„Positiver Effekt“ Darum ist das Karnevalstrikot für den 1. FC Köln so wichtig

Köln · Pünktlich zu Sessionsbeginn hat der 1. FC Köln sein neues Karnevalstrikot vorgestellt. Für die Fans ein begehrtes Accessoire, für den Verein eine hübsche Einnahmequelle. Gegenüber dem GA äußerte sich FC-Finanzboss Alexander Wehrle.

1. FC Köln: Darum ist das Karnevalstrikot so wichtig
Foto: 1. FC Köln

Der Karnevalsauftakt des vergangenen Jahres dürfte in Erinnerung geblieben sein: Zum Höhepunkt des Kölner Brauchtums war auch der 1. FC Köln nicht wiederzuerkennen. Dem selbsternannten Karnevalsverein fehlten die Lorbeeren, mit denen er sich hätte schmücken können. Die Kölner warteten seit 17 Spielen auf einen Bundesligasieg. Dazu zerrte das Coronavirus weiter an den Finanzen des Vereins. Ausgerechnet ein Kleidungsstück sorgte zu diesem Zeitpunkt rund um das Geißbockheim für einen Hauch von guter Laune. „Natürlich macht es uns stolz, wenn wir feststellen, dass es unseren Fans gefällt und wir den Nerv der Zeit treffen“, blickt FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle auf den Verkaufsstart des damaligen Karnevalstrikots zurück.

Es war der erfolgreichste Verkaufsstart aller bisherigen Karnevalstrikots. Trotz der sportlichen Talfahrt, den steigenden Infektionszahlen und der Absage des Straßenkarnevals. Das Zeichen war klar: In Köln lässt sich niemand so schnell unterkriegen. Auch habe der Verein ein Zeichen für die Tradition setzen wollen, so der Geschäftsführer.

Wichtiger Wirtschaftsfaktor

Tradition schafft Zugehörigkeit. Ein selbstverstärkender Effekt, der spezielle Trikotverkäufe wie den zum Sessionsstart unterstützt: „Fans zeigen ihre Zuneigung zu einem bestimmten Club in der Regel dadurch, dass sie ihrer sozialen Umwelt zeigen, wer sie sind und wer sie nicht sind“, sagt Professor Sebastian Uhrich von der Deutschen Sporthochschule Köln. „Und so ein Trikot zu tragen, ist ein ganz markanter Weg zu signalisieren, wo man sich selber zugehörig fühlt, wofür man steht, womit man assoziiert werden will.“ Nicht umsonst verkauft sich das FC-Karnevalstrikot deutschlandweit am besten in Köln.

Trikots gehören seit Jahren zu den am meist gekauften Merchandising-Artikeln im deutschen Profifußball. 2018 ergab eine Umfrage der Wirtschaftsagentur Deloitte unter 1250 Befragten, dass 73 Prozent aller Fußballfans ein Trikot ihres Lieblingsvereins besitzen. 58 Prozent der Befragten haben einen Schal, 34% eine Mütze ihres Vereins. War der Verkauf des Karnevalstrikots im vergangenen Jahr also so etwas wie der Retter in der Not? „Das Karnevalstrikot ist immer etwas Besonderes und reiht sich bei den Verkäufen in der Regel auf Platz zwei aller Trikots einer Saison ein“, beschreibt Wehrle den Stellenwert. Vor allem durch die Geisterspiele sei die vergangene Saison von „starken Umsatzverlusten geprägt“ gewesen. Bis zum Ende der aktuellen Saison könnten dem FC 80 Millionen Euro fehlen. Auch deshalb meint Wehrle, „hatten die guten Verkaufszahlen einen positiven, wenn auch im Verhältnis eher kleineren positiven Effekt.“

Anhängigkeit von Medienerlösen deutlich größer

Dass Einnahmen aus dem Merchandising, wozu auch Trikotverkäufe gezählt werden, zu den wichtigsten Einnahmequellen von Fußballvereinen gehören, zeigte der Transfer von Superstar Cristiano Ronaldo. Schon kurz nach dem Transfer des Portugiesen zu Juventus Turin sollen im Jahr 2018 Trikoterlöse im mittleren zweistelligen Millionenbereich erwirtschaftet worden sein. Fehlt dieser Superstar jedoch, spielen Trikotverkäufe bei der Finanzierung eines Vereins auch in den Augen von Professor Uhrich eher eine untergeordnete Rolle. „Insgesamt ist es eine wichtige Säule mit spitzen Umsatzspitzen.“ Zum Beispiel wie der Transfer von Ronaldo. „Oder ich habe ein Karnevalstrikot, wo ich bedeutende Episoden habe“, so Uhrich. „Aber wenn man sich die gesamten Umsätze eines Clubs anschaut, dann würde ich nicht von einer hervorgehobenen Rolle von Trikots sprechen.“

Zu groß ist die Abhängigkeit der Fußballvereine von Medienerlösen und den Zuschauereinnahmen. Wenn diese weg brechen, helfen verkaufte Trikots nur noch bedingt: Der 1. FC Köln kassiert in der aktuellen Saison knapp 47 Millionen Euro aus dem Verkauf der Medienrechte von der Deutschen Fußball Liga (DFL). Durch fehlende Zuschauereinnahmen entgingen dem FC in den zwei vergangenen Spielzeiten zweistellige Millionenbeträge. Zum Vergleich: alleine der Spieleretat der vergangenen Saison lag bei rund 50 Millionen Euro.

„Ich sehe eher die Kapitalausstattung und die finanzielle Situation der Klubs mit denen sie in die Pandemie reingegangen sind als Treiber, weswegen manche besser durchgekommen sind, als andere“, so Uhrich. Schließlich habe die gute Eigenkapitalausstattung des FC geholfen, nicht sofort an die Existenzgrenze zu geraten.

Zwei Sondertrikots erlaubt

Die Grenzen zur wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit sind mittlerweile in die Ferne gerückt. Zum Derby gegen Leverkusen konnte das Müngersdorfer Stadion mit 50 000 Zuschauern wieder voll ausgelastet werden. Und nun, zwei Spieltage später, steht der nächste Sessionsstart vor der Tür. Vor dem Spiel gegen Union Berlin hat der FC dafür sein neues Karnevalstrikot vorgestellt. Dieses lag zu Beginn der Saison der DFL vor. Laut den Richtlinien für Spielkleidung und Ausrüstung der Liga können pro Verein zwei Sondertrikots in einer Saison zugelassen werden. Und wie im vergangenen Jahr dürfte das Kölner Karnevalstrikot genauso in diesem Jahr für gute Laune sorgen – auch und gerade, weil die Vorzeichen andere sind.

Dazu trägt auch die aufgenähte Clowns-Fliege am Kragen des farbig gepunkteten Trikots bei, die zu sagen scheint: Häufig ist es dann doch besser, als es auf den ersten Blick aussieht.

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