SC.

Hart am Mann: Brent Goulet (links) in den 90er Jahren bei einem Kopfballduell im Trikot des Bonner SC.

Foto: BSC

Die Haare sind dünner geworden, aber der Bauch nicht dicker. Vom Hals abwärts sieht Brent Goulet so aus, als müsste er sich nur ein Trikot anziehen – und er könnte dem Bonner SC sofort helfen. Aber natürlich geht das nicht mehr. Goulet ist auch schon 53.

So einen, wie er es einmal war, könnte der Verein im Abstiegskampf der Regionalliga West gut gebrauchen. Einen Stürmer mit Torinstinkt und Eiseskälte vor dem gegnerischen Keeper. 1991/92 schoss der Amerikaner 31 Treffer in 30 Meisterschaftsspielen, 1994 verhalf er dem BSC mit wichtigen Toren in die damals noch drittklassige Regionalliga. Trotz „Ela“ Hoffmann, Rainer Thomas, Mario Krohm oder Lucas Musculus – vielleicht war der Mann aus Cavalier/ North Dakota der beste Stürmer, den der BSC je hatte.

Goulet ist auf Heimatbesuch. In Bonn. „Ich bin ja ein halber Deutscher“, sagt er. „Ungefähr die Hälfte meines Erwachsenenlebens habe ich hier verbracht.“ Sein Vokabular ist größer als das mancher Deutscher, wahrscheinlich spricht er sogar besser als vor 20 Jahren. Die Übung macht's. Von Amerika kommt er regelmäßig in die alte Heimat, um seinen Geschäften nachzugehen und um seinen deutschen Trainerschein aufzufrischen. Den Kicker liest er online. Einzig der breite amerikanische Slang macht es hin und wieder schwer, ihn zu verstehen.

Michael Klöckner hat sich längst daran gewöhnt. Er kennt Goulet aus alten BSC-Tagen und hat ihn jetzt für zwei Wochen in seinem Gästezimmer einquartiert. Sein amerikanischer Freund ist viel unterwegs, weil er junge US-Spieler in Europa unterbringen will. Aber wenn Zeit bleibt, klappern die beiden ehemalige Mannschaftskameraden von Goulet ab. „Die freuen sich echt. Manchmal hat es zwei Stunden gedauert, bis wir wieder weggefahren sind“, erzählt Klöckner, der nach einer langen Pause wieder im Aufsichtsrat des BSC sitzt.

Viele in Bonn können sich noch gut an Brent Goulet erinnern. Tormaschine, Sunnyboy, typisch Ami. Das Internet ist da vergesslicher. Wer den Namen heute googelt, stößt schnell an seine Grenzen. Das ist ungewöhnlich bei einem Fußballer, der Nationalspieler war, 1988 an den Olympischen Spielen in Seoul teilnahm und als einer der ganz wenigen Amerikaner in Deutschland die Ausbildung zum Fußballlehrer absolvierte. Aber spätestens, als er 2011 in die USA zurückkehrte, verschwand Goulet vom Radar.

Dabei war es eigentlich gut gelaufen, nachdem er seine Karriere als Aktiver beim SV Elversberg beendet hatte. 2004 übernahm er den damaligen Drittligisten als Trainer und hatte gleich einen super Start. Im ersten Spiel beim FC Augsburg lag Elversberg zur Pause mit 0:2 zurück, schaffte aber noch ein 2:2 gegen die Mannschaft von Armin Veh. „Ich habe in der Halbzeit einige Umstellungen vorgenommen“, erinnert er sich, „und die haben gewirkt. Nachher kam Veh auf mich zu und sagte: Junge, du hast heute alles richtig gemacht. Whow, der war drei Jahre später mit Stuttgart deutscher Meiser.“

Fast vier Jahre machte Goulet in Elversberg einen guten Job. Dann wurde er entlassen, und es tat sich einfach keine Tür mehr auf in Deutschland. Obwohl er anschließend Fußballlehrer wurde, obwohl er als Spieler bei Tennis Borussia Berlin, Rot-Weiß Oberhausen und beim Wuppertaler SV Kontakte geknüpft hatte. Er musste erkennen: „Wenn du da unten im Saarland bist, stehst du einfach nicht so im Fokus.“ Aber schlussendlich war es auch sein Glück, dass er in der Wahlheimat nicht mehr gefragt war. Goulet ließ sich in Nashville/Tennessee nieder, heiratete spät, gründete mit seinem ehemaligen Nationalmannschaftskollegen Desmond Armstrong eine Fußballschule und spekuliert heute ein wenig darauf, Trainer eines Profiteams zu werden, das bald nach Nashville kommen soll.

Für jemanden, der mal die Fußballwelt erobern wollte, der bei Celtic Glasgow und Eintracht Frankfurt im Gespräch war, als er 1987 nach Europa kam, war das nicht unbedingt die ganz große Karriere. Aber er sieht das gelassen: „Da war mehr möglich. Doch es ist gut, wie es ist.“ Da spricht der Christ aus ihm, der glaubt, dass Gott es nicht anders wollte und „dass Gott letztlich auch über Sieg und Niederlage entscheidet“.

Dass Goulet zur Religion fand, passierte, als er Anfang 30 war. Da war kein Urknall, es geschah nach und nach. „Nach der Trennung von meiner Freundin Michelle habe ich eine Leere empfunden“, erzählt er. „Da war nichts Erfüllendes mehr. Selbst der Fußball nicht.“ Goulet studierte die Bibel und lebt seither danach. Ob er jemals überlegt habe, ein Prediger zu werden? „Jeder Christ ist ein Prediger“, sagt er. „Wenn er gefragt wird, antwortet er.“

Hin und wieder antwortet der Christ jedoch auch, ohne gefragt worden zu sein. „Vor zwei Tagen wollte Brent im Taxi den Fahrer missionieren“, erzählt Klöckner mit einem Grinsen. „Aber da bin ich eingeschritten. Vielleicht war das aber dem Ouzo geschuldet.“ Goulet ist nach wie vor ein lebenslustiger Mensch. Gott wird ein Auge zugedrückt haben.

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