Empörung über Hazard-Tritt gegen den Balljungen

London · Fußball-England ist empört: Was ist bloß in Chelsea-Star Eden Hazard gefahren, dass er beim überraschenden Halbfinal-Aus der Blues im Liga-Pokal gegen Swansea City einen Balljungen in die Rippen getreten hat?

 Chelsea-Coach Rafael Benitez hat Eden Hazard über einiges aufzuklären. Foto: Gerry Penny

Chelsea-Coach Rafael Benitez hat Eden Hazard über einiges aufzuklären. Foto: Gerry Penny

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"Horror Hazard!" schimpfte der "Daily Mirror" am Donnerstag über den 40-Millionen-Euro-Offensivmann. Inzwischen hat der Ausraster des Belgiers, der als YouTube-Renner für weltweite Fassungslosigkeit sorgte, eine groteske Note bekommen. Von dem 17 Jahre jungen Balljungen aus Swansea tauchte ein verräterischer Twitter-Eintrag auf.

Als selbst erklärter "King of all ballboys" hatte er via Twitter Stunden vor dem 0:0 im Halbfinal-Rückspiel angekündigt. "#needed #for #timewasting", beschrieb er seine Aufgabe - "werde gebraucht fürs Zeitschinden". Bei dem Jungen handelt es sich ausgerechnet um den Sohn eines millionenschweren Anteilseigners des Clubs, Martin Morgan. Vater und Sohn wurden nach der Partie von der South Wales Police verhört und verzichteten auf eine Anzeige gegen Hazard.

Was war passiert? Der Balljunge trottete zunächst zu dem Ball im Toraus, fiel - bedrängt von dem belgischen Nationalspieler, der den Ball schnell ins Spiel zurückbringen wollte - hin, und begrub die Kugel unter sich. Der aufgebrachte Hazard trat nach dem Ball und traf dabei wohl auch die Rippen des Jungen, der schmerzverzerrt liegen blieb und sich beim Schiedsrichter beschwerte. Hazard sah glatt Rot wegen Tätlichkeit (80.) und erlangte postwendend ähnlich fragwürdigen Ruhm wie Manchester Uniteds Eric Cantona bei seiner Kung-Fu-Attacke 1995 gegen einen Zuschauer.

Ex-Chelsea-Flügelspieler Pet Nevin unterstellte dem Teenager Theatralik und meinte, er selbst hätte wie Hazard gehandelt: "Ich hätte den Ball auch unter ihm herausgekickt, wenn er sich so benimmt - zu 100 Prozent." Anderer Meinung war Swanseas deutscher Keeper Gerhard Tremmel als unmittelbarer Augenzeuge. "Das war eine sehr unglückliche Situation, aber so darf mal als Profi nicht reagieren", sagte der 34 Jahre alte Ex-Cottbusser der Nachrichtenagentur dpa über die Szene, die sich im Toraus auf seiner Seite abspielte.

Swanseas dänischer Erfolgstrainer Michael Laudrup, der mit seinem Team im Finale im Wembleystadion gegen Viertligist Bradford City um den ersten großen Titel der 100-jährigen Clubhistorie spielt, sah die Situation genauso: "Ich verstehe, dass Spieler, wenn sie zurückliegen und unter Druck stehen, manchmal unangebrachte Dinge sagen oder tun, aber es gibt gewisse Dinge, die man nicht tun darf." Swansea hatte das Hinspiel 2:0 gewonnen, das 0:0 reichte locker zum Einzug ins Endspiel.

Ist es verwerflich, dass Balljungen des Heimteams ihr Tempo dem Spielstand anpassen? Nein, betonte Tremmel: "Ich glaube, dass das ganz normal ist, dass auch die Balljungen ein bisschen mitspielen, egal, in welches Stadion man kommt."

Morgan Junior und Hazard versöhnten sich noch am Spielabend. "Er war in Chelseas Umkleide und gab Hazard die Hand. John Terry und Frank Lampard waren vorbildlich, wie sie ihn in der Kabine willkommen geheißen haben", schilderte Vereinssprecher Jonathan Wilshere. Von Chelsea-Seite wurde aber auch durchaus die Mitschuld des Jungen herausgestellt: "Sie wissen beide, dass sie einen Fehler gemacht haben", erklärte Blues-Interimscoach Rafael Benítez.

Hazard, dem mindestens die obligatorische Drei-Spiele-Sperre durch den englischen Verband FA bevorsteht, erklärte im Interview des clubeigenen Senders Chelsea-TV: "Der Junge hat den Ball mit seinem Körper bedeckt und ich habe versucht, ihn zu bekommen. Ich denke, dass ich den Ball getroffen habe und nicht den Jungen. Ich entschuldige mich." Benítez sah von einem öffentlichen Rüffel ab: "Wir werden uns damit intern auseinandersetzen."

In der Hitze des Gefechts hatten sich die Blues in ihrem offiziellen Twitter-Account zunächst vergaloppiert und Hazards rüde Aktion harsch kommentiert: "Ist der Fußball verrückt geworden? " Diesen imageschädigenden Tweet zog der Verein Minuten später mit einer Entschuldigung zurück. Benítez beendete seine Pressekonferenz mit den Worten: "Die Gesellschaft hat ein großes Problem."

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