Modeste und der Europapokal Droht dem FC ein ähnliches Szenario wie 2017?

Köln · Mit seinen 20 Treffern verhalf Anthony Modeste dem 1. FC Köln in den europäischen Wettbewerb. Ähnlich wie in der Spielzeit 2016/2017. Überhaupt gibt es einige Parallelen. Damals verließ der Torjäger den FC und Köln stieg ab. Und dieses Mal?

1. FC Köln: Anthony Modeste - droht dem FC ein ähnliches Szenario wie 2017?​
Foto: AP/Martin Meissner

Die Gemütslage hätte wohl kaum unterschiedlicher sein können. Jonas Hector sank nach der 0:1-Niederlage im Heimspiel seines 1. FC Köln gegen den VfL Wolfsburg zu Boden. Nur wenige Meter entfernt stürmten die Kölner Anhänger auf den Platz, feierten, jubelten und trugen Anthony Modeste auf den Händen. Ein surreales Bild: Hier der Spielführer, von der Pleite sichtbar mitgenommen. Da der gefeierte Top-Torjäger, der dem FC mit seinen 20 Toren die Tür zum europäischen Wettbewerb nach fünf teils bitteren Jahren wieder geöffnet hatte. „Auf Händen getragen zu werden, ist doch besser, als getreten zu werden“, sagte Modeste später.

Die Freude des emotionalen Stürmers war nur verständlich. Und sie kam dem Fan doch irgendwie sehr bekannt vor. Als Modeste den FC 2017 Richtung Europa schoss, wurde der Franzose ebenfalls auf Händen getragen. Nur hatten die Geißböcke damals nicht knapp verloren, sondern den FSV Mainz nach Toren von Jonas Hector und Yuya Osako 2:0 besiegt und damit noch den fünften Tabellenplatz, also die direkte Quali für die Europa League, erreicht. Damals wollte Modeste mit dem FC europäisch spielen – wenn es geht bis zum Ende der Karriere, wie er immer wieder betonte.

2017 folgte auf Treueschwur ein Wechseltheater

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Es folgte jedoch ein wochenlanges Theater, dessen Hintergründe nicht vollends geklärt sind. Schon 2016 soll es ein Angebot aus China gegeben haben. Modestes Berater zogen zu spät die Ausstiegsklausel, der Stürmer verlängerte beim FC und sprach später davon, nie weg gewollt zu haben. Im Winter folgte jedoch der nächste Vorstoß aus China. Dem Vernehmen nach sollen sogar 75 Millionen Euro im Raum gestanden haben, die Kölner Verantwortlichen lehnten aber ab. Im Sommer 2017 kam es dann doch zu Gesprächen. Noch bevor eine Entscheidung getroffen war, absolvierte Modeste in China unabgesprochen den Medizincheck. Es kam zum Zerwürfnis mit Jörg Schmadtke, Modeste klagte sich ins FC-Training ein und verließ die Kölner schließlich doch für 30 Millionen Euro. Bis heute gehen die Meinungen über die Wechselabsichten weit auseinander. Für Modeste war Schmadtke die treibende Kraft. „Wir haben in Wolfsburg gespielt und gewonnen, bei der Mannschaft von Schmadtke. Man trifft sich immer zweimal im Leben“, sagte Modeste im vergangenen Winter nach dem 3:2-Erfolg über den VfL mit hörbarer Genugtuung.

Nach dem Rückspiel und nachdem Modeste wie 2017 auf Händen getragen wurde, äußerte sich der Angreifer im Mai dieses Jahres erneut. „Wer hat gesagt, dass ich wechsle? Niemand“, betonte Modeste. Eine Aussage, die ebenfalls an den Treueschwur von 2017 erinnerte. Im Trainingslager in Donaueschingen hörte sich das in der vergangenen Woche anders an. Sein Berater suche aktiv nach einem neuen Club, wenn ein Angebot käme, müsse man reden. Wie berichtet, will Modeste Sicherheit, der Vertrag läuft im kommenden Sommer aus. Er verfügt über einen Anschlussvertrag als Sturmtrainer. Doch Modeste will spielen und die Kölner Verantwortlichen wollen erst im Herbst über eine Vertragsverlängerung entscheiden. Wohl auch, weil dann feststeht, ob der FC in der Gruppenphase der Conference League steht und weitere Einnahmen akquirieren kann. Vermutlich aber auch, um die Entwicklung des Torjägers zu verfolgen. Denn der Franzose hat auch ein paar magere Jahre beim FC hinter sich. Das scheint lange her. Modeste hat eine überragende Saison gespielt, Begehrlichkeiten geweckt.

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Wie geht es weiter mit Anthony Modeste?

Schon im Winter hat der Stürmer ein Angebot aus Saudi Arabien erhalten, ein „unmoralisches“, wie es von Seiten des FC hieß. Wie im Winter der Spielzeit 2016/2017 einigte man sich aber auf den Verbleib des Angreifers. Ebenfalls wie damals unter Peter Stöger genießt Modeste auch unter Steffen Baumgart enormes Vertrauen und profitiert sportlich ganz offensichtlich davon. Kaum jemand hätte dem Stürmer diese Leistungsexplosion zugetraut. Ohne Frage hat der Franzose einen großen Anteil an der Europa-Qualifikation – so wie 2016/2017. Der Trainer geht ohnehin davon aus, dass „Tony bleibt“. Der Angreifer selbst scheint nicht so überzeugt zu sein, kokettiert mit einem Wechsel. Beim FC sieht man die Worte des Franzosen gelassen. Modeste habe nicht mehr gesagt, als mit ihm abgesprochen sei, ein konkretes Angebot liege ohnehin nicht vor und letzten Endes habe der FC ja ohnehin noch ein Wörtchen mitzureden.

Der sportliche Verlust 2017 war groß, trotz der millionenschweren Ablöse, trotz der Verpflichtung von Jhon Cordoba. Der FC stieg sang- und klanglos ab. Auch jetzt wäre ein Verlust groß. In Köln muss man wirtschaftlich denken, in jeglicher Hinsicht. Eine ähnlich sportliche Entwicklung wie vor fünf Jahren will und muss man in Köln natürlich um jeden Preis in der kommenden Saison verhindern. Mit Sargis Adamyan und Steffen Tigges hat der FC bereits zwei Stürmer verpflichtet, die Köln kurzfristig weiterhelfen können. Zwar betonte Baumgart, dass Adamyan neben Modeste spielen solle, notfalls aber auch neben „jemand anders“ spielen würde. Und mit Florian Dietz und Tim Lemperle lauern zwei Kölner Hoffnungen auf ihre Chance. Insgesamt ist der FC aktuell breit sehr gut aufgestellt, die Neuzugänge hinterließen in den ersten beiden Vorbereitungswochen einen guten Eindruck.

Genauso gut ist es aber auch möglich, dass am Ende der Saison einmal mehr Anthony Modeste auf Händen getragen wird.

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