Sorge vor dem Absturz Führt der Europapokal den FC in den Abstiegssumpf?

Analyse | Köln · Die Euphorie rund um den 1. FC Köln erinnert an die Saison 2016/17 als der FC ebenfalls den Europapokal erreichte. Doch sie wurde hart ausgebremst. Der FC stieg im Folgejahr ab. Auch wegen der Dreifachbelastung? Statistik und Mediziner sprechen da eine sehr unterschiedliche Sprache.

1. FC Köln: Führt der Europapokal den FC in den Abstiegskampf?​
Foto: dpa/Federico Gambarini

Es hatte sich in den letzten Minuten des Spiels schon angedeutet. Als dann der Schlusspfiff im Duell zwischen dem 1. FC Köln und dem VfL Wolfsburg ertönte, konnten mehrere Tausend Fans nicht mehr an sich halten. Trotz gegenteiligem Wunsch der FC-Verantwortlichen zog es die Kölner Anhänger ins Innere des Stadions: Platzsturm. Die Freude über das Erreichen des europäischen Wettbewerbs überwog die Sorge vor möglichen Strafen, die den FC vonseiten des DFB erwarten, oder der Kosten der Instandsetzung des Rasens, die der Club nun zu tragen hat. Auch Tage nach dem Platzsturm ist die Euphorie rund um den 1. FC Köln zu spüren. Kein Wunder, der FC kann es noch in die Europa League schaffen.

In die Freude der Fans mischt sich aber auch ein mahnender Unterton. Die Erinnerungen an die jüngste Europa-Spielzeit der Kölner sind noch frisch. 2017 hatte es der FC in die Gruppenphase der Europa League geschafft. Die Euphorie wurde aber schnell und sehr hart ausgebremst. Erst am sechsten Spieltag fuhren die Domstädter in der Liga den ersten Punkt ein, den ersten Dreier kurz vor Weihnachten am 17. Spieltag. Immerhin gab es Siege in der Europa League, die dem FC Prämien einbrachten. Am Ende stieg Köln aber sang- und klanglos ab.

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Foto: dpa/Marius Becker

Ein Grund für das sportliche Debakel dürfte auch die  Dreifachbelastung gewesen sein. Neben DFB-Pokal und Liga standen nun also sechs weitere Duelle auf dem Programm. Das gleiche Schicksal ereilte den VfL Bochum 2004, den 1. FC Nürnberg 2008 und Hertha BSC 2010 – allesamt „kleinere“ Teams, die die neue Belastung nicht gewohnt und deren Kader nicht gleichermaßen breit aufgestellt waren.

Ist der Abstiegskampf beim Erreichen der internationalen Gruppenphase für den FC also bereits programmiert? Nein, sagt zumindest ein Blick in die Statistik der vergangenen zehn Jahre. Schaut man auf den Tabellenabschluss der „kleineren“ Europacup-Teilnehmer, also ohne Bayern, Dortmund, Leverkusen und Leipzig, erreichten die 34 Starter im Schnitt 47,2 Punkte. Im Mittel belegten die Teams in ihrer Europapokal-Saison den achten Tabellenplatz. Elf Mannschaften, also ein Drittel der Teilnehmer, qualifizierten sich in der Europa-Saison erneut für den internationalen Wettbewerb. Sieben Teilnehmer, also 20 Prozent, knackten nicht die 40-Punkte-Marke. Tabellarisch bis zum Schluss zittern mussten allerdings nur vier Vereine, der FC stieg als einziger ab. Rein nach den Zahlen muss sich Köln sportlich also keine Sorgen machen.

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Foto: Bernd Thissen

Mediziner warnen vor Überbelastung

Allerdings warnen Mediziner schon länger vor der Dreifachbelastung. Die Rechnung ist einfach: Mehr Spiele bedeuten mehr Belastung. „Wir haben eine deutliche Häufigkeit dahingehend, dass nicht die Bagatellverletzungen zugenommen haben, sondern die schweren Verletzungen“, sagte Dr. Ingo Froböse von der Sporthochschule Köln dem Deutschlandfunk. Die Uefa veröffentlichte dagegen 2016 eine Studie, nach der die Verletzungshäufigkeit nicht zugenommen habe. Im Gegenteil, laut Studie sank sie bei den 50 europäischen Topclubs um 15 Prozent. Experten betonen aber, dass nicht alle Blessuren gemeldet würden, oft in den Wänden der Vereine blieben. Der „Kicker“ ging 2015 zudem von deutlichen Unterschieden der einzelnen Nationen aus. Demnach sei gerade der deutsche Fußball besonders verletzungsanfällig.

Experten warnen zudem, dass vor allem die „kleinen“ Vereine die Extra-Belastung, aber auch die Verletzungen nicht kompensieren können. „Top-Leistung kann man über diese Frequenz nicht konstant hoch halten“, sagte Professor Daniel Memmert von der Sporthochschule Köln dem GA im Winter vorigen Jahres. Damals durchlebte Leipzig ein Formtief. Die Breite des Kaders mache da natürlich einen Unterschied. „Wenn wir die Gruppenphase wirklich erreichen sollten, dann haben wir in der Halbserie drei normale Wochen“, sagt FC-Trainer Steffen Baumgart. „Das haben wir alle noch nicht gehabt. Und die Belastung wird dann interessant.“

Einen breiteren Kader wird es in Köln aber nicht geben. „Zum einen haben wir dafür die finanziellen Mittel nicht. Außerdem ist es unnötig“, sagte Baumgart mit Verweis auf den Kölner Nachwuchs. Mit der erfolgreichen Saison haben sich aber einige Spieler interessant für andere Clubs gemacht.

Für den Trainer der Geißböcke geht es ohnehin in der kommenden Saison nicht darum, erneut um die europäischen Plätze zu spielen. „Wenn wir Zwölfter werden, wären bestimmt viele enttäuscht. Für mich wäre das aber normal“, sagte der Kölner Coach im GA-Interview. „Man muss sich ja nur anschauen, wer hinter uns steht. Da sind Teams wie Wolfsburg oder Hoffenheim, die in der kommenden Saison bestimmt investieren werden. Für uns ist es ein Erfolg, wenn wir uns weiter stabilisieren – gerade in der finanziellen Situation.“

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