„Gastspiel“ mit Dirk Lottner Baumgart hat 100 Prozent Anteil am positiven Auftreten des FC

Meinung | Köln · In unserem „GA-stspiel“ werfen Prominente einen Blick auf das kommende Bundesliga-Spiel des 1. FC Köln. In der dritten Folge analysiert der ehemalige Profi und heutige Trainer Dirk Lottner den FC.

Dirk Lottner spielte von 1999 bis 2004 für den 1. FC Köln. Den unter Trainer Steffen Baumgart eingeschlagenen Weg des FC sieht der Ex-Profi sehr positiv.

Dirk Lottner spielte von 1999 bis 2004 für den 1. FC Köln. Den unter Trainer Steffen Baumgart eingeschlagenen Weg des FC sieht der Ex-Profi sehr positiv.

Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb/Oliver Weiken

Es ist sehr erfreulich und offensichtlich: Die Kölner Mannschaft folgt ihrem Trainer Steffen Baumgart. Er hat nicht nur 90 Prozent Anteil am bisher so positiven Auftreten, er kommt auf 100 Prozent. Der Trainer lebt das vor, was er von der Mannschaft erwartet. Nämlich: immer wieder Gas zu geben, offensiv zu denken, die Wege nach vorn mitzugehen, die Räume, den Strafraum zu besetzen. Das sind ja alles Dinge, die der FC in der Vergangenheit ein wenig hat vermissen lassen.

Dieser Offensivgedanke, wenn der Ballgewinn geschafft ist, ganz vorn dabei zu sein und unbedingt ein Tor machen zu wollen, ist deutlich erkennbar. Für mich spiegelt das zu 100 Prozent die Handschrift von Baumgart wider. Der FC hat seit Langem keinen Trainer mehr verpflichtet, der derart neutral und positiv von den Fans angenommen wurde wie er. Baumgart überzeugt auch durch seine authentische Art, weil er offensiv denkt und weil er sich – meiner Meinung nach –fannah gibt. Das ist genau das, was das Kölner Publikum sehen möchte: jemanden, der sich mit der Aufgabe identifiziert.

Auch die Herangehensweise an ein Spiel gefällt mir richtig gut. Er spielt einen Fußball, den ich als Trainer auch spielen ließe. Die Mannschaft ist offensiv ausgerichtet, selbst aktiv und versucht, den Gegner situativ immer wieder zu pressen, ihn zu stressen. Das Schöne dabei: Das passiert unabhängig von der Qualität des Gegners. So eine Spielidee ist mir lieber, als sich hinten einzuigeln. Und zu warten, bis man dann 0:2 oder 0:3 in München verliert. Die ersten beiden Spiele haben schon richtig Spaß gemacht. Ja, richtig Lust auf mehr. Ich hoffe, dass es auf diesem Niveau weitergeht.

Es ist wichtig, dass das Pressing beim FC abgestimmt ist

Grundsätzlich aber ist ein Team schon anfälliger bei einem solchen System, da muss die Abstimmung stimmen, gerade wenn du hoch anlaufen möchtest. Dann besteht die Gefahr, mehr Räume herzugeben. Deshalb ist es wichtig, dass das Pressing abgestimmt ist. Und nicht nur mit zwei, drei Mann stattfindet. Dass die Mannschaft in der Lage ist, Baumgarts Anforderungen umzusetzen, hat sie bereits gezeigt. Die Frage wird sein, ob das in der Form die ganze Saison über zu schaffen ist.

Es ist eine Spielweise, die viel Kraft kostet. Du kannst natürlich sagen, ich will immer Knallgas geben, immer draufgehen, aber natürlich musst du im Laufe der Saison dein Spiel auch mal situativ anpassen und Ruhephasen einlegen. Andererseits muss der FC wissen: Wenn er in der Liga bestehen will und mehr Spiele gewinnen als verlieren möchte, dann müssen die Spieler bereit sein, mehr Meter zu machen als andere.

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Für dieses intensive System sind extrem laufstarke Spieler vonnöten, laufstarke „Sechser“, die ein gewisses Tempo mitbringen, die eine gewisse Grundaggressivität mitbringen wie beim FC Ellyes Skhiri und Dejan Ljubicic. Und die Mannschaft weiß, dass im Angriff mit Anthony Modeste einer spielt, der den Ball auch mit dem Kopf über die Linie drücken kann. Daher nutzen die Spieler auch die erste Möglichkeit zu einer vernünftigen Flanke – wie in den ersten beiden Partien gegen die Hertha und Bayern zu beobachten war. Das war ja im vergangenen Jahr nicht allzu häufig der Fall.

Der Weg des 1. FC Köln wird lang und schwierig

Doch bei aller Euphorie, die gerade um den FC herrscht, darf nicht der Fehler begangen werden zu glauben, dass sich das Team ständig zwischen Platz acht und zwölf bewegt. Der Weg wird lang und schwierig, aber es ist einer mit einer anderen Art und Weise Fußball zu spielen und mit einer anderen Überzeugung. Ich hoffe, dass der FC nicht wieder bis zum letzten Spieltag zittern muss. 

Es ist wichtig, sich frühzeitig abzusetzen, daher ist das Spiel am Samstag gegen Bochum von großer Bedeutung. Bei einem Sieg hätte der FC sechs Punkte auf dem Konto und damit schon mal ein bisschen Distanz nach unten geschaffen. Es wird Nackenschläge geben und Lernprozesse – völlig normal; auch, weil die Mannschaft, wie in den vergangenen Jahren praktiziert, eher aus der Raumdeckung kommt. Nun setzt sie auf Aktivität statt Passivität. Wenn man von heute auf morgen alles umstellt, dann wird man auch mal ins offene Messer laufen. Baumgart hat es trotzdem bislang immer durchgezogen.

Und wird das auch gegen Bochum tun. Der VfL ist nicht zu unterschätzen. Er ist schwer zu bespielen, hat auch die Euphorie des Aufstiegs mitgenommen und zuletzt das erste Heimspiel seit elf Jahren in der Bundesliga gewonnen. Der FC sollte nicht den Fehler machen zu meinen, er könne den VfL locker mit 3:0 schlagen.

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