Analyse Das erwartet den FC gegen Greuther Fürth

Analyse | Köln · In der Partie beim Tabellenletzten SpVgg Greuther Fürth erwartet den 1. FC Köln eine lösbare Aufgabe. Vorsicht ist dennoch geboten. Denn der Aufsteiger hat sich in der Rückrunde stabilisiert – und einige Punkte gesammelt.

 Zwei Treffer gelangen Ellyes Skhiri beim 3:1-Erfolg im Hinspiel gegen Aufsteiger Greuther Fürth.

Zwei Treffer gelangen Ellyes Skhiri beim 3:1-Erfolg im Hinspiel gegen Aufsteiger Greuther Fürth.

Foto: dpa/Marius Becker

Ein wenig Frust war da wohl auch im Spiel. Denn der zwischenzeitliche Spielstand war aus dem Selbstverständnis der Bayern heraus nicht zu ertragen. Null zu eins hieß es kurz vor der Pause im Heimspiel gegen die SpVgg Greuther Fürth. Noch kein Treffer für den turmhohen Favoriten aus München, noch kein Treffer von Robert Lewandowski, von jenem also, der immer trifft. Die 45. Minute lief, und die mutigen Fürther hatten die Bayern bis dahin mächtige geärgert, als Lewandowski sein Sturm-Pendant Branimir Hrgota am Fuß traf. Die Folge für den Polen: Gelb. Lewandowski zischte und zeterte. Die Stimmung bei dem Polen war nicht nur wegen der berechtigten Karte sehr bescheiden.

Daran trugen natürlich die Fürther eine gehörige Mitschuld. Sie hatten sich so gar nicht fügen wollen in ihr Schicksal, das sie als Tabellenletzter der Bundesliga zum Branchenriesen geführt hatte. Eine Abreibung des Ersten gegen den Letzten schien programmiert, aber die „kleinen“ Fürther wollten sich nicht in ihr Schicksal fügen. Zwar setzte es am Ende die erwartete Niederlage, doch das 1:4 in der Münchner Arena fiel definitiv zu hoch aus.

Fürths erster Erstligasieg am 15. Spieltag

Seine Mannschaft habe viel von dem umgesetzt, was „wir uns vorgenommen haben", sagte SpVgg-Trainer Stefan Leitl, „wir wollten unangenehm sein, haben in der ersten Hälfte wenig Tiefe gegeben und unser Tor gut verteidigt“. Selbstredend, die Bayern wollten den Ball über 90 Minuten nur sehr selten den Gästen überlassen, kamen auf 72 Prozent Ballbesitz. Doch über weite Strecken der Partie taten die Fürther genau das, was sie sich für diese Saison nach dem sehr überraschenden Aufstieg ins Oberhaus vorgenommen hatten: Sie verteidigten aufopferungsvoll, machten die Räume dicht und nahmen Lewandowski und seinen Mitstreitern den Spaß am Spiel. Das hat der Aufsteiger ganz nach seinem eigenen Selbstverständnis auch an diesem Samstag vor, wenn er den 1. FC Köln im heimischen Sportpark Ronhof empfängt (15.30 Uhr).

Lange Zeit hatten die Fürther allerdings selbst wenig Freude am harten Erstligadasein. Die Saison trug anfangs beinahe tasmanische Züge. Selbst im eigenen Umfeld wurde eine Spielzeit befürchtet, wie sie einst Tasmania Berlin – immer noch der schlechteste Bundesliga-Absteiger aller Zeiten - mit etlichen Negativrekorden hinlegte. 15 Spiele musste die SpVgg warten, ehe der erste Sieg in der höheren Klasse gelang: 1:0 gegen Union Berlin, was für eine Erleichterung, da war es schon Mitte Dezember. Das Ergebnis passte. Eins zu null. „Wir haben als Mannschaft 15 Spiele darauf gewartet - und der Verein noch viel länger", sagte Torwart Sascha Burchert nach der Sieg-Premiere, und er hob damals auch hervor, dass es etwas Besonderes sei, "dass wir erstmals in der Saison zu null gespielt haben. Dann machst du ein dreckiges Tor und verteidigst bis zum Ende. Das ist der Weg“.

