Halbfinale als Ziel Deutsche Handball-Asse begeistern bei WM

Berlin · Die deutschen Handballer sehen dem weiteren WM-Verlauf nach dem bestandenen Härtetest gegen Rekord-Champion Frankreich zuversichtlich entgegen. Das Gruppenfinale gegen Serbien soll nur Durchgangsstation auf dem Weg ins Halbfinale sein.

Nach einem kurzen Frühstück mit seinen müden Schützlingen verabschiedete sich Christian Prokop zum Videostudium auf sein Zimmer.

Während der Handball-Bundestrainer am Tag nach dem emotionalen WM-Highlight gegen Titelverteidiger Frankreich schon wieder einen Plan für das Gruppenfinale am Donnerstag (18.00 Uhr/ARD) gegen Serbien in Berlin ausheckte, stand den deutschen Spielern im noblen Teamhotel am Potsdamer Platz der Sinn nach Ruhe und Erholung. "Wir werden viel im Bett liegen", verriet Kreisläufer Patrick Wiencek.

Bis in die frühen Morgenstunden hatten Prokops Spieler den starken Auftritt beim 25:25 gegen den Titelverteidiger aufgearbeitet. "Ich bin erst um vier Uhr eingeschlafen", erzählte Torwart Andreas Wolff. Seinen Teamkollegen erging es kaum anders. Zu euphorisierend sei das Spiel gewesen, so Wolff - auch wenn es am Ende nicht zum ganz großen Coup reichte.

Mit etwas Abstand war der erste Ärger über den in letzter Sekunde verpassten Sieg jedoch verraucht. "Wir haben gezeigt, dass wir mit dem Weltmeister mithalten können. Es war ein großes Spiel. Der Punkt ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können", sagte Co-Trainer Alexander Haase und stellte fest: "Wir gehören wieder zur Weltspitze."

Prokop hatte das unglückliche Remis schon unmittelbar nach dem Abpfiff als Erfolg gewertet: "Das ist eine große Leistung gewesen, die einen schon stolz macht. Irgendwann werden wir uns belohnen dafür, das ist glasklar."

Die großartige Vorstellung weckte Erinnerungen an den sensationellen EM-Triumph vor drei Jahren, als die deutsche Mannschaft die Handball-Welt begeisterte. "Ich kann mich nur an 2016 erinnern, dass wir als Team mal so aufgetreten sind. Damals hat man das Kribbeln gespürt, und gestern gab es wieder dieses Gefühl", sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning.

Die deutsche Mannschaft präsentiert sich bei der Heim-WM als verschworene Gemeinschaft, sowohl auf als auch neben dem Parkett. Jeder hilft seinem Nebenmann, keiner nimmt sich wichtiger als der andere. "Es ist ein geiles Gefühl mit dem Team und der euphorischen Stimmung im Umfeld. Das macht einfach Spaß", sagte Wolff. Parallelen zur EM vor drei Jahren wollte er aber nicht ziehen: "Wir haben den Geist von 2019."

Dass der geweckt wurde, liegt zu einem großen Teil auch an Prokop. Wer den Bundestrainer in den Tagen von Berlin erlebt, meint einen neuen Menschen vor sich zu haben. Die Verbissenheit bei der verpatzten EM 2018 ist einer Lockerheit gewichen, die dem 40-Jährigen viele gar nicht zugetraut hätten. Prokop spricht permanent mit den Spielern, bindet sie in seine Entscheidungen ein und nimmt den einen oder anderen schon mal in den Arm.

"Er wirkt sehr konzentriert, kooperiert mit den Spielern und lässt sie auch mal eigene Entscheidungen treffen. Die Mannschaft hat Vertrauen zu ihm und macht einen sehr geschlossenen Eindruck", schilderte Weltmeister-Trainer Heiner Brand seine Sicht der Dinge.

Der Grundstein für das neue, harmonische Binnenklima wurde im vergangenen Sommer auf der Japan-Reise gelegt. "Dort wurde viel aus dem Weg geräumt, denn wir hatten nach der EM in Kroatien eine schlechte Situation. Jetzt ist die Stimmung so gut wie noch nie", berichtete Wiencek. Und Rückraumspieler Steffen Fäth ergänzte: "Zwischen den Spielern und dem Trainerteam passt alles zusammen."

Die überzeugende Leistung gegen Frankreich, die 8,53 Millionen Fans vor den TV-Bildschirmen verfolgten, war der beste Beleg dafür und machte Mut für den Kampf um das Halbfinalticket. "Da haben wir gezeigt, was für eine coole Mannschaft wir sind", befand Wiencek und versprach: "Wir werden auch in der Hauptrunde liefern."

Zuvor geht es aber noch gegen Serbien. Für die Partie wird Steffen Weinhold wegen einer Zerrung im Adduktorenbereich ausfallen. Deshalb stieß nun Europameister Kai Häfner zum Team. Das will seinen Weg nach dem bestandenen Härtetest gegen Frankreich nun konsequent weiter verfolgen. "Wir gehen mit einem emotional guten Gefühl aus dieser Partie. Das muss uns weiter durch das Turnier tragen", sagte Regisseur Martin Strobel. "Ich denke, wir haben noch viel im Tank."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort