Leistungsträger, Nationalspieler, Identifikationsfigur Salih Özcan soll das Gesicht des 1. FC Köln werden

Köln · Salih Özcan hat sich beim 1. FC Köln zum Leistungsträger entwickelt. Kein Wunder, dass der Verein den türkischen Nationalspieler gerne langfristig verpflichten und ihn zur Identifikationsfigur des Clubs machen will.

Mittlerweile ein absoluter Leistungsträger: Salih Özcan.

Mittlerweile ein absoluter Leistungsträger: Salih Özcan.

Foto: Herbert Bucco

Eine gute halbe Stunde stand Salih Özcan am vergangenen Samstag gegen den FSV Mainz auf dem Platz. Doch die 30 Minuten reichten vollkommen aus. Sie reichten aus, um den 0:2-Rückstand in einen 3:2-Erfolg der Kölner zu drehen. Sie reichten aus, um es als Reservist in die „Elf des Tages“ beim Fachmagazin „kicker“ zu schaffen. Und sie reichten aus, um einmal mehr zu beweisen, dass der Leistungsträger der Mannschaft aktuell eben Salih Özcan heißt.

„Man sagt ja immer, dass, wenn man im Urlaub ist, schnell den Fußball vermisst“, sagt Özcan. „Ich hatte einfach Bock drauf.“ Nur war Özcan nicht im Urlaub. Der Sechser war in der vergangenen Woche krank, erst nach einigen Untersuchungen gab der medizinische Stab grünes Licht.

Özcan spielte und zeigte einmal mehr, welche Rolle er aktuell beim FC spielt: eine herausragende. Innerhalb weniger Monate ist der gebürtige Kölner vom Bankdrücker zum Leistungsträger geworden. FC-Trainer Steffen Baumgart betonte zuletzt, er sei für die Mannschaft aktuell sogar „unverzichtbar“. „Es macht mich natürlich glücklich, dass meine Leistung anerkannt wird“, sagt Özcan. „Aber gegen Mainz war das kein Einzelding. Das war die Leistung der ganzen Mannschaft.“

Salih Özcan gehört zu den besten Sechsern

Und doch stach gegen den FSV einmal mehr Özcan mit einer starken Leistung heraus. Jener Özcan, der noch zu Beginn der Saison nicht über die Rolle eines Ergänzungsspielers hinauskam. Damals stellten bereits die ersten Experten seine Entscheidung für den FC infrage. Denn im vergangenen Frühling deutete sich ein Abschied an. Özcan lagen Angebote europäischer Vereine vor, der Abgang aus Köln schien beschlossene Sache. Erst Baumgart überredete ihn zum Verbleib, sprach ihm das Vertrauen aus. „Durch den Trainer ist die Saison so ja erst zustande gekommen“, sagt Özcan. „Er hat mir das nötige Selbstvertrauen gegeben.“

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Foto: Herbert Bucco

Und das zahlt sich extrem auf dem Platz aus. Zunächst vertrat Özcan den verletzten Ellyes Skhiri, jetzt ist der 24-Jährige nicht mehr aus der Startelf wegzudenken. „So viele gute Sechser haben wir nicht“, sagte FC-Trainer Steffen Baumgart noch vor wenigen Wochen in Bezug auf Özcan und eine mögliche Karriere in der deutschen Nationalmannschaft. Nach dem EM-Titel mit der U21 im vergangenen Sommer der nächste logische Schritt. Zumal Özcan im März deutschlandweit zu den besten Zweikämpfern und Passgebern gehörte. Einzig Emre Can und Joshua Kimmich erhielten einen besseren Wert, allerdings bei deutlich weniger Zweikämpfen.

Özcan hat seinen Marktwert verdoppelt

Auch aktuell kommt Özcan auf einen Zweikampfwert von 53 Prozent und bei den Pässen auf 88 Prozent – Topwerte. Auch in Köln ist die Entwicklung bemerkenswert. Özcan hat seinen Marktwert auf sieben Millionen verdoppelt, ist mittlerweile der zweitwertvollste Spieler des Clubs. Kein Wunder, dass nicht nur der DFB auf den Sechser aufmerksam geworden ist. Auch der türkische Verband bekundete sein Interesse. „Vor ein, zwei Monaten hätte noch keiner damit gerechnet, dass mal von der Türkei oder Deutschland die Rede sein würde“, sagt Özcan. „Das ist ja keine Entscheidung, die man einfach so trifft. Ich habe mit Hansi Flick über die Nationalmannschaft gesprochen; er hat mir Zeit eingeräumt. Und ich habe mit Stefan Kuntz gesprochen, der mir auch die Zeit gegeben hat.“

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Letztlich lieferte Kuntz als Trainer der türkischen Nationalmannschaft wohl die besseren Argumente. Özcan entschied sich für die Türkei. Vielleicht auch, weil die beiden mit dem Gewinn der EM einen großen Erfolg feierten. Özcan scheint die Spezies „Kumpel-Trainer“ zu liegen. Das zeigt seine Entwicklung unter Kuntz genauso wie unter Baumgart, den er ebenfalls als Vertrauensperson sieht. „Es ist immer gut, wenn die Beziehung zwischen Trainer und Spieler einfach gut ist“, sagt Özcan. „Man weiß, woran man ist. So entsteht eine Art Familie.“

Vertrauen spielt bei Özcans Entscheidungen offenbar eine große Rolle. Schon im Sommer habe er lange mit seiner Familie gesprochen, als es darum ging, in Köln zu bleiben und auf die Olympischen Spiele zugunsten seiner Karriere beim FC zu verzichten. Jetzt sprach er mit der Familie über seine Zukunft in der Nationalmannschaft. „Sie haben mir gesagt, dass es meine Entscheidung ist, sie aber stolz sind, dass ich überhaupt so weit gekommen bin.“

In Köln will man den Sechser unbedingt behalten. „Wir wollen als Club ein guter Partner für unsere Spieler sein. Salih muss die Entscheidung treffen, ob er den nächsten Schritt beim FC gehen möchte und hier der Faktor sein will, den wir ihm anbieten“, sagte zuletzt Thomas Kessler, Leiter der Lizenzspielerabteilung. „Salih hat hier alle Möglichkeiten, langfristig ein Eckpfeiler des Teams und ein Gesicht des Clubs zu werden. Er verkörpert vieles von dem, was den FC ausmacht.“ Zur Not will man sogar besonders tief in die Tasche greifen.

Özcan hat über seine Zukunft noch nicht entschieden, will sich erst nach der Saison festlegen. Aber: „Ich bin in Köln aufgewachsen, wohne in Köln, bin Kölner durch und durch. Ich bin jetzt schon gefühlt eine Identifikationsfigur.“

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