Nach torlosem Remis gegen Mainz FC ist auf der Suche nach Lösungen in der Offensive
Köln · Der 1. FC Köln kommt im Abstiegskampf nicht voran. Zwar bedeutet das 0:0 gegen Mainz das zweit Spiel in Folge ohne Gegentor, in der Offensive herrscht aber Flaute.
Kaum vorstellbar, dass Oscar Wilde seiner Freude mit einem Jauchzen Ausdruck verliehen hätte an diesem niesel-regen-nassen Abend in Müngersdorf. Er war nicht nur ein ausgemachter Dandy, bekennender Lebemann und literarisches Genie, nein, er galt seinerzeit auch als führender Vertreter des Ästhetizismus. Jener Epoche der Künste also, die im Schönen den höchsten Wert sieht. Was das mit Fußball und Köln zu tun hat? Gerade nichts. Zumindest bekannte sich Steffen Baumgart am Sonntagabend dazu, „ganz schwere Kost“ vorgesetzt bekommen zu haben, um dann das Schutzmäntelchen auszubreiten über die beiden Duellanten 1. FC Köln und Mainz 05, indem er feststellte: „Jeder weiß, wie Abstiegskampf aussieht.“
Tatsächlich war das insbesonders bei seiner Mannschaft in den vergangenen Wochen trotz lediglich einer Niederlage (gegen Bayern) aus fünf Spielen zu beobachten. Es gab ja auch nur einen Sieg, wobei die Vorführung in Darmstadt doch sehr jener beim jüngsten 0:0 gegen Mainz entsprach. Vor allem in der Offensive war es ein von Ideen- und Mutlosigkeit geprägter Auftritt, mit dem beide Teams (wobei Mainz lange das aktivere und bessere war) ihren Aufenthaltsort im Souterrain der Tabelle deutlich zum Ausdruck brachten.
Baumgart verändert seine Spielidee
Es war kein Duell wie jedes andere, in dem dem Ursprungsgedanken nachgejagt wird, der dem Spiel innewohnt: zu gewinnen. Vielmehr hatten beide Mannschaften sorgfältigen Wert daraufgelegt, die andere nicht gewinnen zu lassen. Lange war Köln dabei die Gemeinschaft, die diesen Ansatz intensiver verfolgte. Dieser entspricht eigentlich nicht dem Baumgart’schen Leitmotiv eines mutigen, aktiven und vorwärts gerichteten Spiels, daher klang es schon beinahe wie ein Geständnis, als er sagte: „Ästheten kommen im Moment nicht auf ihre Kosten.“
Die „Schönheit“ des Kölner Spiels nährt sich in diesen schwierigen Tagen insbesondere aus harter (Abwehr)-Arbeit und dem intensiven Kampf um Stabilität. Das Angriffsspiel war sowohl gegen Darmstadt als auch Mainz nicht als solches zu identifizieren. Dabei vergeben die Kölner nicht einmal großartig Chancen, sie kreieren schlicht kaum welche. „Vieles von dem, was wir wollten, haben wir nicht hinbekommen“, sagte Baumgart. Woran das liegt? Lösungen konnte er nach dem Kaugummispiel nicht gleich anbieten, „da habe ich keine“, versprach aber, ab Dienstag arbeite er zu „100 Prozent daran, welche zu finden“. Immerhin einen „Teilerfolg“ erkannte er, womit er faktisch nicht falsch lag. Aber ein Remis gegen einen direkten Konkurrenten im Ringen um den Klassenerhalt – und das im eigenen Stadion – ließe sich auch anders interpretieren. „Es war ein direkter Konkurrent“, sagte Timo Hübers, und es klang wie eine Entschuldigung, „da heißt es dann erst mal auch, nicht zu verlieren.“
Hübers lobt die Arbeit in der Defensive
Seiner Mannschaft sprach Baumgart die Sicherheit ab, die zumindest im Trainingsbetrieb festzustellen ist. Eine ausgewachsene Unsicherheit jedoch wollte Hübers nicht erkennen. Die, so ordnete es der Verteidiger ein, beziehe sich ja auf beide Richtungen des Spiels, und „nach hinten haben wir es gut gemacht“. Doch die Auffahrt auf die Autobahn nach vorn hatte sein Team verpasst. Hübers fehlten „Mut und Ideen“ im Ballbesitz. Was nach immerhin zwei Spielen hintereinander ohne Gegentor zu ersten Zügen einer Entfremdung zu Teilen der Fans nach sich zog. Schon während der ersten Hälfte (Marvin Schwäbe: „Vor der Pause hatte das nicht viel mit Fußball zu tun“) gab es vereinzelt Pfiffe von den Rängen. Nach dem Schlusspfiff und einer kurzen rätselhaften Stille, die mit Besinnung nichts zu tun hatte, wurden sie lauter. Hübers, gegen Mainz ein sehr zuverlässiger Verteidiger, zeigte sich später verwundert über die ersten Unmutsbekundungen der Saison und beschwor die Kraft der Einheit. Er habe Verständnis für die Unzufriedenheit, „aber wir wissen alle, dass wir in einer schwierigen Situation stecken und die Saison mit nicht so guten Vorzeichen gesegnet ist, wie die vergangenen beiden Spielzeiten“, sagte der 27-Jährige, allein: „Was ich da nicht ganz verstehe ist, dass sich dieser Unmut in Pfiffen äußert.“
Erste Pfiffe der Fans
Sein Trainer überspielte die Situation, er habe „die Süd (Tribüne, d. Red.) gehört, und die habe ich 90 Minuten gehört. Sie hat das Team unterstützt“, sagte Baumgart, „und wenn ich sehe, wie die hinter uns steht, dann ist das das Entscheidende.“ Nicht überhört haben dürfte er dagegen die besinnliche Klavierversion der Vereinshymne, die die Stadionregie einspielte nach Beendigung des Spiels. Stadionsprecher Michael Trippel wünschte noch frohe Weihnachten, bedankte sich für die Unterstützung und Geduld mit dem FC – „besonders heute“. Es waren die Jahresabschlussworte in Müngersdorf, denn die Kölner müssen nun noch zwei Mal auswärts antreten in Freiburg und bei Union Berlin. Mal sehen wie besinnlich dann die Stimmung zu Weihnachten ist im Verein.