“Ich werde Spieler enttäuschen müssen“ FC-Trainer Steffen Baumgart muss den Kader verkleinern
Köln · FC-Trainer Steffen Baumgart hat angekündigt, den Kader verkleinern zu wollen. Nach den Auftritten seines Teams in der Vorbereitung wird ihm diese Entscheidung nicht leicht fallen.
Die Stimme hatte offenbar ordentlich gelitten. Als FC-Trainer Steffen Baumgart am Sonntagnachmittag nach dem 2:0-Erfolg des 1. FC Köln über die Kickers Offenbach vor das Mikrofon trat, waren ihm die Spuren des Wochenendes deutlich anzumerken. „Vielleicht sind zwei Spiele für meine Stimme nicht so gut“, sagte der 50-Jährige. Die zwei Spiele waren auf jeden Fall gut, um wichtige Erkenntnisse zu sammeln. Denn in Köln stehen Personal-Entscheidungen an. Schon in der vergangenen Woche hatte der Trainer angekündigt, den Kader verkleinern zu wollen. Mit mehr als 30 Spielern wie im Trainingslager will Baumgart nicht mehr auf dem Trainingsplatz stehen. Nun wird der Kader zusammengestrichen. Bereits in 14 Tagen steht das erste Pflichtspiel in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen Jahn Regensburg auf dem Programm. 24 Spieler soll der Kader dann umfassen.
Keine leichte Aufgabe für die Kölner Verantwortlichen. „Es wird mir schwer fallen, überhaupt einen Kader hinzukriegen – weil ich mir sicher bin, dass ich den einen oder anderen enttäuschen muss, obwohl er es nicht verdient hat“, sagte Baumgart. „Das ist im Moment mein Problem.“ Nicht gerade ein kleines Problem, denn die bisherigen Vorbereitungsspiele nutzten zahlreiche Spieler, um Eigenwerbung zu betreiben. Alleine das Angebot im Angriff ist beeindruckend. Nachdem es beim FC in der Spielzeit 2020/21 gerade im Angriff haperte, war der Kölner Sturm im vergangenen Jahr das Prunkstück – wenn auch mit Anthony Modeste eher eine One-Man-Show. Auch deswegen setzt Baumgart nun auf die volle Offensivkraft, hat mit Modeste, Sargis Adamyan, Steffen Tigges, Tim Lemperle, Florian Dietz und Sebastian Andersson insgesamt sechs etatmäßige Stürmer in seinen Reihen und somit die Qual der Wahl.
Andersson, vor zwei Jahren als Hoffnungsträger geholt, konnte bislang als einziger Stürmer nicht überzeugen, fehlte sogar im Aufgebot gegen den AC Mailand. Ein deutliches Zeichen. Zwar war der Schwede gegen den Regionalligisten aus Offenbach wieder dabei, konnte sich aber nicht in Szene setzen. Youngster Dietz erzielte zwei Treffer, Lemperle war ebenfalls erfolgreich – beide zeigten insgesamt sehr starke Leistungen. Baumgart sieht Adamyan neben Modeste als zweite Sturmspitze, betonte dem „Express“ gegenüber aber zuletzt, dass dem Armenier „vom Körperlichen noch einiges fehlt.“ Wie wichtig aber Modeste für das Kölner Spiel ist, zeigte die Begegnung gegen den italienischen Meister. Der Franzose kam nicht nur zu mehreren guten Gelegenheiten, der 34-Jährige sorgte unter anderem im Zentrum für starke Spielverlagerungen und arbeitete immer wieder mit zurück. Zudem ist nach wie vor das Spielsystem auf Modeste zugeschnitten. Ein Verlust des Franzosen wäre in seiner aktuellen körperlichen Verfassung schmerzhaft.

Diese FC-Spieler machten bislang auf sich aufmerksam
Wie schwer Baumgart der Umgang mit dem Rotstift fallen dürfte, zeigt auch das stark besetzte Mittelfeld. Nominell verfügen die Geißböcke über 13 Mittelfeldakteure. Zu viel für den 24-Mann-Kader. Vor allem, wenn Ellyes Skhiri dem FC erhalten bleiben sollte. Auch der Tunesier ist eine feste Säule im Kölner Spiel. Neuzugang Eric Martel ließ sein Talent schon mehrfach aufblitzen, ein Eins-zu-eins-Ersatz für Salih Özcan ist der Mittelfeldspieler aber genauso wenig wie Denis Huseinbasic. Für den 21-Jährigen ist eine Leihe wahrscheinlich. Auch Linton Maina zeigte in Ansätzen, warum der FC den 23-Jährigen verpflichtet hat. Maina bildete in den Testspielen gemeinsam mit dem starken Kingsley Ehizibue ein harmonierendes Duo über die Außen. Der Offensivmann bringt eine enorme Geschwindigkeit mit und ist sehr ballsicher. Maina hat mit Spielern wie Jan Thielmann und Florian Kainz aber auch starke Konkurrenz. Schwer wird es dagegen Ondrej Duda haben, der sich bislang nicht zeigen konnte. Niklas Hauptmann und Dimitrios Limnios spielen in den Planungen von Steffen Baumgart wohl keine Rolle mehr.
In der Verteidigung sah es bereits so aus, als habe man mit Bright Arrey-Mbi einen ersten Abgang fest eingeplant. Dem Innenverteidiger hatten die Kölner Verantwortlichen offenbar signalisiert, dass er nicht viel Einsatzzeit erhalten werde. Doch der 19-Jährige machte seine Sache gut, könnte in der Innenverteidigung eine echte Alternative zu Luca Kilian werden. Auch Neuzugang Kristian Pedersen überzeugte in der Vorbereitung. Der Däne ist nicht nur im Zweikampfverhalten kompromisslos, Pedersen suchte immer wieder seinen Weg in das gegnerische letzte Drittel und versuchte durch starke Hereingaben die Stürmer in Position zu bringen. „Wir haben mit Kristian auf der linken Seite jemanden, der Jonas Hector nicht nur ersetzen kann, sondern eine adäquate Alternative ist“, sagte Baumgart.
Der Trainer hat also die Qual der Wahl. Marvin Schwäbe, Timo Hübers, Jonas Hector, Ellyes Skhiri und Anthony Modeste dürften sicher gesetzt sein. Dahinter hat der Kampf um die Stammplätze begonnen. Und der ist hart, denn an den Spieltagen muss der Kader erneut verkleinert werden. „Wir haben gesagt, dass wir einen breiten Kader aufstellen, kein A- und B-Team haben. Es werden alle wichtig sein“, betonte aber Baumgart. „Wir können im Laufe der Saison dem einen oder anderen eine Ruhepause gönnen.“ Am trainingsfreien Montag galt das auch für Baumgarts Stimme.