Vom Amateurkicker zum Profifußballer Deswegen ist der Weg von Kristian Pedersen zum FC so ungewöhnlich

Donaueschingen · Mit Kristian Pedersen hat der 1. FC Köln einen routinierten Abwehrspieler verpflichtet. Der Weg des Dänen in den Profifußball ist in der heutigen Zeit eigentlich so gut wie ausgeschlossen.

1. FC Köln: Der ungewöhnliche Weg von FC-Spieler Kristian Pedersen​
Foto: Herbert Bucco

Hier eine kurze Anweisung, da ein rustikales Tackling, zur Not auch mal die Grätsche - Kristian Pedersen fühlt sich schon nach wenigen Tagen bei seinem neuen Club sichtbar wohl. „Ich bin nach den ersten Tagen schon ein wenig müde“, sagt der Däne am Rande des Trainingslagers in Donaueschingen. „Die Trainingseinheiten sind ein wenig länger als in England, die Inhalte aber schon ähnlich. Insgesamt ist es hier aber anstrengender.“ Pedersen wechselte vom englischen Zweitligisten Birmingham City ablösefrei zum 1. FC Köln und wirkt bereits wie ein fester Bestandteil der Mannschaft. Auch, weil der Linksverteidiger mit seinen 27 Jahren so etwas wie der Routinier unter den Neuverpflichtungen ist. „Mit Kristian gewinnen wir an Mentalität, Physis und Erfahrung für unsere Mannschaft dazu“, hatte FC-Sportchef Christian Keller unmittelbar nach der Verpflichtung gesagt.

Mit 1,89 Metern Körpergröße und rund 85 Kilogramm Gewicht ist die Physis nicht zu übersehen. Das Bild des kräftigen Dänen auf dem Mountainbike, mit dem die FC-Profis täglich den Weg vom Teamhotel zum Trainingsplatz fahren, wirkt in Tagen der Tour de France nicht ganz stimmig. In der vergangenen Spielzeit sammelte Pedersen bei Birmingham zudem zehn Gelbe Karten und eine Gelb-Rote Karte ein. Der Däne gilt als zweikampfstark, kompromisslos, zudem kann er über die Außen für Gefahr sorgen. Er beschreibt sich selbst als „aggressiv“. Auf den ersten Blick ist der einmalige dänische Nationalspieler der Inbegriff eines typischen Abwehrspielers.

Pedersen die absolute Ausnahme

Bilder vom FC-Trainingslager
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Untypisch ist allerdings der Weg des Kristian Pedersen in den Profifußball. Denn der Däne gehört einer selten gewordenen Spezies an. „Ich freue mich sehr auf das erste Heimspiel mit den Fans im Rücken. Vor 50 000 Zuschauern zu spielen, wird toll“, hatte der neue Abwehrspieler zuletzt gesagt. Worte, die Pedersen nicht einfach so im Profi-Jargon herunterrasselt. Ausverkaufte Stadien schienen für den Dänen viele Jahre ein unerreichbarer Traum. So wie das Dasein als Profifußballer, das er eigentlich nur als Zuschauer aus dem Stadion kannte. Mit dem Fußball beginnt Pedersen bei Benlöse IF, einem Amateurclub unweit seines Geburtsortes Ringsted. Mit 19 Jahren spielt der Defensivmann dann bei Ringsted IF.

Während zahlreiche talentierte dänische Spieler schon jetzt in den Jugendakademien europäischer Topclubs trainieren, spielt Pedersen in der vierten dänischen Liga, vergleichbar mit der deutschen Mittelrhein-, vielleicht sogar „nur“ Landesliga. Es wird drei Mal die Woche trainiert, das Training an die Arbeitszeiten der Spieler angepasst. „Es gab auch die ein oder andere Anfrage, aber konkret wurde es nie und so war der Profifußball für mich immer weit weg“, sagte der Däne mal in einem Interview nach seinem Wechsel zu Union Berlin. 2014 zieht es Pedersen aber erst einmal zum dänischen Zweitligisten HB Køge. Ein Hauch Profifußball, mehr nicht. Denn auch hier wird die Zuschauerzahl von 1000 nur selten erreicht. Doch Køge wird dennoch Pedersens Sprungbrett in den Profifußball. Trainer Henrik Pedersen erkennt das Potenzial des Abwehrspielers und ebnet als späterer Assistenztrainer von Union Berlin den Weg in die 2. Bundesliga.

Ein Weg in den deutschen Profifußball ohne Nachwuchsleistungszentrum, Förderung, Profiausbildung von jüngstem Alter an? In der heutigen Zeit eigentlich undenkbar, fast schon ausgeschlossen. Robin Gosens Karriere verlief ähnlich. Dabei soll sogar schon 2016 die Tür der Bundesliga für Pedersen offen gestanden haben. Angeblich waren schon damals einige Bundesligisten an dem Dänen interessiert. Bei Borussia Mönchengladbach gab es ein Probetraining, Pedersen wurde nicht auserwählt. So verdiente sich der heute 27-Jährige seine Sporen bei den Eisernen, wurde zur Stammkraft und wechselte zwei Jahre später nach Birmingham. Vier Jahre spielte er für die Blues, war wieder Stammkraft, wenn auch nicht immer unumstritten. Volle Stadien sind ihm mittlerweile bekannt. Dennoch mag er noch immer „das Beschauliche“. Das wird er in Köln wohl nicht antreffen. Dennoch hat Pedersen ein großes Ziel erreicht. „Es war für mich die Möglichkeit, in der besten Liga, der Bundesliga, zu spielen“, sagt Pedersen. “Deswegen bin ich einfach froh, dass ich jetzt hier bin. Jetzt will ich mich auch hier beweisen.“

Seine Rolle ist im Team noch nicht genau festgelegt. „Ich kann ja nicht nur linker Verteidiger spielen“, sagt Pedersen, der als Back-up für Jonas Hector gehandelt wird. „Da fühle ich mich schon am wohlsten. Aber Jonas ist eine Legende beim FC, das ist mir bewusst. Er kann aber auch auf der Sechs spielen. Ich kann auch Innenverteidiger spielen, es gibt viele Möglichkeiten.“ Hauptsache der Traum vom Profifußball ist wahr geworden.

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