Duell mit Union Berlin Baumgart tritt mit dem FC bei Herzensclub an
Köln · Der 1. FC Köln will bei Union Berlin zurückfinden in die Erfolgsspur. Für Trainer Steffen Baumgart ist das Spiel in Köpenick nicht nur aus diesem Anlass etwas ganz Besonderes.
Gewissen Schwärmereien ist der eher zurückhaltende Fußballtrainer Hansi Flick nicht abgeneigt. Das offenbarte er, als er am Mittwoch im Kölner Grüngürtel aufschlug, um sich ein genaueres Bild zu verschaffen vom dort beheimateten Club: dem 1. FC Köln. Seinen Besuch in der Stadt als Promoter in eigener Sache, der Heim-EM im kommenden Jahr, wusste der Bundestrainer zu nutzen. Nicht nur das Rühren der Werbetrommel stand also auf dem Sightseeing-Programm des Bammentalers, er und sein DFB-Trainerstab trafen sich zum Austausch mit einem weiteren angesehenen Übungsleiter des Landes, Steffen Baumgart. Auch der Trainer des FC ist bisweilen dem Überschwang verbunden. Flicks Erscheinen am Geißbockheim bezeichnete er als „eine Auszeichnung für den ganzen Verein“.
Vielleicht diente diese Aussage auch als artiges Zurückreichen eines Kompliments, denn einen Tag zuvor hatte Flick einen Lobgesang angestimmt auf Baumgart und dessen Herangehensweise beim FC. Baumgart und sein Team hätten es wirklich geschafft, wieder „eine Euphorie reinzubringen und die Fans mitzunehmen. Das kann für uns ein gutes Vorbild sein, wie man die Fans mit begeisterndem Fußball wieder hinter sich bringt“. Allerdings, und das gehört zur Wahrheit dazu, hat die Euphorie zuletzt etwas gelitten, denn in den jüngsten beiden Ligaspielen gab es zwei Niederlagen, ein Tor erzielten die Kölner dabei nicht.
Baumgart wohnt nahe der Alten Försterei
Das soll sich selbstredend ändern, wenn Baumgart mit seiner Gefolgschaft in seine Heimat reist, um sich bei Union Berlin vorzustellen (Samstag, 15.30 Uhr/Sky), bei seinem erklärten Lieblingsverein. Nahe dem Stadion in Köpenick, der Alten Försterei, leben die Baumgarts, wenn sie nicht gerade in Köln leben. Ganz klar, solche Spiele sind immer etwas ganz Besonderes, selbst für einen Trainer, der es schon als Spieler auf allein 225 Bundesligaeinsätze bringt, auch, weil er „die schönste Fußballerzeit bei Union hatte“. Selbst wenn er nur zwei Jahre dort spielte (2002 bis 2004), „war das die prägendste Phase, die ich in meinen 14 Jahren als Fußball-Profi hatte“. Von den Eisernen, noch eine zarte Schwärmerei, spricht er gerne von einer „Familie“.

Bilder von der Karnevalssitzung des 1. FC Köln
„Ja klar“, sagte er am Donnerstag entschlossen, „ein Sieg wäre etwas Besonderes. Unabhängig davon, dass ich in Köpenick zu Hause bin.“ Doch neben aller Folklore geht es für ihn und den FC ja vor allem um sportlichen Ertrag gegen einen Gegner, der seit einem Jahr zu Hause nicht mehr verloren hat. Tatsächlich stehen die Vorzeichen alles andere als günstig für die Kölner. Unions bislang letzte Heimniederlage datiert vom 13. Februar 2022 (0:3 gegen Borussia Dortmund). In dieser Saison sind die Berliner in zehn Heimspielen ohne Niederlage geblieben (sieben Siege, drei Remis). Das ist insbesondere dem Werk des Schweizer Trainers Urs Fischer zuzuschreiben, der seit 2018 bei den Köpenickern so exakt arbeitet wie ein Uhrwerk Swiss Made. Das lässt auch Baumgart nicht unbeeindruckt. Vor seinem Gegenüber hat er große Achtung, denn der habe es geschafft, dass „die Mannschaft seit gut vier Jahren absolut stabil ist. Was ihn auszeichnet, ist, dass er seine Spieler immer dazu bekommt, dass sie jedes Spiel an ihr Limit gehen“, sagte der Kölner Coach und schwärmt: „Die Ergebnisse sind exzellent.“
Minimalisten aus Berlin
Seine eigene Mannschaft, ebenfalls stets am Limit spielend, soll nach zwei Spielen ohne eigenen Treffer wieder mehr Torgefahr entwickeln. Das Spiel bis zum Strafraum erachtete Baumgart zuletzt als „gut gelungen“. Jedoch gibt er zu bedenken, „am Ende sind Tore entscheidend, um Spiele zu gewinnen, und da hapert es derzeit“. Bei allem Offensivgeist, die Basis für den Erfolg soll die Defensive legen. „Erst mal gut verteidigen“, lautet des Trainers Credo, denn bei einem 0:1-Rückstand würde es „extrem schwer“. Vor allem die Ergebnisse in Europa verstärken diesen Eindruck, vier Siege gab es für die Minimalisten aus Berlin in der Gruppenphase der Europa League, bei zwei Niederlagen (beide 0:1), alle endeten mit dem Ergebnis von 1:0. Nach dem Erfolg über Ajax Amsterdam gelang nun der Einzug ins Achtelfinale. Und im Konzert der Liga-Großen winkt sogar die Champions-League-Qualifikation. Mindestens.
Die Kölner, die in bisher sieben Bundesliga-Duellen mit Union lediglich einen Punkt holten, sind davon ein ganzes Stück entfernt. Immerhin ist die Krankheitswelle etwas abgeebbt: Florian Kainz, Benno Schmitz und Denis Huseinbasic stehen wieder zur Verfügung. Ob Kingsley Schindler spielfit wird, steht noch nicht fest. Wohl aber, dass der bereits aussortierte Dimitrios Limnios nach seinem Kreuzbandriss und langer Pause wieder dem Kader angehört (Baumgart: „Das hat er sich verdient“).
Der „Schwere der Aufgabe“ in seiner Heimat ist sich Baumgart bewusst, „sie arbeiten sehr aggressiv – in beide Richtungen“, sagte er, allerdings sieht er in den Abläufen der Hauptstädter „nichts Besonderes, nichts Wildes. Man rechnet ja immer damit, dass deren Knick nach unten geht. Aber der Knick geht immer nach oben“. Vor allem daheim. Dass sie lange nicht verloren hätten, heiße ja nicht, sagte Baumgart aber auch, „dass sie nicht verlieren können“.