Skhiri steuert Doppelpack bei beim 3:1 im Hinspiel

Gegen die Bayern hat dieser Weg zwar nicht zum Ziel geführt, doch der Rekordmeister, der erst nach dem Wechsel auf Betriebstemperatur kam, sollte auch nicht als Maßstab dienen. Ein „dreckiges“ Tor reicht eben nicht immer. So war es auch im Hinspiel, als die Gäste in Müngersdorf durch Marco Meyerhöfer früh in Führung gingen. Doch durch die Treffer von Sebastian Andersson und Ellyes Skhiri, der einen Doppelpack beisteuerte, drehten die Kölner die Partie.

Doch selbst, wenn die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart 68 Prozent Ballbesitz, 8:1 Ecken und 18:7 Torschüsse verzeichnete – es war eine zähe Auseinandersetzung. Zäh, wenn nicht sogar ungenießbar blieb auch der weitere Saisonverlauf der Fürther. Zwischenzeitlich elf Ligapleiten in Folge ließ auch den Trainer selbst an der Erstligatauglichkeit seines Teams zweifeln. Eine solche Negativserie, die hatte es zuvor in der Bundesliga ja auch noch nicht gegeben. Nach dem 3:6 gegen Hoffenheim am 13. Spieltag war Leitl der Verzweiflung nahe, er sei „schon sehr angefressen", sagte der Coach. „Wenn du dich gerade in der Abwehrkette so präsentierst, reicht es einfach nicht." Zum jetzigen Zeitpunkt sei es nicht bundesligatauglich, „wenn du so viele Gegentore kassierst", räumte Leitl ein und kündigte an, „den Finger brutal in die Wunde“ zu legen. Und da der Verein Ruhe behielt und am Trainer eisern festhielt, sollte sich das Finger-in-die-Wunde legen lohnen.

Das belegen auch die Zahlen. Schlossen die „Kleeblätter“ die Hinrunde mit fünf Punkten noch abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz ab, belegen sie nach sechs Spielen der Rückrunde und jetzt schon drei Punkten mehr Rang elf.

Fürths Abwehr mit 61 Gegentoren die schlechteste der Liga

Der 15. Spieltag mit dem 1:0 gegen Union Berlin diente quasi als Kehrtwende einer bis dahin trostlosen Runde. Zwei weitere Siege ließ die Leitl-Elf danach folgen, spielte drei Mal unentschieden, verlor drei Mal – neben den Bayern gegen Dortmund, ein weiteres Liga-Schwergewicht, und Wolfsburg. Zwar ist der Abstand zum ersten Nichtabstiegsplatz mit zehn Punkten (neun zum Relegationsplatz) wahrscheinlich kaum noch großartig aufzuholen, doch die Fürther haben wieder Mut geschöpft, das Zutrauen in ihre Qualitäten wiedergefunden. Die Abwehr, mit satten 61 Gegentoren noch immer und abgeschlagen die schlechteste der Liga, scheint sich stabilisiert zu haben. Fürth schaffte es, nach der Union-Partie in acht Spielen immerhin zwei Mal, ohne Gegentreffer über die Runden zu kommen.

Im Spiel nach vorn sind die Fürther, die zwölf ihrer 13 Punkte daheim erspielten, sehr abhängig von ihrem besten Stürmer. Auf acht Treffer bringt es Hrgota, und rechnet man die vier Tore von Jamie Leweling dazu, kommt das Sturmduo auf fast Zweidrittel aller SpVgg-Treffer. Hinter den beiden strahlt noch Techniker Jeremy Dudziak, mit einer Ablösesumme von 750 000 Euro Rekordtransfer der „Kleeblätter“ im Sommer, Gefahr aus. Zwei Treffer hat der offensive Mittelfeldspieler aus Tunesien bislang erzielt. Eine überzeugende Laufleistung, mit der sie knapp hinter den Kölnern im oberen Bereich dieser Wertung zu finden sind, zieht sich durch ihre Saison. Nur 43 Prozent Ballbesitz im Schnitt weist natürlich darauf hin, dass das Leitl-Team vor allem über Konter ihr Glück sucht. Dominanz in ihrem Spiel sucht man dagegen vergeblich.

Vielleicht, so hatte es Leitl nach der langen Negativserie vermutet, vielleicht liege es an der „mentalen Kapazität“ einiger Spieler, die mit dem im Vergleich zur 2. Liga deutlich schnelleren Spiel noch nicht zurechtkämen. Die Lage hat sich inzwischen offenbar etwas verändert. Selbst wenn die Fürther in keine ihre restlichen Bundesliga-Partien als Favorit gehen sollten.

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