Neuer Mittelstürmer Dietz könnte beim 1. FC Köln Modeste ersetzen

Köln · Anthony Modeste hat den 1. FC Köln verlassen, Florian Dietz ist noch da. Zum Glück für Trainer Steffen Baumgart, denn der Mittelstürmer könnte in die Fußstapfen des französischen Torjägers treten.

 Torgefährlich: FC-Stürmer Florian Dietz (vorn), hier beim Test in der Vorbereitung gegen den TuS Mondorf.

Torgefährlich: FC-Stürmer Florian Dietz (vorn), hier beim Test in der Vorbereitung gegen den TuS Mondorf.

Foto: Herbert Bucco

Bei der beachtlichen Standhaftigkeit italienischer Abwehrspieler kann die Luft für einen Stürmer schon mal dünn werden. Mit dünner Luft kennt sich Florian Dietz aber schon einige Jahre aus, denn der Stürmer mit einem Gardemaß von 1,90 Metern Länge überragt schon mal den einen oder anderen Kontrahenten. Er ist, wenn man so will, teils in einer anderen Etage unterwegs als die Kollegen auf dem Platz. Und so war es nicht sehr verwunderlich, dass er seinen wuchtigen Körper samt Kopfballstärke auch gegen den AC Mailand gewinnbringend einsetzte, beim 1:2 im Test des 1. FC Köln gegen die Italiener traf er kurz vor Schluss zum Anschluss.

„Die Leistung der Jungs hat gestimmt“, sagte FC-Trainer Steffen Baumgart nach dem Mailand-Test in Müngersdorf. „Aber man sieht schon, wo noch die kleine Etage bei uns fehlt.“ Dietz kann er, betrachtet man seine imposante Erscheinung, nicht gemeint haben. Obwohl: Sie wissen schon auch am Geißbockheim, dass Dietz noch nicht auf einem Level spielt wie, sagen wir: Anthony Modeste, der 20-Tore-Stürmer des FC der vergangenen Saison.

Dietz mit fünf Treffern in einem Spiel

Mit Treffern kennt sich Dietz, geboren im bayerischen Bad Neustadt an der Saale, gleichwohl aus. Aber eben noch nicht auf dem Niveau, das ihn als etablierten Bundesliga-Spieler ausweist. Drei Etagen tiefer allerdings, in der Regionalliga-Reserve der Kölner, hat er sich mit guten Leistungen für einen Profivertrag beim FC empfohlen und diesen im Sommer mit einer Laufzeit bis 2025 unterschrieben. In zwei Spielzeiten traf er für die U21 immerhin 17 Mal bei 30 Einsätzen. In der zurückliegenden Runde lud er 13 Tore in 18 Spielen auf sein Konto – die Lernkurve zeigt also deutlich nach oben. Aufhorchen ließ er aber vor allem beim 8:2-Kantersieg gegen den KFC Uerdingen in der Regionalliga, als ihm gleich fünf Treffer gelangen.

Da mit Anthony Modeste und Neuzugang Steffen Tigges aber ebenfalls etwa baugleiche Spieler auf der Gehaltsliste der Kölner standen, galt Dietz zunächst noch als Kandidat für eine Leihe. Doch haben sich die die Vorzeichen im Laufe der Vorbereitung geändert – nicht erst durch den Wechsel von Anthony Modeste zu Borussia Dortmund. „Ich sehe bei beiden keine Leihe, weil sie gut trainieren und überzeugen“, hatte Baumgart in Bezug auf Dietz und Denis Huseinbasic, ebenfalls aus der Regionalliga hochgezogen (von Kickers Offenbach), neulich gesagt „Wir haben zwar noch bis Ende August Zeit, aber aktuell möchte ich sie hierbehalten.“

Und des Trainers Meinung wird sich mit Blick auf Dietz, das steht fest, nicht mehr ändern. Denn nach dem Weggang Modestes könnte der Stürmer, gerade 24 Jahre alt geworden, schneller als erwartet den beruflichen Aufstieg vollziehen. Das Probefreischwimmen im kalten Wasser hat Dietz jedenfalls schon mal erfolgreich hinter sich gebracht. Nachdem am Sonntagmorgen, wenige Stunden vor dem Bundesligastart gegen Schalke 04, durchsickerte, dass Modeste den Verein verlässt, musste Baumgart reagieren. Er verzichtete darauf, den Franzosen in den Kader zu nehmen und schubste Dietz sozusagen in die Fluten, bei allerdings sommerlichen Temperaturen.

