Expertenanalyse Darum waren die Kölner Fans für den FC-Sieg so wichtig

Analyse | Köln · Studien belegen, dass Zuschauer in der Regel keinen direkten Einfluss auf die Fußballprofis während eines Spiels haben. In Köln könnte das am Samstag anders gewesen sein. Das glaubt auch Experte Professor Daniel Memmert von der Sporthochschule in Köln.

1. FC Köln:  Diesen Einfluss hatten die Kölner Fans auf den FC-Sieg
Foto: dpa/Marius Becker

Steffen Baumgart tat am Samstag vor der Begegnung seines 1. FC Köln gegen den FSV Mainz etwas für ihn doch sehr Ungewöhnliches. „Ich war heute der Erste, der draußen war, normalerweise bin ich der Letzte“, sagte der Kölner Trainer. Baumgart stand an der Seitenlinie, den Blick Richtung Südtribüne gerichtet. Der 50-Jährige verfolgte die beeindruckende Choreografie der Kölner Fans, der aktiven Fans. Denn die meldeten sich nach mehr als zwei Jahren Abwesenheit im Kölner Stadion zurück. Eindrucksvoll, lautstark. Nicht selten hatten sich Stadionbesucher zuletzt beschwert, die richtige Stimmung würde in Köln nicht mehr aufkommen.

Am Samstag kam sie auf. Vor dem Spiel gegen den FSV mit einer Choreografie und leider auch der verbotenen Pyrotechnik, während des Spiels dann mit lautstarker Unterstützung der Fans, die den FC zum 3:2-Erfolg über Mainz brüllten. „Es gibt doch nichts Geileres“, sagte der gebürtige Kölner Mark Uth nach dem Spiel. Auch Torschütze Dejan Ljubicic war begeistert: „Wahnsinn. Wenn man ein Tor schießt, ist das immer schön. Und dann vor solchen Zuschauern, das ist unglaublich“, sagte der Österreicher. „Jetzt habe ich gesehen, was Köln wirklich ist, wie der Verein tickt. Wie sie uns nach vorne gepeitscht haben, ein Riesenkompliment an die Fans.“

„Der Funke kann überspringen“

Aber haben die Zuschauer das Spiel mit ihrer Unterstützung wirklich in Kölner Richtung gelenkt? „Der Einfluss der Zuschauer wird bei einem Spiel generell überschätzt. Es gibt einen Heimvorteil, aber der hat weniger mit den Zuschauern direkt zu tun. Die Fans beeinflussen das Spiel indirekt über den Schiedsrichter“, so Professor Daniel Memmert von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Demnach belegen seine Studien, dass Schiedsrichter dem Gastteam im Schnitt eine halbe Gelbe Karte mehr geben. Aber: „Wissenschaft ist in der Regel immer im Mittel, wird oft über einen längeren Zeitraum verfolgt. Im Speziellen kann der Funke dann aber doch überspringen“, sagt Memmert, der am Samstag ebenfalls im Kölner Stadion war. „In Köln war das ganz sicher so. Ich hatte schon das Gefühl, dass alle Spieler noch einmal zehn Prozent mehr gegeben haben.“

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Vor allem nach dem Anschlusstreffer von Ellyes Skhiri spürten die Fans, dass trotz des 1:2-Rückstandes vielleicht doch noch ein Sieg möglich war. Das übertrug sich gefühlt auf die Akteure. Auf alle Akteure. „Die Stimmung hat sich ja nicht nur positiv auf die Kölner Spieler ausgewirkt, sondern auch negativ auf die gegnerischen Spieler“, sagt Memmert. „Bei der Verteidigung gab es schon einige erhebliche Blackouts. Das könnte darauf deuten, dass die Mainzer Spieler kognitiv runtergezogen waren.“ So nahm die Begegnung ihren Lauf, der FC nutzte offensichtlich den Heimvorteil und drehte das Spiel. Vielleicht auch wegen der Rückkehr der aktiven Fangruppe. „Die Ultras tragen schon die gesamte Melodie, die Action. Das war schon sehr beeindruckend. Die machen super Stimmung“, sagt Memmert. „Aber genaue Studien über deren Einfluss gibt es leider nicht.“

1. FC Köln - 1. FSV Mainz 05
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Beim FC weiß man um deren Bedeutung. „Die Choreo und die bedingungslose Unterstützung haben unser Team gepusht und zu einem besonderen Fußballnachmittag in Müngersdorf beigetragen“, so FC-Vizepräsident Carsten Wettich. Man wolle nun den Dialog mit den aktiven Fangruppen wieder intensivieren. Aus Kölner Sicht darf gegen Borussia Mönchengladbach am kommenden Samstag (18.30 Uhr, Dazn) dann wieder die Regel der Fall sein und der Heimvorteil sich nur auf die Gelben Karten der Schiedsrichter beziehen. FC-Trainer Steffen Baumgart wird bei der Borussia zumindest wieder der Letzte auf dem Platz sein.

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