Verlorenes Elfmeterschießen Keller hadert mit Pokal-Aus des FC

Bonn · Das Ausscheiden aus dem DFB-Pokal ist für den 1. FC Köln nicht nur sportlich ein Rückschlag. Auch finanziell hat die Niederlage in Regensburg unerwünschte Folgen.

 Erstes Pflichtspiel der Saison, erste Niederlage: Die FC-Profis verlassen nach dem Pokal-Aus enttäuscht den Rasen in Regensburg

Erstes Pflichtspiel der Saison, erste Niederlage: Die FC-Profis verlassen nach dem Pokal-Aus enttäuscht den Rasen in Regensburg

Foto: dpa/Matthias Balk

In seinem „Logbuch für Helden“ verlieh der Autor Cristian Gálvez einmal einer verwegenen Idee Ausdruck: „In jedem Mann“, schrieb er, „steckt ein Held.“ Dass Helden nicht geboren werden, dürfte feststehen, sie werden auch nicht gestoßen – sie werfen sich selbst ins Wasser. Oder auf den Boden. So jedenfalls verhielt sich die Lage bei Dejan Stojanovic. Ihm reichte eine kleine Trinkflasche, um zur großen Nummer aufzusteigen, zumindest in Regensburg. Mit zwei gehaltenen Schüssen im Elfmeterschießen gegen den 1. FC Köln beförderte sich der Torhüter des ortsansässigen SSV Jahn, wenn man so will, selbst in den Stand eines lokalen Heroen. So empfand er es jedenfalls persönlich. Jeder Tormann träume doch davon, „ein Held zu werden. Heute ging es auf“.

Den Sieg gegen die Kölner, die wie schon vor anderthalb Jahren im Elfmeterschießen an dem Zweitligisten im DFB-Pokal scheiterten, hielt Stojanovic, diesmal in der ersten Runde des DFB-Pokals, mit zwei parierten Schüssen fest. Die FC-Fehlschützen lassen jedoch aufhorchen: Zunächst vergab Jeff Chabot, dann schubste ein sichtbar verunsicherter Kingsley Ehizibue den fünften und entscheidenden Elfmeter gegen Stojanovic, der sich die Namen der möglichen Kölner Schützen auf seine Trinkflasche geklebt hatte – beide FC-Profis tun sich in der Regel qua ihrer Stellenbeschreibung nicht als versierte Torschützen hervor: sie sind Abwehrspieler. Sie hatten somit keinen unwesentlichen Anteil daran, dass ihre Mannschaft nach einem 2:2 nach Verlängerung schließlich mit 3:4 in der Lotterie vom Punkt unterlag.

Zwei Verteidiger treten im Elfmeterschießen an

Zumindest hatten die beiden den schwierigen Gang gewagt. Denn die Frage stellt sich: Wo versteckten sich all die Kölner Helden? All jene, die sich durch ihren Stellenwert und ihre Erfahrung zum Führungspersonal zählen dürfen und daher als Auserkorene empfehlen? Der spät in die Vorbereitung eingestiegene Jonas Hector etwa wurde zwar nur eingewechselt, als Kapitän hätte er aber durchaus vorangehen können. Zumal der 32-Jährige als Nationalspieler beim Halbfinale der EM 2016 bereits bewiesen hat, dass er Elfmeterschießen kann (wenngleich mit wackligen Beinen). Auch Mark Uth verzichtete freiwillig, er reklamierte Adduktorenprobleme in der letzten Viertelstunde für sich – „sonst hätte ich natürlich geschossen“. Auch Ellyes Skhiri hätte sich überwinden dürfen, vielleicht aber fehlte dem tunesischen Nationalspieler einfach der Mut nach einem ungewohnt fahrig bis schwachen Vortrag, in dem er zudem mit einem merkwürdigen Fehler im Mittelfeld das 2:0 der Ostbayern einleitete. Zudem hielt sich Abwehrchef Timo Hübers zurück. „Es gibt ein, zwei Jungs, die in der Vergangenheit mehr Elfmeter geschossen haben als ich“, sagte er. „Wenn es darauf angekommen wäre, wäre ich hingegangen.“ War es das nicht?

