FC muss weiter auf ersten Sieg warten Ernüchterung statt Euphorie beim 1. FC Köln

Bonn · Zweitligist 1. FC Köln zeigte sich zwar engagiert, den ersten Saisonsieg einzufahren. Doch lässt er es in der Offensive erneut an Effektivität vermissen. Trainer Gerhard Struber steht vor dem gleichen Problem wie seine Vorgänger.

Freude sieht anders aus: Die Kölner Profis schleichen nach dem 2:2 in Elversberg vom Platz.

Freude sieht anders aus: Die Kölner Profis schleichen nach dem 2:2 in Elversberg vom Platz.

Foto: dpa/Silas Schüller

Gerne wird es bemüht, um Situationen eines Spiels zu erklären, die eigentlich nicht erklärbar sind. Das Momentum aber ist ein sonderbares Wesen, nicht frei von Gemeinheiten. Unberechenbar. In einem Moment ist das Momentum da, um im nächsten grußlos zu entschwinden. Ihm werden gar heilende Kräfte zugeschrieben, bringt man es in seinen Besitz. Doch verlässt es einen, droht Ungemach. Und das brach auch über den 1. FC Köln herein, der auf dem besten Wege war, seinen ersten Sieg in der jungen Zweitliga-Saison zu erwirken. Im beschaulichen Elversberg bei der dortigen Sportvereinigung 07 hatte die Mannschaft von Gerhard Struber keinen Zweifel daran gelassen, welches Team den Anspruch verfolgt, den Aufstieg in die Bundesliga zu realisieren. Doch am Ende stand ein ernüchterndes 2:2.

Der FC war, wie es in der Fußballsprache heißen muss, am Drücker, hatte die Gunst der Stunde auf seiner Seite, den Schub, oder wie auch immer sich das Momentum sonst noch bezeichnen lässt – doch dann war es weg. Ganz plötzlich. Verschwunden. Oder hatte es der FC fahrlässig weggeschickt? Beinahe unerklärlich war es auf jeden Fall, dass die Kölner nach einer sehr dominanten ersten Hälfte und einer Vielzahl an Torschüssen (15) und Chancen und einer, für die Verhältnisse allerdings zu knappen 1:0-Führung durch Denis Huseinbasic, auf einmal 1:2 in Rückstand gerieten gegen einen zuvor beinahe chancenlosen Gegner. Eine Erklärung für das Unerklärliche? Natürlich, „wir haben einfach das Momentum hergegeben“, sagte Struber der nach einer dann wieder überlegenen Schlussphase mit seinem Team zumindest den ersten Saisonpunkt holte, „Elversberg ist aufgekommen.“

Struber: „Das Momentum hergegeben“

Es schien, als lag das weder an den Gastgebern noch an dem Momentum, denn die überlegenen Kölner umgab schlicht der Schleier der Sommermüdigkeit nach dem Wiederanpfiff. Keine Minute war gespielt, da hatte der eingewechselte Fisnik Asllani zum Ausgleich getroffen. Verunsicherung brach sich Bahn bei den personell klar stärker besetzten Kölnern. Das 2:1 durch Elversbergs Frederik Schmahl (54.) folgte als Konsequenz daraus. „Wir haben den Glauben, immer dranzubleiben, nicht verloren und haben uns das Momentum zum Ende hin mit viel Einsatz und Energie zurückerkämpft“, sagte Struber, aus dessen Sicht der FC „mehr als verdient ausgeglichen“ hat. Seiner Mannschaft hielt er zugute, „über die gesamte Spielzeit gesehen mehr für das Spiel getan und investiert zu haben als der Gegner“.

Der Anspruch freilich war ein ganz anderer gegen einen Club, der vor drei Jahren noch drei Klassen tiefer als Köln seine kleine Bühne hatte. Er beinhaltete nämlich, so der Trainer, „hierher zu kommen und drei Punkte mitzunehmen. In der ersten Halbzeit haben wir vieles in diese Richtung investiert und richtig gemacht. Wir waren kontrolliert, dominant und haben uns einige Chancen herausgespielt, die für mehr Tore hätten reichen müssen“. Dann jedoch kam nach der Pause das schnelle Gegentor und seine Mannschaft bewegte sich „in einer Denkphase“. Dieses verflixte Momentum. Einfach verschwunden.

Stürmer bleiben ohne Treffer

Vielleicht war es aber auch nicht zu halten, da der FC erneut ein gerüttelt Maß an Effektivität vermissen ließ. Trotz klarer Chancen: kein Stürmertor von Tim Lemperle, der aber die Vorlage zum Führungstreffer lieferte, und dem enttäuschenden Damion Downs. Das veranlasste den überzeugenden Huseinbasic zu einer martialischen Betrachtung. Man habe den Gegner in der ersten Halbzeit kontrolliert, „es aber versäumt, ihn zu killen“. Kaltschnäuziger müsse man sein, forderte der Mittelfeldspieler. Und auch Struber wird nicht müde, zu betonen „ins Toreschießen kommen“ zu müssen.

Nun ist das ja kein neues Phänomen beim Absteiger. Denn bereits in der zurückliegenden Bundesliga-Runde wurde offenbar, dass es an Effektivität deutlich mangelt. So stand nicht zu erwarten, dass der FC mit einem beinahe identischen Kader gegenüber der zurückliegenden Bundesliga-Runde, der zudem in der Offensive durch dem Weggang Davie Selkes geschwächt wurde, plötzlich das Toreschießen zu einer leichten Übung erklären würde – nur weil es eine Etage nach unten ging im Paternoster. Zwei treffsichere Stürmer wie sie der Club in der bislang letzten Aufstiegssaison 2018/19 mit Simon Terodde (29 Treffer) und Jhon Cordoba (20) fand, die es auf insgesamt 49 Treffer brachten, sind offenbar (noch) absent. So musste schon ein Abwehrspieler herhalten, um in einer Sturm- und Drangphase zum Schluss wenigstens noch die zweite Niederlage zu vermeiden. Timo Hübers‘ Treffer nach einer Ecke des in der Defensive fehlerbehafteten Linksverteidigers Leart Pacarada war unzureichender Ausdruck der Überlegenheit nach dem Mittagsschläfchen. „In der letzten Viertelstunde haben wir noch mal richtig Druck gemacht, haben das Herz auf dem Platz gelassen. Das mussten wir nach dem Spielverlauf auch“, sagte Kapitän Hübers, „aber es wäre verhinderbar gewesen.“

Abwehrspieler Hübers rettet wenigstens den Punkt

Trotz des späten Ausgleichs, das Momentum, das der FC nach einer guten Vorbereitung offenbar erwischt hatte und das nach dem Abstieg eine zarte Aufbruchstimmung entwickeln ließ, ist der ersten kleinen Ernüchterung gewichen. Selbst wenn Leistung und Spielanlage überwiegend passen. Mal sehen, was sich Struber nun einfallen lässt, um das Momentum wieder einzufangen.