Gegner-Analyse Diese Gefahren drohen dem 1. FC Köln gegen den VfL Wolfsburg

Analyse | KÖLN · Der 1. FC Köln kann sich den Traum vom Einzug in den Europapokal in der Partie gegen den VfL Wolfsburg erfüllen. Ein Selbstläufer wird das nicht gegen die Niedersachsen, die den Klassenerhalt gesichert haben und befreit aufspielen können.

 Im Hinspiel traf VfL-Torjäger Lukas Nmecha (links) zum 1:0, FC-Schlussmann Marvin Schwäbe (Mitte) blieb ohne Chance. Doch die Kölner drehten das Spiel und gewannen in Wolfsburg mit 3:2.

Im Hinspiel traf VfL-Torjäger Lukas Nmecha (links) zum 1:0, FC-Schlussmann Marvin Schwäbe (Mitte) blieb ohne Chance. Doch die Kölner drehten das Spiel und gewannen in Wolfsburg mit 3:2.

Foto: dpa/Swen Pförtner

Im Fußball wird gerne der Begriff „Absturz“ bemüht. Da reichen manchmal schon einige Niederlagen in Folge, und der betroffene Verein ist dem Niedergang geweiht. Beim VfL Wolfsburg jedoch von einem Absturz zu sprechen, kommt der Sachlage schon sehr nah. Die Niedersachsen hatten sich ja in der vergangenen Saison als Vierter der Bundesliga für die Champions League qualifiziert. Nun, ein knappes Jahr später, haben die „Wölfe“ erst am vergangenen Wochenende den Klassenerhalt perfekt gemacht. Vor der Partie beim 1. FC Köln (Sa., 15.30 Uhr) am 33. und vorletzten Bundesliga-Spieltag der Saison weist die vorzüglich besetzte Mannschaft als 13. für ihre Ansprüche mickrige 38 Punkte auf. Zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr waren es satte 22 Punkte mehr. Die Zielsetzung wurde dann auch im Laufe dieser Spielzeit von einem Platz im europäischen Geschäft hin zum reinen Ligaverbleib heruntergeschraubt.

Nach einer Serie von zwischenzeitlich neun Spielen ohne Sieg, darunter sechs Niederlagen in Folge, war die Gefahrenzone bedrohlich herangerückt. „Es war hart“, sagte Stürmer Jonas Wind, „die Abstiegszone war nah.“ Eine Tatsache, die verwundert, denn dem VfL steht ein sehr teurer Kader zur Verfügung, der aber nicht richtig justiert zu sein scheint. Zwar wurde von den VfL-Verantwortlichen um Manager Jörg Schmadtke als Prämisse ausgerufen, nicht nur fertige, teure Spieler zu integrieren, sondern ebenso die Weiterentwicklung junger Talente anzuschieben. Gleichwohl wurde der Kader im vergangenen Sommer noch einmal für rund 50 Millionen Euro aufgerüstet. Da der Kern des Aufgebots zusammenblieb, waren die Ansprüche in Niedersachsen daher sehr hoch – und wurden enttäuscht. Er sei nicht zufrieden, sagte Herbert Diess kürzlich in einem Gespräch mit der „Wolfsburger Allgemeinen Zeitung“ und den „Wolfsburger Nachrichten“, denn „wir haben eine sehr teure Mannschaft“. Und der Boss von VfL-Sponsor Volkswagen legte noch einen drauf. Er sagte: „Unser Verein gehört zu denen, die in Deutschland mit am besten ausgestattet sind. Dafür sind die Leistungen zu schwach."

Winterzugänge Kruse und Wind schlagen ein

Sie waren sogar derart schwach, dass sich der Verein genötigt sah, im Winter personell noch einmal nachzulegen. Und damit sorgten die Wolfsburger für Aufsehen in der Liga. Ex-Nationalspieler und Lebemann Max Kruse kehrte zurück nach Wolfsburg, wo er 2015/16 schon einmal unter Vertrag stand. Seine Verpflichtung für eine Ablösesumme von fünf Millionen Euro hat sich gelohnt. Der Offensivspieler traf bislang sechsmal (davon zweimal per Elfmeter). Mindestens ähnlich lohnenswert war jedoch die Verpflichtung des Dänen Wind, der für zwölf Millionen Euro vom FC Kopenhagen losgeeist wurde. In allen zwölf Spielen seit seiner Ankunft stand der 1,90-Meter-Hüne, der gleichwohl über eine starke Technik verfügt, in der Anfangsformation unter Trainer Florian Kohfeldt. Dabei erzielte er vier Treffer und ist, wenn man so will, einer der Gewinner unter einer Vielzahl an Verlierern.

