Bekenntnis des Torjägers So steht es um die Zukunft von Anthony Modeste beim 1. FC Köln

KÖLN · Ohne Anthony Modeste hätte es der 1. FC Köln in dieser Saison wohl kaum nach Europa geschafft. Dennoch wurde lange über einen Abschied des Torjägers diskutiert. Der bekennt sich nun zum FC.

 Hat in Köln den Spaß am Fußball wiederentdeckt: Anthony Modeste.

Hat in Köln den Spaß am Fußball wiederentdeckt: Anthony Modeste.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Anthony Modeste lacht gerne. Und oft. Es gibt wohl kaum einen Zeitpunkt, der dem Fußball-Profi des 1. FC Köln zu schlecht wäre für einen kleinen Spaß oder Schabernack. Als er einmal die große Bühne betrat auf der prächtigen Veranstaltung des Vereins anlässlich dessen 70. Geburtstag in den MMC Film & TV Studios Cologne, sprach er, vom Scheinwerferlicht angestrahlt, zu den Gästen. Trocken sagte er: „Ich habe hier Licht gesehen und bin einfach reingekommen.“ Dann stellte er klar, dass „dieser Club mein Zuhause ist“. Selbstverständlich, der Auftritt des Stürmers war natürlich nicht zu vergleichen mit dem Besuch der Eckkneipe, aus der kurz vor Zapfenstreich noch Licht auf den Gehsteig fällt. Nein, Modeste war erschienen, um, wenn man so will, als Geburtstagsgeschenk aus der Torte zu hüpfen.

Der damalige Präsident Werner Spinner hatte seinerzeit, im November 2018, die Rückkehr des verlorenen Sohnes nach Köln zelebriert. Jenes Mannes, der nicht einmal anderthalb Jahre zuvor ausgezogen war, um in China sein Glück zu finden. Er fand es nicht. Der Franzose ging das Abenteuer ohne seine Familie an, lebte zwar recht luxuriös in einer Appartement-Anlage im Ritz Carlton, verdiente ebenso luxuriös, doch spätestens, nachdem ihm sein Verein Tianjin Quanjian Gehalt schuldig geblieben war, forcierte er seinen Abschied. Er kündigte seinen ursprünglich bis 2020 laufenden Vertrag und kehrte zu jenem Club zurück, den er dank seiner Treffer im Sommer 2017 in die Europa League geführt hatte.

Modeste wird von den Kölner Fans auf Händen getragen

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Von den Fans wurde er damals in Müngersdorf auf Händen getragen, so wie er nun wieder diesen komfortablen Platz einnehmen durfte nach einer starken, von den Wenigsten für möglich gehaltenen Saison, zu der er bislang 19 Tore beitrug. Die Fans feierten die Spielzeit, sie feierten Modeste, der gar nichts dagegen zu haben schien. Im Gegensatz zu seinen Kollegen blieb er länger auf dem Rasen – trotz der Niederlage gegen den VfL Wolfsburg hatten die Kölner schließlich das Erreichen der europäischen Conference-League-Playoffs perfekt gemacht. „Lieber das, als getreten zu werden“, sagte Modeste nach der zweiten Europa-Qualifikation seit 30 Jahren über das Auf-Händen-Liegen. Und: „Wir haben etwas erreicht, wenn ich sehe, wo wir herkommen. Letzte Saison sind wir fast abgestiegen, jetzt in Europa.“ Vor dem abschließenden Saisonspiel beim VfB Stuttgart am kommenden Samstag ist ja sogar noch der Einzug in die Europa League möglich. Eine überzeugende Saison des gesamten Teams, angeführt von ihrem Trainer Steffen Baumgart. „Die Fans müssen eigentlich die ganze Mannschaft auf Händen tragen, nicht nur mich“, sagte er am Samstag.

Vor fünf Jahren konnte man sich nicht des Eindrucks erwehren, der FC hätte Modeste am liebsten auf Händen nach China getragen. Denn der Verein profitierte damals sehr ordentlich von seinem Wechsel, erhielt eine einträgliche Ablösesumme in Höhe von mehr als 30 Millionen Euro. Sportlich dagegen war es ein Verlust für die Kölner, die in der darauffolgenden Saison die Gruppenphase der Europa League nicht überstanden und sang- und klanglos aus der Bundesliga abstiegen. Noch heute beteuert Modeste, dass er den Verein nur verließ, da die Vereinsführung um den damaligen Manager Jörg Schmadtke ihn dazu gedrängt habe. Der 1. FC Köln widerspricht dieser Ansicht. Dem Wechsel war dann ein langes Gerangel vorausgegangen. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt gebeten, gehen zu können", sagte Modeste damals der „Bild am Sonntag“. „Hat irgendjemand gehört, dass ich gesagt habe, dass ich weg will? Niemals! Der 1. FC Köln ist und bleibt meine Heimat, unabhängig von den handelnden Personen. Ich kann erhobenen Hauptes sagen, dass ich diesen Verein liebe!"