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FC-Geschäftsführer Christian Keller, der nach mehr als acht Jahren in gleicher Funktion in Regensburg eine traurige Rückkehr an alte Wirkungsstätte erlebte, geriet ins Grübeln ob der allgemeinen Zurückhaltung. „Ich war nicht auf dem Platz“, sagte er. „Grundsätzlich will ja jeder Spieler, der schießt, treffen, aber dem einen oder anderen ist das Herz vielleicht ein bisschen in die Hose gerutscht. Im Elfmeterschießen hatte Regensburg sicherlich mehr Zutrauen in die Abschlüsse. Aber eigentlich darf es dazu gar nicht kommen, wir müssen es davor entscheiden.“

FC muss auf weitere Prämien verzichten

Neben der sportlichen Tristesse, die die Mannschaft von Steffen Baumgart, der ja das Finale zu seinem persönlichen Ziel auserkoren hatte („Ich möchte nach Berlin“), eine Woche vor dem Bundesligastart gegen den FC Schalke 04 ummantelt gesellt sich nun die finanzielle. Dem wirtschaftlich gebeutelten FC fehlen wichtige Einnahmen aus dem Pokalwettbewerb. Rund 420 000 Euro allein an Prämie für das Erreichen der zweiten Runde entgehen dem Verein nun, hinzu kommen fehlende Zuschauereinnahmen. Geld, das den Kölnern geholfen hätte, die Lage auf dem Transfermarkt entspannter anzugehen.

Zum Glück hatte Keller die Planungen vorsichtig ausgerichtet. Mit Einnahmen aus weiteren Pokalspielen hatte er nicht kalkuliert. Seine Verärgerung war dennoch verständlich. „Jetzt sind keine Zusatzerlöse möglich. Jeder weiß, dass wir auf jeden Euro angewiesen sind. Heute haben wir Euros liegen lassen, die uns gutgetan hätten“, sagte Keller. Und: „Das war heute richtig scheiße – sportlich wie wirtschaftlich." Dem Geschehen auf dem Spielfeld zu urteilen, lässt sich das jedoch nicht vollumfänglich behaupten. Zwar wirkten die Regensburger über weite Strecken der ersten Hälfte aggressiver und entschlossener und nutzten den gewaltigen Raum, den die neuformierte Abwehr mit dem Innenverteidigerduo Timo Hübers und Jeff Chabot sowie auf links mit Neuzugang Kristian Pedersen ihnen bot, zu einer verdienten 2:0-Führung durch die Treffer von Andreas Albers (18.) und Prince Owusu (27.). Doch der Anschluss durch einen Traumtreffer des überzeugenden Spielgestalters Mark Uth (28.) und eine Umstellung auf ein kompakteres Mittelfeld mit einer sogenannten Doppel-Sechs (Skhiri, Ljubici) brachte Steffen Baumgarts Mannschaft zurück ins Spiel. Der zweite Treffer, erzielt von Ljubicic, reichte dem FC jedoch trotz deutlichen Dominanz und einer Vielzahl an Chancen nicht. Heldenstatus erlangte so kein Kölner mehr.

Kölner vergeben zu viele Chancen

Letztendlich war das Ausscheiden in einem „intensiven Spiel“, wie Baumgart befand, überflüssig. Der Trainer prangerte schwache 15 Minuten im ersten Durchgang und mangelnde Effektivität an, denn „nach dem 2:2 hatten wir die Möglichkeiten zu erhöhen. Das haben wir nicht geschafft und deshalb ging es ins Elfmeterschießen. Dass wir enttäuscht sind, das kann sich jeder vorstellen.“

Das Fernziel Berlin wird der FC also in dieser Saison verpassen. „Schade“ findet dies Hübers, weil die „Pokal-Reise letztes Jahr hat Spaß gemacht“. In der zurückliegenden Runde hatte der FC immerhin das Achtelfinale erreicht, ebenfalls gegen einen Zweitligisten: den Hamburger SV. Das Ergebnis dürfte allen, die es mit dem FC halten, bekannt vorkommen: 3:4. Im Elfmeterschießen.

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