Dritte Neuverpflichtung Deswegen funktioniert Steffen Tigges beim 1. FC Köln

Analyse | Köln · Mit Steffen Tigges hat der 1. FC Köln den dritten Neuzugang für die kommende Spielzeit verpflichtet. Der Angreifer kann bislang „nur“ auf neun Erstliga-Kurzeinsätze zurückblicken. Dennoch wird er den FC verstärken.

1. FC Köln: Darum passt Stürmer Steffen Tigges zum FC
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Die Bilanz der vergangenen Saison ist auf den ersten Blick überschaubar: Neun Einsätze in der Bundesliga, 103 Spielminuten. FC-Neuzugang Steffen Tigges kam in der vergangenen Spielzeit nicht über den Status des Jokers beim BVB hinaus. Die Frage, ob der Angreifer dem FC also ad hoc weiterhelfen kann, ist durchaus legitim. Zumal sich Tigges seit März mit den Folgen eines Verrenkungsbruchs rumschlägt und wohl frühestens im Trainingslager in Donaueschingen den Kölnern zur Verfügung stehen wird. Dennoch haben die Kölner Verantwortlichen dem Vernehmen nach rund 1,5 Millionen Euro an den BVB als Ablöse überwiesen. Und es können weitere Boni anfallen. Viel Geld für einen Club, der eigentlich einen strengen Sparkurs eingeschlagen hat und auf Transfereinnahmen angewiesen ist. Die sollten eigentlich im zweistelligen Bereich liegen. Nach dem Verkauf von Salih Özcan belaufen sie sich aber auf rund fünf Millionen Euro. Angebote für vermeintliche Transferkandidaten lassen offenbar bislang auf sich warten.

Und doch war den Kölner Verantwortlichen der 23-jährige Tigges die Ausgaben und damit auch ein gewisses finanzielles Risiko wert. Das ist kein Wunder. Die 103 Einsatzminuten in neun Spielen sind nämlich nur ein Teil der Wahrheit. Tigges erzielte in den wenigen Einsätzen gleich drei Tore, eins gegen der FC. Im Schnitt traf Tigges in der Bundesliga also alle 34 Minuten. Einzig Delano Burgzorg kommt für den FSV Mainz in der Bundesliga auf einen besseren Wert. Zugegeben, bei neun Einsätzen mit 103 Spielminuten ist die Datenbasis dünn, große Anlaufschwierigkeiten scheint der Angreifer vor dem Tor jedenfalls nicht zu haben. Das zeigen auch die Werte der vorletzten Saison, als Tigges noch als Kapitän der Dortmunder Zweitvertretung in der Regionalliga West auf Torejagd ging. 22 Tore erzielte der Angreifer, bereitete 15 vor. Schon damals feierte er sein Bundesliga- und auch Champions-League-Debüt.

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Und schon damals wurde FC-Trainer Steffen Baumgart auf den Angreifer aufmerksam. Der Kölner Trainer wollte den 23-Jährigen im vergangenen Sommer an den Rhein lotsen, der BVB winkte ab. Baumgart wird nicht nur die Torgefahr des Stürmers besonders ins Auge gefallen sein. Tigges bringt zum einen einige Dinge mit, die dem FC in der Offensive fehlen, auf der anderen Seite verfügt der Angreifer aber auch über Qualitäten, die ihn als Alternative und mittelfristig als Nachfolger zu und von Anthony Modeste machen. Tigges gilt als extrem kopfballstark. In der vergangenen Saison erzielte der Stürmer inklusive der Spiele in der Zweitvertretung sieben Tore, davon vier - wie das Ende Oktober gegen Köln - per Kopf. Steffen Baumgart setzt bekanntermaßen taktisch besonders auf das Flügel- und Flankenspiel. 505 Flanken schlug der FC aus dem Spiel heraus. Kein anderes Team setzt so sehr auf diese taktische Maßnahme. Die TSG Hoffenheim folgt mit knapp 50 Flanken weniger auf Rang zwei (457). Tigges könnte also zu einer Offensivwaffe im Baumgartschen System avancieren.

In den vergangenen Monaten hat der 23-Jährige zudem an seiner Physis gearbeitet: Tigges gilt als robust, soll so als Wandspieler eingesetzt werden. Zwar gehört der 1,93 Meter-Hüne nicht zu den schnellsten Spielern der Liga (in der vergangenen Saison 31 km/h in der Bundesliga gemessen), der gebürtige Osnabrücker ist aber stark im Gegenpressing, sich für keinen Weg zu Schade und sucht das Eins-gegen-eins. Damit eröffnet er Baumgart eine weitere taktische Möglichkeit. „Steffen verfügt über viele wichtige Stürmereigenschaften. Er besitzt Abschlussqualität in der Box, gute Wandspielerfähigkeiten, ein starkes Kopfballspiel und eine gute Spielantizipation. Hinzu kommt seine Bereitschaft zur aggressiven, permanenten Arbeit gegen den Ball“, sagte auch FC-Sportchef Christian Keller über den Neuzugang. Gerade in den direkten Zweikampf gingen die Kölner Offensivspieler in der abgelaufenen Spielzeit nur äußerst ungern. Zudem ist er neben Mark Uth der einzige Linksfuß in der FC-Offensive.

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Diese Auswirkung hat der Tigges-Transfer auf Sebastian Andersson

Ob Tigges mit diesen Qualitäten aber bereits Bundesliga-Qualität hat und sich in der Offensive der Kölner durchsetzen kann, ist absolut offen. Hoffnungen dürfte den Kölner Verantwortlichen Trainer Steffen Baumgart machen. Der Coach hat bewiesen, dass er gerade junge Spieler, von denen er überzeugt ist, weiterentwickeln kann. Baumgart überredete vor einem Jahr unter anderem Salih Özcan zum Verbleib, der Mittelfeldspieler steigerte seinen Marktwert in den zweistelligen Millionenbereich. Luca Kilian wollte Baumgart unbedingt verpflichten, obwohl dieser in Mainz keine Rolle mehr spielte. Der Innenverteidiger wurde zum Stammspieler beim FC, hat seinen Marktwert ebenfalls um ein Vielfaches vergrößert. In Linton Maina und Steffen Tigges sieht Baumgart ebenfalls viel Entwicklungspotenzial. Für die kolportierten 1,5 Millionen Euro Ablöse ist das Risiko, das beide Spieler nicht einschlagen überschaubar. Zumal Maina ablösefrei ans Geißbockheim gewechselt ist. Tigges Marktwert wird ebenfalls auf 1,5 Millionen Euro geschätzt, der von Maina auf 1,8. Beide können unter Baumgart ihren Marktwert enorm in die Höhe treiben.

Und: Die Verpflichtung von Steffen Tigges dürfte auch ein Zeichen für Sebastian Andersson sein. Der Schwede trainiert gerade hart, um in der kommenden Spielzeit noch einmal anzugreifen. Die Frage ist nur wo und für wen. Der Vertrag des Angreifers läuft noch bis 2023, eine Vertragsverlängerung ist aktuell kein Thema. Will der FC noch etwas an dem einstigen 6,5-Millionen-Euro-Mann verdienen, muss er ihn in diesem Sommer ziehen lassen. Köln würde zudem einen Großverdiener von der Gehaltsliste streichen können. Tigges verdient dem Vernehmen nach etwa ein Drittel des Schweden. Auch für Andersson könnte ein Wechsel von Vorteil sein. Mit Tigges, Anthony Modeste und auch Tim Lemperle ist die Konkurrenz groß.

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