1. FC Köln vor dem Spiel gegen Mainz Baumgart sieht den Weg beim FC gefährdet
Bonn · Vor dem wichtigen Spiel gegen Mainz wehrt sich der Trainer des 1. FC Köln vehement gegen weitere Spielerverkäufe. Jan Thielmann als Hoffnungsträger.
Nicht, dass ihm irgendwelche Gedanken an Handlungen anzulasten wären, die sich außerhalb des Gesetzes bewegen. Doch Steffen Baumgart hat schon klare Vorstellungen und findet in der Regel deutliche Worte, sie durchzusetzen. Unter der Woche jedoch ließen sie es selbst für seine Verhältnisse nicht an Klarheit vermissen. „Jetzt sag‘ ich’s mal ganz deutlich“, hob der Trainer des 1. FC Köln an: „Wenn kein Geld da ist, muss etwas besorgt werden.“ Mit dieser strikten Forderung an die Führungskräfte des Clubs wie Sport-Geschäftsführer Christian Keller und Finanzchef Philipp Türoff war natürlich nicht die Aufforderung verbunden, schnell die nächste Bank im Kölner Süden auszurauben, aber er nahm sie in die Pflicht, das FC-Projekt, das Baumgart selbst auf sportlicher Ebene zu verantworten hat, nicht aufs Spiel zu setzen.
Dabei bezog sich der Trainer auf Gerüchte um einen Verkauf Dejan Ljubicics im Winter, um die gewünschten Einkäufe eines Mittelstürmers, defensiven Mittelfeldspieler und Innenverteidigers finanzieren zu können. Nach dem Abgang von, so Baumgart, „acht Stammspielern“ in den vergangenen drei Sommern befürchtet der 51-Jährige einen weiteren Qualitätsverlust. Er will den Österreicher, der im Sommer einen Wechsel zum VfL Wolfsburg forciert hatte, halten. Unbedingt. Vom Spieler selbst jedenfalls hat er ein aus seiner Sicht positives Fazit erhalten. Er habe mit „Ljubi“ gesprochen. „Er sagt ganz klar, dass er sich in Köln sieht.“ Gut möglich, dass nicht alle Entscheidungsträger das ähnlich sehen. Doch für Baumgart ist der Mittelfeldspieler „sehr wichtig“. Er wisse, was er an Ljubi habe, aber nicht, was er bei „neuen Spielern bekommen würde“. Und noch ist nicht geklärt, ob der Club im Winter überhaupt auf dem Transfermarkt aktiv werden darf, da der Internationale Sportgerichtshof (Cas) noch kein Urteil gefällt hat im Transferstreit um Nachwuchsspieler Jaka Cuber Potocnik.
Deutliche Worte von Baumgart
Zwar weiß er um die finanzielle Notlage trotz einiger Fortschritte des Clubs, den Keller immer noch als „Sanierungsfall“ bezeichnet. Doch die Sparpolitik des FC, der seinen Lizenzspieler-Etat inzwischen auf 45 Millionen Euro gesenkt hat, trägt er nur bis zu einem gewissen Punkt mit, der dann erreicht ist, wenn die besten Akteure den Verein verlassen, ohne adäquaten Ersatz zu erhalten. Sein Ziel könne es nicht sein, jedes Jahr „wichtige Spieler zu verlieren und gegen den Berg anzulaufen“. Einen zwar indirekten, aber nicht zu übersehenden Hinweis an seine Vorgesetzten gab er gratis obendrauf: „In dieser Stadt, in diesem Verein muss es möglich sein, anders zu agieren, als wie wir es momentan machen. Das habe ich noch nie so deutlich gesagt.“
Von seiner Meinung wich Bedenkenträger Baumgart auch am Freitag nicht ab. Wie das Echo auf seine Aussagen gewesen sei im Verein, wurde er gefragt auf der Pressekonferenz vor dem nächsten möglicherweise schicksalhaften Spiel der Kölner gegen den FSV Mainz 05 am Sonntag (17.30 Uhr/Dazn). Er gab an, durchaus verstanden worden zu sein im Verein. „Damit gehen wir klar und ehrlich um. Dass ich keinen Stammspieler abgeben will, ist klar. Wir müssen uns verstärken. Und wie wir das dann handhaben, werden wir sehen.“
Thielmann als wichtiger Rollenspieler
Vermutlich aber waren die ganzen – auch von ihm erzeugten - Nebengeräusche vor solch einem wichtigen Spiel im Kampf um den Klassenerhalt alles andere als recht. Der Club hatte ja das Vorgehen beschlossen, ohne Investoren und aus eigener Kraft zu wachsen. Dieses Thema wollte Baumgart nicht anpacken, erkennt darin nicht „meine Aufgabe. Ich rede nur aus sportlicher Sicht.“ Und die beinhaltet die Wahrheit, dass seine Mannschaft trotz des 1:0-Sieges zuletzt bei Darmstadt 98 nach wie vor einen Platz tief in der Gefahrenzone innehat. Dabei kann er wieder auf Jan Thielmann setzen, der nach seiner langen Verletzungspause in den vergangenen beiden Partien gegen Bayern München (0:1) und Darmstadt im Rollenwechsel erprobt wurde. Nicht weniger als vier verschiedene Positionen nahm die nachweislich ausgebildete Offensivkraft dabei ein: als Stürmer neben Davie Selke, der gegen Mainz zwar im Kader steht, dessen Einsatz aber nach zwei Tagen Trainingspause wegen Krankheit nicht feststeht, als sogenannter Schienenspieler auf rechts in der Abwehr-Fünferkette, als Rechtsaußen, als Rechtsverteidiger in der Viererkette. Er musste sich vorgekommen sein wie auf der Jaguarbahn, mal vorwärts, mal rückwärts, immer im Höchsttempo. Verwirrung löste das bei ihm nicht aus. „Hauptsache, er ist auf dem Platz“, sagte Baumgart, „egal wo Jan spielt, er reißt genau das ab, was wir erwarten. Er lässt sein Herz auf dem Platz, egal wo er spielt. Nur im Tor würde ich ihn nicht einsetzen.“
Waldschmidt könnte in die Startelf rücken
Dort dürfte er es auch schwer haben, an Marvin Schwäbe vorbeizukommen. Auf einer anderen Position allerdings zeichnet sich ein Wechsel ab gegen Mainz: Der nach seiner Einwechslung gegen Darmstadt überzeugende Ex-Nationalspieler Luca Waldschmidt könnte den irgendwie auf der Suche nach sich selbst wirkenden Kapitän Florian Kainz verdrängen in einem Spiel, indem Baumgart eine hohe Emotionalität und Intensität erwartet. Kurzum: eine Partie „auf Augenhöhe“. Wie zuletzt gegen Darmstadt.