Große Aufregung vor Debüt gegen Schalke

Auf der großen Bühne zu stehen, darauf hatte Dietz konsequent hingearbeitet, und jetzt stand er darauf, vor 50 000 Zuschauern in Müngersdorf, nachdem er zuvor in der 3. Liga bei Carl Zeiss Jena und der SpVgg Unterhaching Profiluft geschnuppert hatte. Natürlich, für ihn war es „eine aufregende Situation, weil mir gesagt wurde, dass ich nicht im Kader bin, wenn Tony bleibt oder ich nur in der Startelf stehe, wenn er nicht dabei ist. Ich habe mich sehr gefreut, dass ich spielen durfte. Ich habe lange auf diesen Moment hingearbeitet. Deswegen bin ich umso glücklicher, dass ich heute mein Profi-Debüt geben konnte. Ich habe den Moment und die Atmosphäre sehr genossen“, sagte er nach seiner Erstliga-Premiere. „In den ersten Zweikämpfen habe ich schon gemerkt, dass in der Bundesliga ein anderer Wind weht.“

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Aber Dietz hielt vor allem körperlich dagegen, fand Zugang zur Partie, und bei einer klaren Kopfballchance hätte er beinahe bei seiner Bundesliga-Premiere gleich seinen Bundesliga-Premierentreffer erzielt. „Glückwunsch an Florian Dietz“, sagte Jan Thielmann nach dem Auftakt-Erfolg über seinen Sturmpartner, „er hat ein riesiges Spiel gemacht. Der Trainer hat uns gut darauf eingestellt, dass Modeste plötzlich nicht spielen wird. Er hat das Kollektiv angesprochen und das Kollektiv hat heute wieder überzeugt. So wollen wir den Weg jetzt weitergehen.“

Lob von Baumgart für den Mittelstürmer

Seinen Weg weiter verfolgen will auch Dietz. Schalke war erst ein Anfang. Mehr nicht. Modeste wirft einen langen Schatten auf seine Nachkommen. Ein wenig überzogen wirkte da Thielmanns Hymne auf Dietz schon. Tatsächlich nämlich fehlt es dem „Langen“ noch an Erfahrung, am Gespür für die Besetzung des richtigen Raumes zur richtigen Zeit, vielleicht auch am berühmten Riecher gegen Abwehrspieler auf hohem Level. Das alles muss er sich erarbeiten, einen ersten Eindruck davon, dass das gelingen kann, hat er aber allemal hinterlassen. Nicht umsonst lobt Baumgart, der Dietz eine „gute Vorbereitung“ attestierte, den Vortrag des Stürmers gegen Schalke. Dieser werde für „uns wirklich wichtig, wenn Anthony Modeste jetzt weg ist. Er ist kopfballstark, gewinnt Zweikämpfe, ist ein guter Wandspieler“. Das Dietz absehbar jedoch alles zur vollsten Zufriedenheit der Kölner hinbekommt, daran glaubt der Trainer selbstredend nicht, aber „er wird alles reinhauen. Ich bin davon überzeugt, dass er sich die eine oder andere Möglichkeit erarbeitet und dann auch den einen oder anderen Treffer erzielt“.

Ob Dietz die Gelegenheit dazu schon am kommenden Samstag in der Partie beim Topclub RB Leipzig erhält, ist nicht geklärt. Dennoch begrüßt Baumgart, diese wuchtige Option für die Offensive noch beim FC zu wissen. „Wir sind froh, dass wir ihn nicht abgegeben haben. Wir haben jetzt erst einmal ein Spiel gespielt und wissen, dass das Spiel mehrere Seiten hat. Wir haben sicher noch ein paar Sachen aufzuarbeiten“, sagte der Kölner Coach. „Aber wir haben gesagt, wir gehen einen Weg.“ Jener, den Dietz gerade beschreitet, scheint nach oben zu führen beim FC. Schneller als gedacht.

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