Rückkehr zum FC war nicht immer von Erfolg begleitet

Die ausbleibenden Gehaltszahlungen in China eröffneten dem FC dann jedoch wieder die Möglichkeit, den Publikumsliebling zurückzuholen. Er griff zu. Dass es nicht ausschließlich ein Glücksgriff war für den FC, wird durch den aktuellen Erfolg der Kölner leicht übertüncht. Gerne wird der erneute Wechsel nach Köln ja als Coup präsentiert, da Modeste ablösefrei war. Aber zur Wahrheit gehört ebenso, dass Modeste mit einem Jahresgehalt von dem Vernehmen nach drei Millionen Euro zu den Topverdienern im FC-Kader gehört. Und schon im Herbst 2018 gab es Zweifel, dass der damals 30-Jährige noch einmal anknüpfen könnte an seine Form, die den Club bis nach Europa getragen hatte. Lange wurden diese Zweifel bestätigt. Zwar traf Modeste nach seiner Rückkehr und hartnäckigem Kampf um die Spielberechtigung in zehn Zweitligaspielen gleich sechs Mal, doch nach dem Aufstieg in die Bundesliga wurde es ruhig um den Torjäger. Modeste absolvierte unter Trainer Achim Beierlorzer zwar die komplette Vorbereitung und hatte bereits zuvor an seiner Fitness gearbeitet, doch an den 25-Tore-Stürmer aus der Saison vor seinem Wechsel nach China erinnerte nicht viel. Zumal er später unter dem neuen Trainer Markus Gisdol einen schweren Stand hatte. Das Verhältnis zu ihm, mit dem er zuvor schon bei der TSG 1899 Hoffenheim zusammengearbeitet hatte, war nicht gut.

Besser wurde es auch nicht in der darauffolgenden Spielzeit, vielmehr klaffte zwischen seiner Leistung und dem Anspruch an den Kölner Spitzenverdiener – auch seinem eigenen – eine immer größere Lücke. Geschuldet war dies auch seinen körperlichen Problemen (Knie und Rücken), weswegen er im Sommer vor zwei Jahren die Vorbereitung verpasste. Er kam auf wenig Einsatzzeiten, zumeist von der Bank. Als logische Konsequenz sah er die Flucht nach Frankreich, wo er sich auf Leihbasis bis Saisonende AS Saint-Étienne anschloss. Doch auch dort lief es nicht nach Wunsch, er wurde im vergangenen Frühjahr operiert und kehrte zurück nach Köln.

FC-Verantwortliche zögern mit neuem Vertrag für den Torjäger

Nicht viele Kenner der Szene hätten Modeste zugetraut, noch einmal einen zweiten Frühling zu erleben. Steffen Baumgart sah das anders. Erst kürzlich im GA-Interview bestätigte er, dass er vorbehaltlos auf Modeste und seine Tore gesetzt hatte. „Sie können Jörg Jakobs (Interims-Sportchef des FC, d. Red.) gerne fragen. Der schuldet mir ein Essen, weil ich von Anfang an gesagt habe, dass Anthony Modeste funktionieren wird. Das hat er jetzt eingelöst“, hatte er auf die Frage geantwortet, ob er tatsächlich an einen wieder auf höchstem Niveau funktionierenden Modeste geglaubt hätte.

Der Stürmer funktionierte sogar so gut, dass er im Winter „ein unmoralisches Angebot“ aus Saudi-Arabien erhielt, wie es Jakobs umschrieb, eines, „das für uns lukrativ gewesen wäre“. Doch wer geglaubt hatte, Modeste würde erneut den Verlockungen des Geldes erliegen, sah sich getäuscht. Er widerstand. Die Spekulationen um ihn, dessen Vertrag beim FC noch bis 2023 läuft, gingen dennoch weiter, auch weil Modeste wissen wollte, wie es mit ihm weitergeht. Er hatte sich Gewissheit und Planbarkeit gewünscht über 2023 hinaus. Die Kölner Verantwortlichen ließen sich aber nicht unter Druck setzen und warteten ab. Bis heute. Der FC muss auch genau abwägen, ob der Spieler, immerhin schon 34 Jahre alt, seine Form halten kann und der Club in der Lage ist, ihn sich bei den Nachwirkungen der Corona-Pandemie mit einem um 20 Prozent gekürzten Spieleretat leisten zu können. Auf der anderen Seite geht es für Modeste, der bei den Kölnern einen Anschlussvertrag als Trainer besitzt, wahrscheinlich um den letzten Kontrakt seiner Karriere. In Köln müsste er Gehaltseinbußen in Kauf nehmen.

Modeste genießt die Zeit in Köln

Ein Wechsel im Sommer ist immer noch eine Option. Zumal der Franzose noch im März dem „Express“ sagte: „Ich bin nicht mehr so jung, meine Karriere ist bald vorbei. Deswegen muss ich mir Gedanken machen.“ Es sind legitime Gedanken, die er sich da macht. Einen Knallhart-Profi, der allein an der Mehrung seines Millionenvermögens interessiert ist, darf man aber auf keinen Fall in Modeste vermuten. Er mag die Stadt, den Verein, die Menschen. Und die Stadt mag ihn. Es ist eine Symbiose, die da in den Jahren entstanden ist. Das merkt man auch an den Feierlichkeiten zuletzt in Müngersdorf mit Modestes Bad in der Menge.

Zwar ist Fußball immer noch ein mit Millionen vollgepumptes Geschäft, dennoch kann man der Echtheit Modestes Zuneigung den Kölnern gegenüber durchaus trauen. Es deutet viel mehr auf ein ehrliches Bekenntnis zum FC hin denn auf ein Lippenbekenntnis, als er nach der Wolfsburg-Partie, über das ganze Gesicht strahlend, fragte: „Wer hat gesagt, dass ich den Verein verlasse?“ Um dann selbst die Antwort zu geben: „Niemand.“ Er habe einen Vertrag bis 2023 und „genieße die Zeit mit meinen Kollegen. Das ist schon, was ich will“. Das klingt alles andere als nach Abschied.

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