Zu viele Aussetzer Darum gerät die FC-Abwehr oft in große Not

Köln · Nur einen Sieg aus fünf Pflichtspielen hat der FC zuletzt eingefahren. Die Häufung der Fehler gerät dabei zum Problem.

 Steckt gerade in einer schwierigen Phase: Das Kölner Abwehrduo Luca Kilian (Mitte) und Timo Hübers (rechts), hier gegen Fehérvár.

Steckt gerade in einer schwierigen Phase: Das Kölner Abwehrduo Luca Kilian (Mitte) und Timo Hübers (rechts), hier gegen Fehérvár.

Foto: dpa/Marton Monus

Als in der Winterpause der vergangenen Saison Rafael Czichos den Abflug über den großen Teich machte, schien die Sorge nicht unbegründet, dass nun ein Abwehrproblem dem 1. FC Köln zu schaffen machen könnte. Der Abwehrchef hatte den Verein verlassen und sich dem US-Club Chicago Fire angeschlossen. Die Alternativen, auf die Steffen Baumgart zurückgreife konnte, waren rar gesät, zumal sich anschließend auch Sava Cestic vom FC verabschiedete. Sorgen aber, so denkt Baumgart in Bezug auf seine Mannschaft, muss er sich keine machen. Er vertraut dem Kader, der ihm bleibt, weil er glaubt, die einzelnen Spieler immer weiterentwickeln, besser machen zu können. Also ließ der FC-Trainer die vorhandenen Innenverteidiger ran: Timo Hübers und Luca Kilian. Als sogenannten Backup verpflichtete der FC lediglich Jeff Chabot, der von Sampdoria Genua kam.

Es war ein Wagnis, in dieser Konstellation in die Rückrunde zu starten, denn ansonsten stand als Ersatz-Innenverteidiger lediglich Linksverteidiger Jannes Horn und – zur größten Not – Rechtsverteidiger Kingsley Ehizibue bereit. Das eingegangene Risiko, wenn es denn eines war, sollte sich lohnen: Das Duo Hübers/Kilian verrichtete seinen Auftrag zur Zufriedenheit aller. In den 17 Rückrundenspielen der vergangenen Saison gab es nur zweimal eine andere Abwehr-Zusammenstellung, beide Male rückte Chabot an die Seite Kilians.

Kilian mit schwacher Vorbereitung

Es war eine stabile Verbindung, die da bei FC entstanden war. Umso mehr überraschte es, als kurz vor dem Saisonstart im Sommer deutlich wurde, dass diese vorerst aufgelöst werden sollte. Chabot hatte von einer eher schwachen Vorbereitung Kilians profitiert und war zum Saisonauftakt gegen Schalke (3:1) in die erste Elf gerückt. Allerdings nicht für den früheren Mainzer Kilian, sondern anstelle Hübers‘, der sich in der vorangegangenen Pokal-Partie in Regensburg verletzt hatte. Das war Kilians Glück, denn Coach Baumgart hatte ihn zuvor schon angezählt, wollte eigentlich das Duo Hübers/Chabot spielen lassen. Dass Kilian dann doch seinen Stammplatz aus der vergangenen Saison zurückeroberte, hatte er dann einer Verletzung Chabots zu verdanken, so dass er seitdem wieder das alte Gespann mit Hübers bildet.

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Foto: dpa/Marius Becker

Es ist zwar das bekannte Pärchen, das nun in der Zentrale den Widerstand bildet, aber es sind unbekannte Schwächen, die es dabei begleitet. Zwar spielt auch Hübers nicht fehlerfrei, wirkte aber zuletzt weitaus stabiler als sein Nebenmann. Der wackelte in den zurückliegenden Wochen bedenklich. Schon beim 3:2-Erfolg gegen Augsburg sah er bei beiden Gegentoren nicht gut aus, das erste geht sogar recht deutlich auf seine Kappe, als er bei einem eher beliebigen langen Ball des FCA zunächst schlecht stand und dann im Zweikampf mit Torschütze Florian Niederlechner den Kürzeren zog. Zuvor waren ihm schon gegen den 1. FC Slovacko und Partizan Belgrad folgenschwere Fehler unterlaufen.

