Vor Duell mit Bochum Auf Selke ruhen die Hoffnungen beim 1. FC Köln

Köln · Winterneuzugang Davie Selke soll dem 1. FC Köln nach 699 Minuten ohne Stürmertor gegen den Tabellenletzten VfL Bochum mehr Durchschlagskraft verleihen. Mit einem Sieg der Vorsprung auf die Gefahrenzone vergrößert werden.

 FC-Trainer Steffen Baumgart gibt Davie Selke (links) beim Training Anweisungen.

FC-Trainer Steffen Baumgart gibt Davie Selke (links) beim Training Anweisungen.

Foto: Herbert Bucco

Am Gymnasium in Plochingen, nahe Stuttgart, ganz nahe Esslingen, hat er sich längst einen Namen gemacht. Nicht nur als schlank-gestählter Verteidiger der Lehrer-Mannschaft, sondern ebenso als anerkannte Lehrkraft für Sport und Mathe. Mit der elementaren Algebra also, davon ist auszugehen, kennt sich Thomas Letsch aus. Seinen Beruf an der weiterführenden Schule hat der gebürtige Esslinger zwar längst eingetauscht gegen eine Anstellung als Trainer im höchsten Segment, doch auch in Köln beim dortigen Ersten Fußballclub können sie eine solche erfahrene Lernhilfe fürs Rechnen gerade gut gebrauchen.

Denn gerechnet wird beim FC gerade mal wieder sehr intensiv. Die wichtigsten Aufgaben der Zwischenprüfung: Wie viele Minuten ist die Mannschaft bereits ohne Treffer? Wie viele Minuten müssen die Stürmer der Kölner auf einen solchen verzichten? Noch ist die Torlosserie recht übersichtlich, immerhin aber trafen sie in den vergangenen drei Spielen nicht ein einziges Mal. Den letzten Torjubel löste Ellyes Skhiri vor 274 Minuten aus, der in der 86. Minute der Partie gegen Eintracht Frankfurt zum 3:0 erfolgreich war. Dramatischer erscheint da die Sicht auf die Angriffsabteilung: 699 Minuten liegt der bislang letzte Stürmertreffer zurück (Steffen Tigges zum Jahresstart im Januar gegen Bremen).

Selke bislang auch von Verletzungen und Krankheit ausgebremst

Eine Einlassung von Thomas Letsch, des Trainers des VfL Bochum, könnte sich auch Steffen Baumgart bewusst machen, der mit dem FC am Freitagabend (20.30 Uhr/Dazn) den Revierclub in Müngersdorf begrüßt. Mathe sei wie eine Wissenschaft des logischen Denkens, das sei „im Unterricht so wie im Fußball“, sagte der Bochumer Coach einmal vergleichend, „da stellt uns der Gegner vor Aufgaben, die wir lösen wollen“. Bezogen auf die Lösung der Aufgabe gegen den Tabellenletzten ist Davie Selke eine Variable. Zwar wartet der Winterzugang immer noch auf seinen ersten Treffer und seine erste Torvorlage im FC-Trikot, doch haben da auch einige Unwägbarkeiten eine nicht geringe Bedeutung. Immer wieder waren es Verletzungen oder Krankheiten, die den Tatendrang des Stürmers hemmten. Wie zuletzt beim 0:0 bei Union Berlin, als der Ex-Herthaner für die Startformation vorgesehen war, doch die Grippewelle erfasste auch ihn, der in der Nacht Schüttelfrost bekam und die Partie dick verpackt und trübselig von der Bank aus verfolgte. Gegen Bochum könnte er diesen Platz mit einem auf dem Spielfeld eintauschen.

Die besten Sprüche von FC-Trainer Steffen Baumgart
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„Davie ist wieder komplett gesund“, berichtete Baumgart und stellte Selke einen Startelfauftrag in Aussicht. „Er wird nicht nur ein Kandidat für den Kader sein, sondern auch für einen Einsatz von Anfang an.“ Da sein Trainer von einer Ausrichtung mit zwei Stürmern gleicher Bauart wie ihm und Steffen Tigges wohl absehen wird, könnte Selke an der Seite des pfeilschnellen Linton Maina auflaufen. Treffer garantiert aber auch diese Formation nicht. Doch Baumgart erkennt das Potenzial Selkes, sagte: „Ich hoffe und gehe zugleich davon aus, dass er jetzt längere Zeit fit sein und seine Leistungen abrufen wird.“ Noch blicken die Kölner auf einen recht komfortablen Vorsprung auf den Relegationsplatz, acht Punkte beträgt dieser. Dass aber gegen Bochum mit einem Sieg der Vorsprung auf die Gefahrenzone unbedingt ausgebaut werden soll, verdeutlicht der Trainer auch: „Wir wollen mit aller Macht gewinnen, aggressiv nach vorn spielen, uns Chancen erarbeiten oder – noch besser – sie verwerten.“

VfL zuletzt mit vier Niederlagen ohne eigenen Treffer

Nun lassen die jüngsten Leistungen des Gegners am Freitag den Schluss zu, dass das durchaus im engsten Bereich des Möglichen liegt. Letschs Rechenqualitäten könnten jedenfalls auch bei seiner eigenen Mannschaft zur Anwendung kommen. Vereinfacht ausgedrückt lautet die jüngste Bilanz: vier Spiele, null Punkte, 0:10 Tore. In fremden Stadien hat der VfL in dieser Spielzeit bislang nur drei Punkte geholt, bei einem Torverhältnis von 7:35. Kein Team ist auswärts schlechter. Auch insgesamt sind die Bochumer Tabellenletzter mit 19 Punkten, weisen mit 56 die meisten Gegentreffer auf und mit 24 die zweitwenigsten eigenen (nur Tabellennachbar Schalke hat mit 18 noch weniger). Was bei Baumgart aber nicht die Anwendung einer offenbar logischen mathematischen Formel zulässt, die zwingend einen Kölner Sieg beschreibt. „Jeder“, sagte er, „wird von uns erwarten, dass wir gewinnen.“ Doch Baumgart wäre nicht Baumgart, hätte er zuvor in seinen Ausführungen nicht erwähnt, dass die Bochumer oft nicht verloren hätten, „weil sie die schlechtere Mannschaft waren, sondern weil sie den einen oder anderen Fehler zu viel gemacht haben. Sie laufen aggressiv an und kommen oft durch zweite Bälle gefährlich vor das Tor. Mit Philipp Hofmann verfügt Bochum über einen Stürmer, der sehr kopfball- und abschlussstark ist“. Sich von nüchternen Zahlen blenden zu lassen, nein, das war noch nie das Ding von Steffen Baumgart.

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