Handball und Harz Diskussion um eine klebrige Substanz

Bonn/Rhein-Sieg-Kreis · Handball-Clubs und Kommunen haben am Mittelrhein vielerorts Regelungen zur Hallenreinigung nach dem Gebrauch von Harz getroffen. Oft tragen auch die Vereine die Kosten. In Rheinbach aber gibt es Ärger um das Haftmittel.

Patte, Klister, Kleber – Begrifflichkeiten, die nahezu jeder Handballer kennt. Gemeint sind Haftmittel, die schon seit Jahrzehnten in unterschiedlicher Form zum guten Ton der Handballzunft gehören. Früher griffen die Spieler noch zu gewöhnlichem Baumharz, um das Spielgerät nicht nur sicherer in Händen halten zu können, sondern vor allem, um variantenreicher im Torabschluss zu sein. Unschöner Nebeneffekt: verschmutzte Hallenböden, klebende Pfosten, Bänke und diverse Trainingsutensilien.

Die Beschwerden bei Städten und Gemeinden, die in den meisten Fällen Träger der Sporthallen sind, nahmen zu. Aktive anderer Sportarten, das Lehrpersonal sowie Eltern der Schüler wollten diese Widrigkeiten nicht weiter hinnehmen und pochten darauf, das Harz aus den Hallen zu verbannen. Eine Thematik mit jeder Menge Konfliktpotenzial entbrannte. Inzwischen hat das Baumharz ausgedient und einem neu entwickelten, wasserlöslichen Haftmittel Platz gemacht. Die Diskussion um die klebrige Substanz jedoch bleibt.

Von der 1. bis zur 3. Bundesliga ist die Nutzung von Haftmitteln in der Regel kein Thema. Die Profivereine verfügen häufig über eigene Trainingshallen und Spielorte, die von den Clubs selbst gereinigt werden. Sofern dies nicht der Fall ist, kommen die Vereine für die Reinigung der städtischen Hallen auf, falls beide Parteien keine andere Lösung vereinbart haben. In den Ligen darunter stellt sich die Situation jedoch häufig deutlich komplexer dar.

In den meisten Fällen funktionieren Absprachen

Städte und Gemeinden sowie die Vereine mussten in einem Dialog eine verträgliche Lösung für beide Seiten erwirken. In den meisten Fällen funktionieren diese Absprachen auch. Im Handballverband Mittelrhein (HVM) sieht man häufig Spieler des gastgebenden Teams nach den Partien, mit Sprühflaschen voller Lösungsmittel und Lappen bewaffnet, durch die Halle wuseln, um Verunreinigungen vom Hallenboden oder Torpfosten zu reinigen. Andernorts wird die Halle von Reinigungsunternehmen oder Vereinsmitgliedern unter Mithilfe spezieller Maschinen gereinigt. Je nach Absprache werden die entstehenden Kosten ganz oder anteilig von den Vereinen getragen. Eine inzwischen ebenfalls gängige Praxis sind Absprachen, dass Haftmittel zum Abschlusstraining und zu den Spielen genutzt werden dürfen, ansonsten jedoch nicht.

Bei der HSG Siebengebirge und bei der TSV Bonn rrh. funktionieren diese Absprachen. „Wir haben eine Regelung mit der Stadt Königswinter, in welchen Hallen bei den Spielen und Trainingseinheiten unserer höherklassigen Mannschaften geharzt werden darf. Die jeweiligen Reinigungskosten trägt der Verein“, zeigt sich Sebastian Hoffmann, der sportliche Leiter der HSG, erleichtert über das Ergebnis der Verhandlungen.

Eskaliert aber ist die Situation jüngst in Rheinbach. Zu Jahresbeginn erhielten die Verantwortlichen des TV Rheinbach M 1883 ein Schreiben der Stadt, in dem der Bürgermeister ein striktes Harzverbot für die Sporthalle an der Berliner Straße aussprach. Die Kosten für die einmalige wöchentliche Harzreinigung seien zu hoch, hieß es. Nun wurde ein grundsätzliches Harzverbot erteilt. „Offensichtlich ist leistungsorientierter Handball in Rheinbach nicht erwünscht. Dann können wir uns die ganze Arbeit auch sparen und stellen den Regionalliga-Spielbetrieb ein“, sieht der Sportliche Leiter Dietmar Schwolow schwere Zeiten auf den Rheinbacher Handball zukommen. Aufseiten des RTV hatte man sich an die getroffenen Absprachen gehalten, „Klister“ nur noch beim Abschlusstraining und bei den Spielen zu nutzen.

Die Leidtragenden sind die Sportler

Leidtragende sind die Sportler, die die Ausübung ihres Hobbys gefährdet sehen. Kritiker behaupten zwar oft vollmundig, dass gute Handballer auch ohne „Patte“ spielen können. Können sie mit Abstrichen auch. Ein Blick auf die gerade in Deutschland und Dänemark stattfindende Weltmeisterschaft könnte dem einen oder anderen Kritiker jedoch die Augen öffnen. Ein Jannik Kohlbacher am Kreis könnte beispielsweise unter Bedrängnis ein Anspiel mit einer Hand kaum so sicher fangen, um im Anschluss nach einer schnellen Drehung einen Treffer zu erzielen. Und gelänge es Uwe Gensheimer, den Ball mit einem Dreher von der Eckfahne am gegnerischen Torhüter vorbeizumanövrieren?

Die Vereine wissen um die Risiken, sollten sie ihren Verpflichtungen, die Halle sauber zu hinterlassen, nicht nachkommen. Die Konsequenzen reichen von striktem Haftmittelverbot bis zur Hallenschließung für die Vereine. Im Falle des RTV bleibt zu hoffen, dass sich Stadt und Verein auf eine tragfähige und dauerhafte Lösung einigen können.

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