Zwar hatte die Saison schon mit einer Panne begonnen, als Wolfsburg wegen eines Wechselfehlers des damaligen Trainers Mark van Bommel in der Partie gegen Regionalligist Preußen Münster nachträglich die Zulassung für die zweite Runde des DFB-Pokals entzogen wurde. Doch nach vier Bundesliga-Siegen hintereinander zum Start unter dem neuen Trainer schien der VfL auf dem richtigen Weg – doch das täuschte. Nach dem 0:2 gegen Freiburg am neunten Spieltag entließ Schmadtke den Niederländer und holte den früheren Bremer Coach Kohfeldt als Ersatz. Aber auch der vermochte es nicht, die mit Könnern wie den Innenverteidigern John Anthony Brooks und Maxence Lacroix, Rechtsverteidiger Ridle Baku, den Mittelfeldspielern Maximilian Arnold, Xaver Schlager und Yannick Gerhardt besetzte Mannschaft in Schwung zu bringen. Auch bedingt durch das Aus in der Champions League wirkte das Team lange verunsichert. Seine Idee von einem mutigen und flexiblen Spiel konnte er zu selten durchsetzen.

Lukas Nmecha sorgt für Gefahr

Immer wieder gab es Rückschläge wie zuletzt das 1:6-Debakel in Dortmund. Auf dieses reagierte der VfL jedoch lobenswert mit einem 5:0-Sieg gegen Mainz, das allerdings durch eine Rote Karte für Niklas Tauer gehandicapt war. Die fünf Treffer erzielten zwei Stürmer: Kruse (3) und Wind. Das zeigt, dass die beiden Winter-Zugänge die Offensive noch einmal aufgewertet haben. Und ganz vorn in der Spitze verfügt Kohfeldt mit Lukas Nmecha über einen wuchtigen, schnellen Spieler, gesegnet mit reichlich Talent. Mit zehn Toren liegt der U21-Europameister in der internen Wertung vorn.

Während Wolfsburg also im Angriff auf ein beinahe „magisches Dreieck“ vertrauen kann, liegen die Probleme hinten: 52 Gegentore sind deutlich zu viel, gerade vor dem Hintergrund der Qualität der Abwehrspieler. Lange bildeten Lacroix, Brooks und Sebastiaan Bornauw die Dreierkette, nach dem 1:6 beim BVB stellte Kohfeldt auf Viererkette um, setzte auf den Außenverteidiger-Positionen auf Jerome Roussillon (links) und Baku, zentral auf Brooks sowie Bornauw. Doch nun droht der frühere Kölner auszufallen für die Partie bei seinem Ex-Club in Müngersdorf. Er leidet unter einer schweren Rückenprellung.

Baumgart: Wolfsburg mit hoher individueller Qualität

Oftmals spielt bei Erfolg oder Misserfolg ja nicht die Auf-, sondern die Einstellung eine sehr entscheidende Rolle. Auffallend ist jedenfalls, dass die Wolfsburger in puncto Laufaufwand nicht an die Spitzenwerte der Liga heranreichen. So ist der VfL etwa bei der Laufdistanz Letzter der Liga: Die Spieler legen insgesamt 3555 Kilometer zurück. Zum Vergleich: Die Kölner kommen auf 3739,7 Kilometer, also fast 200 mehr. Auch bei den Sprints (11. Platz) und den intensiven Läufen (14.) landen die Wolfsburger in der unteren Hälfte des Tableaus.

Dass die Kohfeldt-Elf nach dem feststehenden Klassenerhalt nun einen lockeren Betriebsausflug nach Köln plant, daran glaubt Steffen Baumgart nicht. Es werde immer viel erzählt, sagt der FC-Trainer, dass es für „einige Mannschaften angeblich um nichts mehr geht. Ich sehe das anders, weil ich selbst diese Spiele gemacht habe. Es geht darum, sich vor 50 000 Zuschauern zu präsentieren“. Die Mannschaft des VfL sieht er als unter Wert verkauft. „Es sind viele erfahrene Spieler im Kader der Wolfsburger, mit einer hohen individuellen Qualität, die sicherlich nicht hierhinkommen, um Spalier zu stehen. Diese Jungs werden alles raushauen“, sagt Baumgart und glaubt sie in der Lage, „jeden zu schlagen“. Selbst wenn die bisherigen Resultate des VfL „durchwachsen“ waren, wisse man, „was auf uns zukommt. Sie werden mit Sicherheit nichts herschenken“.

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