„Der Video-Assistent hätte eingreifen müssen“ Darum hätte es Gelb-Rot für den FC so nicht geben dürfen

Analyse | Köln · FC-Trainer Steffen Baumgart fand am Sonntag drastische Worte für die Schiedsrichter. Der Coach monierte unter anderem den Strafstoß und die Gelbe Karte gegen Luca Kilian. Zu Recht, wie Experte Alex Feuerherdt findet.

1. FC Köln: Deswegen hätte es Gelb-Rot so nicht geben dürfen
Foto: dpa/Federico Gambarini

Die Emotionalität hatte zahlreiche Facetten: Hier rannte Steffen Baumgart im Duell seines 1. FC Köln gegen Union Berlin wild gestikulierend auf den vierten Offiziellen zu, da folgte der Tritt gegen die Kamera-Bande, zudem das hämische Klatschen, nachdem Schiedsrichter Benjamin Cortus ein Foulspiel gegen die Eisernen gepfiffen hatte. Neben den bekannten Gesten verschaffte der Kölner Trainer seinem Ärger dieses Mal aber auch verbal im TV-Interview Luft. „Ich will die Leistungen der Schiedsrichter so nicht mehr akzeptieren“, polterte der Coach. „Das geht mir auf die Nerven“, sagte er und sprach von „Verarsche“.

Selbst für Steffen Baumgart, der bekanntlich kein Blatt vor den Mund nimmt, waren das ungewöhnlich deutliche Worte gegenüber den Unparteiischen, die er aber explizit nicht für die 0:1-Niederlage verantwortlich machen wollte. Das hatte andere Ursachen: „Union war für mich die beste Mannschaft, die wir bisher in Köln gesehen haben. Wir haben keinen Stich gehabt und verdient verloren“, so Baumgart weiter. Doch die Situationen, die seien eben nicht mehr tragbar.

Alex Feuerherdt: „Es war kein strafbares Handspiel“

So bewerten wir die FC-Spieler gegen Nizza
13 Bilder

So bewerten wir die FC-Spieler gegen Nizza

13 Bilder
Foto: dpa/Marius Becker

Als Stein seines Anstoßes nannte Baumgart zum einen nicht geahndete Foulspiele der gegnerischen Stürmer, die die Schiedsrichter als Zweikämpfe abtun würden. Baumgart monierte aber auch den gegebenen Strafstoß und die Gelbe Karte gegen Luca Kilian. „Dann haben wir die Hand-Situation, die am Ende zu einer Gelb-Roten Karte wird“, sagte Baumgart sichtlich erregt. Nach einer Standardsituation der Eisernen nahm sich Robin Knoche ein Herz und zog ab, der Ball prallte Kilian unglücklich an den Arm. Cortus entschied auf Strafstoß, Kilian sah in dieser Aktion die Gelbe Karte und nach einem taktischen Foulspiel in der Schlussphase dann Gelb-Rot.

War der Strafstoß berechtigt? „Nein, aus meiner Sicht war es definitiv kein strafbares Handspiel. Luca Kilian springt gemeinsam mit Diogo Leite zum Ball. Sie verfehlen den Ball und befinden sich beim Schuss im Landeanflug. Wie soll Kilian den Arm halten? Das ist keine unnatürliche Bewegung, da steckt keine Absicht dahinter“, sagt Alex Feuerherdt, Betreiber des Podcasts „Colinas Erben“ und Schiedsrichter-Kreislehrwart des Fußball-Verbandes Mittelrhein. „Dann stellt sich die Frage einer Fehlentscheidung: Ein Handspiel ist es ja zweifelsohne gewesen, aber keins, das eine Strafe zur Folge hätte haben müssen. Insofern hätte aus meiner Sicht der Video-Assistent eingreifen müssen.“ Cortus blieb bei seiner Meinung, der Video-Assisten griff nicht ein, die Szene führte nicht nur rund um das Geißbockheim zu zahlreichen Diskussionen.

1. FC Köln: Elfmeterpfiff eine von vielen strittigen Szenen

1. FC Köln: Diese Promis sind Fans vom FC
32 Bilder

Diese Promis sind Fans vom 1. FC Köln

32 Bilder
Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Denn der Elfmeterpfiff war eine von mehreren strittigen Szenen des Wochenendes. Am Freitagabend hatte Augsburgs Verteidiger Maximilian Bauer den Ball beim Wegdrehen nur minimal touchiert, Schiedsrichter Martin Petersen entschied auf Strafstoß. Am Samstag bekam Leverkusens Verteidiger Odilon Kossounou den Ball an die Hand geschossen, Schiedsrichter Benjamin Brand ließ ohne Rücksprache mit dem Kölner Keller weiterspielen. „Wir hatten an diesem Wochenende drei Handspiele im Strafraum und bei keinem wurde der Video-Assistent gefragt. Bei den beiden gegebenen Elfmetern erkenne ich keine Absicht, dass sich der Spieler breiter machen oder seine Körperfläche vergrößern wollte. Und das sind die Gründe für ein zu ahnendes Handspiel“, sagt Feuerherdt, der den Twitter-Account von Colinas Erben aufgrund der Reaktionen eines Tweets zum Leverkusen-Spiel offline stellte. „Bei dem nicht gegebenen Handspiel bei Leverkusen gegen Hertha kann man vielleicht noch am ehesten beide Seiten verstehen. Aber im Endeffekt hätte sich niemand beschwert, wenn es an diesem Wochenende in allen drei Fällen keinen Elfmeter gegeben hätte.“

Die gab es aber und anschließend einmal mehr die Diskussion über schwammige Regeln und eine fehlende Linie. „Wenn man die Entscheidungen von Freitag und Sonntag mit der vom Samstag vergleicht, fehlt hier eindeutig eine Linie“, so Feuerherdt. „Allerdings sollte man die Entscheidungen eben von Freitag und Sonntag nicht als Maßstab nehmen, denn beide dürfen so nicht stehen bleiben.“ Immerhin: in beiden Fällen blieben die Torhüter Sieger. Dennoch hatte beim FC auch die Gelbe Karte für Kilian bestand, die die Gelb-Rote später zu Folge hatte. Ob der Innenverteidiger das taktische Foul hätte begehen und damit die Ampelkarte überhaupt riskieren müssen, ist allerdings fraglich.

FC-Trainer Steffen Baumgart fordert mehr Respekt

Dennoch entlud sich nach dem gehaltenen Strafstoß viel Frust bei Baumgart, der von den Schiedsrichtern mehr Respekt gegenüber seiner Arbeit forderte. „Steffen Baumgart ist sicherlich ein emotionaler Trainer, der es den Unparteiischen nicht immer einfach macht. Wenn man sein wildes argumentieren, sein teils aggressives Verhalten sieht und er fordert von den Schiedsrichtern gleichzeitig mehr Respekt für seine Arbeit, dann fehlt mir ein wenig das Gleichgewicht“, sagt Feuerherdt. „Am Sonntag hatte ich schon den Eindruck, dass Benjamin Cortus da schon eine sehr lange Leine und nicht den ganzen Instrumentenkasten gegenüber Baumgart ausgespielt hat.“ Tatsächlich ließ sich der Kölner Trainer zu zahlreichen Gesten und Worten verleiten. Die Gelbe Karte gegen ihn kam überraschend spät. „Man muss sich aber als Schiedsrichter in so einem Fall auch fragen, ob eine Gelbe Karte gegen den Trainer das Spiel eher beruhigt oder eher aufheizt“, sagt Feuerherdt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort