Der 1. FC Köln geht in die Isolation Hier bezieht der 1. FC Köln bald sein Quarantäne-Trainingslager
Bonn · Der gesamte Tross des 1. FC Köln bezieht sein Quarantäne-Trainingslager in einem Luxushotel in Bensberg – in aller Ruhe und Abgeschiedenheit. Die Isolation im Schloss hat auch gute Seiten, meint Trainer Friedhelm Funkel
Diejenigen, die schon einmal über den Berg wollten, werden sich mit einigem Grauen daran erinnern. An Qualen und Schweiß. Durchgerüttelt und durchgeschüttelt werden die Radfahr-Spezialisten auf ihrem Höllenritt. Nein, den Blick für die Schönheit der Umgebung werden die Pedaleure nicht haben, wenn sie über das berüchtigte Kopfsteinpflaster rauf zum Bensberger Schloss strampeln. Dass droben einst Johann Wolfgang von Goethe seinen Panoramablick bewundernd schweifen ließ von dieser exponierten Lage auf der Bensberger Bergterrasse ins einige Kilometer entfernte Köln mit seinem Dom, wird die wenigsten von ihnen interessieren. Zumindest in diesen Minuten des Schindens bei dem Radklassiker „Rund um Köln“.
Kein Kontakt zur Familie
Die Profis des 1. FC Köln hingegen dürften bald einen genaueren Blick werfen auf das Schloss. Mehr noch, sie werden es von innen betrachten können, denn ab Dienstag wird die Mannschaft samt Gefolge Quartier beziehen in jenem Schloss, das seit der Jahrtausendwende als Grandhotel betrieben wird. Gerade allerdings, in Zeiten der Pandemie, hält sich der Betrieb in diesem Fünf-Sterne-Palast doch arg zurück. Vorübergehend geschlossen. Keine Gäste, außer jenen, die der FC zum Check-in schicken darf.
Bereits seit dem vergangenen Montag befinden sich Spieler, Trainerteam, Teile des Stabs sowie Sportchef Horst Heldt in Quasi-Quarantäne. Kontakte mit der Außenwelt sind dem FC-Team somit lediglich im Trainingsbetrieb möglich, die übrige Zeit verbringt es im familiären Umfeld daheim. Friedhelm Funkel stimmt allen Vorsichtsmaßnahmen uneingeschränkt zu, somit auch den sogenannten Quarantäne-Trainingslagern, die die Deutsche Fußball-Liga (DFL) ab dem 12. Mai vorgeschrieben hat, um den Spielbetrieb der Bundesliga an den letzten beiden Spieltagen der Saison zu sichern. „Wenn diese Maßnahmen helfen“, sagte der FC-Trainer, „dann machen wir das natürlich. Wir alle müssen, auch wenn es schwerfällt, auf unsere Familien verzichten. Das gehört in diesem Fall zu unserem Job.“
Funkel wollte raus aus Köln

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Die Kölner Combo wird also bis zum abschließenden Heimspiel gegen Schalke 04 am 22. Mai in der Schlossstadt vor den Toren Kölns verweilen – und wie der große Dichterfürst den Ausblick genießen können. Doch nicht nur der hat Funkel dazu animiert, im Schloss zu residieren. Der 67-Jährige wollte „unbedingt, dass wir ein Stück weit raus sind aus Köln, wo nicht viel los ist, wo wir an die frische Luft gehen können, ohne dass wir anderen Leuten begegnen“. Das ist im abgeriegelten Umfeld des historischen Jagdschlosses im Barockstil möglich. Ob ausgedehnte Spaziergänge, ob Freizeitgestaltung an der frischen Luft – dazu bietet sich der weitläufige Garten geradezu an. Ein Refugium der Luxusklasse, das dabei helfen soll, an den restlichen zwei Spieltagen im Kampf um den Klassenverbleib zu bestehen. Die Enge im Herzen Kölns, wo der FC im Mai 2020 sein erstes quarantäneähnliches Trainingslager im Dorint-Hotel am Heumarkt bezogen hatte, scheint dafür nicht geeignet.
Doch aller Glanz in Bensberg wäre nicht von Wert, würden die gebotenen Hygienemaßnahmen nicht greifen. Schon seit Wochen werden entsprechende Vorkehrungen getroffen, um die Sicherheit aller zu gewährleisten. Selbstredend auch die des FC-Trosses, der einen „großen Bereich des Hotels bewohnen wird“, wie General Manager Matthias Kienzle dem GA sagte. „Wir sehen es als Privileg an“, betonte er, „die Mannschaft des 1. FC Köln in unserem Haus zu unterstützen.“ Auch finanziell soll das Hotel dem Club sehr entgegengekommen sein.
Ruhe und Erholung im Bergischen also. Den holprigen Anstieg des Schlossbergs werden die FC-Profis dann auch nicht per Fahrrad oder gar per pedes zurücklegen. Sie werden gefahren von zwei Bussen, die sie täglich von ihrer vornehmen Übergangsunterkunft nach Köln zum Training ans Geißbockheim bringen. 30 Kilometer hin, 30 Kilometer zurück. Kontakt zur Familie: verboten. Eine Isolation ist nie freundlich. Auch nicht in edlem Ambiente. Der Verein tue alles, sagt Torhüter Timo Horn, dass „wir die bestmöglichen Bedingungen haben und dass die Zeit so angenehm wie möglich wird. Wir müssen die Saison zu Ende spielen. Darum geht es“.
Der Testaufwand bleibt auch in den zehn Tagen in Bergisch Gladbach hoch: Zweimal in der Woche unterzieht sich jeder der Köln-Kolonne einem PCR-, zudem täglich einem Antigen-Schnelltest. Daneben jedoch gibt es genügend Raum für Freizeitaktivitäten, den die Schlossbewohner aus Köln nutzen wollen. Kickertisch, Billardtisch, Dartscheibe – die große Langeweile soll vermieden werden. „Wir lassen keinen Lagerkoller aufkommen“, sagt Funkel bestimmt, der in der unfreiwilligen Abkapselung aber auch einen Nutzen erkennt. „Ich habe noch mehr Zeit, um mit den Spielern Gespräche zu führen. Und unser Zusammenhalt ist richtig gut. Dieses Gefühl wollen wir in der Quarantäne festigen.“
Ob sie dort in den Genuss edler Speisen kommen werden, steht nicht fest. Immerhin tischt im Restaurant Vendôme Drei-Sterne-Koch Joachim Wissler kulinarische Kunstwerke auf. „Wir brauchen keine Haute Cuisine oder Luxus“, sagte Horst Heldt dazu dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Herkömmliche Sportlernahrung reicht ja auch. Ein Goethe’scher Genuss wäre dem großen Ziel auch kaum zuträglich. Vor allem, wenn man nicht mit dem Fahrrad kommt.