Erst einen Elfmeter verschuldet, dann Gelb-Rot gesehen

So langsam entwickelt sich der gebürtige Wittener zum Sorgenkind beim FC. Denn auch sein Abwehrverhalten vor dem Mainzer Elfmeter zum 0:1 am vergangenen Spieltag war erschreckend naiv. Dass Kilian dann später ein überflüssiges Foul an der Mittellinie beging, das eine Gelb-Rote Karte nach sich zog, war dann doch der Patzer zu viel und für die Kölner Mannschaft nicht aufzufangen. Das sieht auch sein Mentor Baumgart, der mit ihn schon beim SC Paderborn zusammenarbeitete, nicht anders. Er müsse den Laufweg mit seinem Gegenspieler mitmachen, sagte Baumgart zu der Szene beim heftigen 0:5 gegen Mainz 05, „anstatt in den Körper zu gehen. Es ist ärgerlich, weil es nicht das erste Mal passiert“. Stimmt. Bereits bei der 0:1-Niederlage gegen Union Berlin musste er nach einem ähnlichen Vergehen, mit der Ampelkarte bedacht, vom Platz.

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Die Misere mit den vielen Auf und Abs der vergangenen Wochen und zuletzt nur einem Sieg aus fünf Pflichtspielen nur den individuellen Fehlern eines Einzelnen zuzuschreiben, wäre natürlich zu kurz gegriffen. Denn auch diese sollten keine zwei Pleiten in der Bundesliga mit jeweils fünf Gegentoren (2:5 in Gladbach, 0:5 in Mainz) nach sich ziehen. Doch sie haben eben auch entscheiden Anteil an den deutlichen Niederlagen, weil der FC in Unterzahl hilflos weiter den Weg des permanenten Anrennens und nach vorn wählt. Die einzelnen Mannschafsteile ziehen sich auseinander wie ein Schifferklavier, die Balance geht verloren, dafür entstehen Löcher, die zu groß zum Stopfen sind. Zwar rangiert der FC in der Tabelle mit 16 Punkten auf einem beruhigenden zehnten Platz, doch auf den zweiten Blick sollten bei bislang 22 Gegentoren die Alarmglocken schon leise läuten. Mit Leverkusen (23), Bochum (28) und Schalke (26) haben nur drei Teams mehr Treffer kassiert; alle drei sind im Tableau hinter den Kölnern platziert, zwei davon auf einem direkten Abstiegsrang.

Fakt ist: 15 Gegentreffer in den vergangenen fünf Pflichtspielen (drei im Schnitt pro Spiel) sind zu viel, um beruhigt in die nächsten Wochen zu gehen. Dabei stand sich die Mannschaft meistens selbst im Weg. „Wir haben schon viele Fehler in dieser Saison gemacht“, sagte Thomas Kessler. „Wir wissen, dass unsere Mannschaft nicht fehlerfrei ist. Wir haben aber auch schon 16 Punkte geholt, das für das Kollektiv spricht. Es geht darum, dass wir in den nächsten Wochen die richtigen Schlüsse daraus ziehen werden.“ Daraus folgerte der FC-Lizenzspieler-Chef nach dem Mainz-Debakel, dass „wir nicht in der Lage sind, ein Bundesligaspiel zu gewinnen, wenn wir derart viele Fehler in der Summe machen“.

Baumgart fordert Steigerung der Defensive

Es ist gerade ein verhängnisvoller Mix aus persönlichen Unzulänglichkeiten einerseits und, andererseits, einem nicht ganz stimmigen Gefüge, das eine mitunter fehlende Abstimmung erkennen lässt. Auch und vor allem beim Abwehr-Pärchen Kilian/Hübers. Baumgart nimmt die Mannschaft in die Pflicht, sagte nach der Mainz-Partie mit all den FC-Aussetzern: „Jeder von uns hat zu viele Fehler gemacht, die du in der Bundesliga nicht machen darfst. Sonst gehst du unter.“

Die kölsche Fehler-Problematik zieht sich wie ein roter Faden durch die bisherige Spielzeit. Und auch in Europa wurde der Faden bislang nicht durchtrennt. Gegen Partizan Belgrad kassierten die Kölner zuletzt zwei Niederlagen und drei Gegentreffer (0:1, 0:2). Am Donnerstag im Rückspiel beim 1. FC Slovacko (18.45 Uhr/RTL+) stellt Baumgart daher eine deutliche Forderung an sein Team: „Wir müssen besser und klarer verteidigen“. Ob er in der Abwehr rotiert, ließ er noch offen.

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