Ein entscheidender Faktor: Kris Fillinger Wie der Bonner SC Uerdingen den Schneid abgekauft hat

Bonn · Beim 1:0-Erfolg des Bonner SC gegen ambitionierte Uerdinger legt Kris Fillinger den Ex-Bonner und hochbegabten Techniker Connor Krempicki an die Kette.

Wadenbeißer und Terrier – bis in die späten 1990er Jahre unter Fußballprofis und ambitionierten Amateuren eine weit verbreitete Spezies. Deren Maxime: dem Gegner auf den Füßen stehen und möglichst keinen Millimeter Raum lassen. Filigrane Technik gehörte nicht unbedingt zu deren Rüstzeug.

Als das gepflegte Kurzpassspiel die rustikale Gangart mehr und mehr ins Abseits stellte, wanderten die eher destruktiv angehauchten Zerstörer auf die Liste der bedrohten Arten. Dabei hat diese Spielweise nichts von ihrer Wirksamkeit verloren, wie der 1:0 (1:0)-Erfolg des Fußball-Regionalligisten Bonner SC gegen den vor der Saison hochgehandelten Aufstiegsfavoriten KFC Uerdingen unter Beweis stellte.

Der Archetyp des Wadenbeißers hieß am Freitagabend Kris Fillinger. Sein Gegenspieler: der hochbegabte Techniker Connor Krempicki, in der abgelaufenen Saison für den BSC einer der Garanten für Tabellenplatz neun und den Einzug in die erste Runde des DFB-Pokals mit dem Spiel am kommenden Sonntag (15.30 Uhr, Sportpark Nord) gegen den Bundesligisten Hannover 96. In der 78. Minute hatte Krempicki genug und wurde ausgewechselt.

Bis dahin war dem Ex-Bonner so gut wie nichts gelungen. Einen völlig verunglückten Weitschuss begleiteten die Bonner Fans unter den 1755 Zuschauern im Sportpark Nord mit höhnischem Beifall. „Ich denke, ich habe ihn zermürbt“, meinte Fillinger, der übrigens weit mehr als ein Zerstörer ist. „Natürlich hilft es, wenn man den Spieler gut kennt. Er schirmt den Ball immens gut ab und dreht sich blitzschnell. Wenn das passiert, siehst du nur seine Hacken“, erzählte der Bonner Sechser. An diesem Abend aber zog Krempicki in so gut wie jedem Zweikampf den Kürzeren. Egal wo sich der 22-Jährige auch hinbewegte, Fillinger war schon da.

KFC-Trainer Wiesinger lobt die Intensität des BSC-Spiels

Doch nicht nur der Ex-Hennefer brillierte mit bedingungslosem Einsatz. „Der BSC war fast immer einen Schritt schneller, gieriger und hat den Sieg deshalb verdient“, meinte der Bundesliga-erfahrene KFC-Trainer Michael Wiesinger, dem hinsichtlich der bevorstehenden Aufgaben auf fremden Plätzen nichts Gutes schwant. „Das war heute ein Paradebeispiel dafür, was uns künftig auswärts erwartet. Wenn wir bestehen wollen, müssen wir die Intensität ins Spiel bekommen, die der BSC gegen uns gezeigt hat. Die Liga ist brutal, und wir werden daraus lernen“, sagte Wiesinger, der erst nach einer längeren Ansprache an seine Spieler zur Pressekonferenz erschienen war.

In dieser Zeit nahm Daniel Zillken gut gelaunt die Glückwünsche für den Sieg und seinen 50. Geburtstag entgegen, den der BSC-Coach am Donnerstag gefeiert hatte. „Das war ein typisches Flutlichtspiel“, meinte Zillken. „Wir waren motiviert bis in die Haarspitzen und haben verdient drei wichtige Punkte gegen den Abstieg eingefahren“, sagte er. „Wir werden den Sieg jetzt sacken lassen, uns regenerieren und uns dann akribisch auf das Pokalspiel gegen Hannover 96 vorbereiten.“

Darauf freut sich auch der Torschütze des Abends, Lars Lokotsch, der in der 37. Minute, nachdem KFC-Schlussmann René Vollath von einem eigenen Mann behindert worden war, den Ball über die Linie zum entscheidenden 1:0 gespitzelt hatte. Wie seine Kollegen war der 21-Jährige Stürmer weitestgehend mit Abwehraufgaben betraut. Immer wieder liefen Lokotsch und dessen Mittelfeldkollege Vojno Jesic das Uerdinger Aufbauspiel an. „Manchmal habe ich mich gefragt, ob ich überhaupt mitspiele“, meinte der Torschütze angesichts nur weniger Ballkontakte. Dafür kostete der Neuzugang den Lohn der Mühe umso mehr aus. „Ich bin zum BSC gewechselt, um zu lernen und vielleicht die eine oder andere Minute zu spielen“, sagte Lokotsch. „Und dann ging Lucas Musculus und ich darf spielen.“

Der 20-fache Torschütze, den die BSC-Fans wie erwartet nach dessen Last-Minute-Wechsel zum KFC Uerdingen mit Pfiffen begrüßt hatten, kam in der 63. Minute für Patrick Ellguth. Aber wie seine hochgehandelten und gut bezahlten Kollegen, blieb der 26-Jährige immer wieder in der gut stehenden und aufopferungsvoll kämpfenden BSC-Hintermannschaft hängen. „Einige haben wohl nicht damit gerechnet, dass der BSC 110 Prozent gibt“, sagte Musculus, dem die Pfiffe nach zweieinhalb BSC-Jahren „richtig weh getan haben“.

Ab heute bereitet sich der BSC auf Hannover vor. „Wenn wir so spielen wie gegen Uerdingen kann uns eine Überraschung gelingen“, sagt Fillinger, Fußballer und Wadenbeißer aus Leidenschaft.

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