„Der FC ist eine große Sanierungsaufgabe“ Droht dem FC jetzt der Ausverkauf?

Analyse | Köln · Mit Salih Özcan wird den 1. FC Köln wohl ein Leistungsträger verlassen. Sportlich ein Rückschlag, wirtschaftlich ein Segen. Denn Sportchef Christian Keller bezeichnete den FC als „Sanierungsaufgabe“. Folgen also weitere namhafte Verkäufe?

1. FC Köln: Droht dem FC jetzt der Ausverkauf?​
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Dass Salih Özcan den Donnerstag in Dortmund verbrachte, machte in den Medien, aber auch unter den Fans die schnelle Runde. Die meisten Anhänger des 1. FC Köln hatten auf einen Verbleib des Mittelfeldspielers gehofft. Am Donnerstagnachmittag zeichnete sich dann aber schnell ab, dass alles Hoffen umsonst gewesen sein dürfte. Salih Özcan wechselt wohl zu Borussia Dortmund, den Medizincheck soll er bereits bestanden haben, es fehlt offenbar nur noch die Tinte auf dem Vertrag. Rund fünf Millionen Euro kann Özcan mit Prämien beim Vizemeister verdienen, also fast fünf Mal so viel wie in Köln, er wird Champions League und um Titel spielen. Sportlich eine mehr als nachvollziehbare Entscheidung.

Und dennoch überwiegt bei vielen Fans die Enttäuschung. Der gebürtige Kölner spielt seit seinem neunten Lebensjahr für den FC. Er war eine Spielzeit an Holstein Kiel ausgeliehen, entwickelte sich dort weiter und machte dann unter Steffen Baumgart in dieser Spielzeit noch einmal einen großen Sprung. Nein, viel mehr einen riesen Satz. Özcan avancierte unter dem neuen Kölner Trainer zum Leistungsträger, zum Unverzichtbaren, aber auch zum türkischen Nationalspieler. Dass er so Begehrlichkeiten weckte, war klar. Dass ein Club mit einem sowohl sportlich als auch finanziell interessanten Angebot dabei sein würde, ebenfalls. Dass Özcan diesem folgt, ist verständlich und vollkommen legitim.

Werden weitere Verkäufe folgen?

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Dabei hatte man sich in Köln eine rosige Zukunft um Özcan erhofft. Um den 24-Jährigen sollte eine Mannschaft gebildet und geformt werden. Özcan sollte das Gesicht des FC werden. Für den Mittelfeldmann war man sogar bereit, bis an die finanzielle Schmerzgrenze zu gehen. Hieß es zumindest. Nur liegt diese wirtschaftliche Latte in Köln deutlich niedriger als die in Dortmund. Was die Westfalen nach dem Haaland-Transfer quasi aus der Portokasse zahlen, bedeutet für den FC ein wirtschaftliches Risiko, ein großes. Und so wird man die kolportierte Ablösesumme von knapp zehn Millionen Euro in Köln gerne nehmen. Auch, wenn das erhoffte Gesicht der kommenden Jahre nun schwarz-gelb trägt.

Für den FC ist der Transfer auf der anderen Seite nämlich auch ein dringend benötigter Geldsegen. Schon im April hatte der neue Sportchef Christian Keller angekündigt, dass der Personalaufwand des Profibereichs um 20 Prozent von 58 auf 46 Millionen Euro reduziert werden müsste. Keller sprach davon, „nennenswerte Transfererlöse“ erzielen zu müssen. Salih Özcan ist, wenn man so will, der erste Transfererlös, weitere werden mit Sicherheit folgen. “Der FC ist finanziell und strukturell eine große Sanierungsaufgabe“, hatte Keller dem „Express“ gesagt. “Diese Sanierungsaufgabe hier ist lösbar. Allerdings schon mit ein paar Einschnitten.“

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Droht dem FC also nun der große Ausverkauf? Neben Özcan könnten noch einige weitere Spieler mit einem Schlag große Löcher in den Kölner Kassen stopfen. Vor allem Ellyes Skhiri könnte dem FC einen weiteren zweistelligen Millionenbetrag bescheren. Sein Wechsel gilt trotz Özcans Abgang noch immer als realistisch. Zumal Köln wohl die Fühler bereits nach anderen Sechsern ausstreckt. Unter anderem wird Denis Huseinbasic von Kickers Offenbach gehandelt. Mit Dejan Ljubicic verfügt Köln über einen weiteren defensiven Mittelfeldspieler, der auf der Sechs spielen kann.

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Auch Anthony Modeste soll ein lukratives Angebot vorliegen. Der Franzose hatte im Frühling mehrfach betont, dass er gerne Planungssicherheit über 2023 hinaus haben würde. Diesem Wunsch erteilte Keller unter der Woche eine Absage. „Er ist für diese Mannschaft elementar wichtig. Gleichermaßen sind wir momentan nicht in der Lage, einen Top-Vertrag zu verlängern”, sagte Keller dem „Express“. „Tony weiß, dass wir ihm aktuell nichts über 2023 hinaus anbieten können.“ Erst im Herbst wolle man die Situation neu bewerten. Dann könnte Modeste allerdings bereits für einen anderen Club tätig sein. Jan Thielmann, Ondrej Duda und Dejan Ljubicic werden von transfermarkt.de ebenfalls auf einen Marktwert von jeweils fünf Millionen Euro und mehr eingeschätzt. Von diesen drei Spielern dürfte allerdings nur Duda ein ernsthafter Wechselkandidat sein. So wie Timo Horn, der wohl kaum eine zweite Spielzeit als Nummer zwei anschließen wird.

Keller steht also vor einer großen Aufgabe. Der 43-Jährige muss den Spagat zwischen finanziellen Nöten und sportlicher Herausforderung schaffen. Denn die kommende Saison wird mit der möglichen Zusatzbelastung im europäischen Wettbewerb keine leichte. Dass der FC den Kader deswegen breiter aufstellt, ist sehr unwahrscheinlich. Einerseits fehlt das Geld, andererseits ist nicht gesagt, dass der FC die Gruppenphase der Conference League überhaupt erreicht. Es wäre höchst unprofessionell, Geld zu verplanen, das der FC nicht sicher hat. Keller betonte bereits, die Zusatzbelastung solle über eine andere Trainingssteuerung aufgefangen werden.

Und doch braucht den Fans nicht Angst und Bange vor der kommenden Spielzeit zu werden. Auch im vergangenen Sommer musste Köln mit unter anderem Sebastiaan Bornauw und Ismail Jakobs Leistungsträger ziehen lassen. Leistungsträger, die dem FC mehr als 20 Millionen Euro einbrachten. Es folgte im Winter der Abschied von Abwehrchef Rafael Czichos. Auch damals malten viele Fans düstere Bilder. Am Ende formte Steffen Baumgart ein Team, dass nun die Playoffs der Conference League erreicht hat. Dass der FC in der kommenden Spielzeit mit einem ligatauglichen Kader antritt, sollte man dem Kölner Trainer, aber auch den Kaderplanern um Christian Keller durchaus zutrauen.

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