DFB-Pokal 1. FC Köln gilt gegen Trier als großer Favorit

Bonn · Lang, lang ist's her: Die letzten Meriten im DFB-Pokal der rheinischen Rivalen 1. FC Köln und Bayer Leverkusen liegen Jahrzehnte zurück. Der Werksclub gewann den Pott zuletzt in der Saison 1992/93 durch einen 1:0-Finalsieg gegen die Amateure von Hertha BSC Berlin.

Bei den Geißböcken muss man sogar noch eine Dekade weiter zurückblättern: Man schrieb das Jahr 1983, als der 1. FC Köln im Stadtderby gegen die Fortuna durch ein Tor von Pierre Littbarski ebenfalls mit 1:0 die Oberhand behielt. An diesem denkwürdigen Abend wurden die Sieger von den eigenen Fans bei der Pokalübergabe mit einem gellenden Pfeifkonzert bedacht. Fortuna war über 90 Minuten klar die bessere Mannschaft gewesen.

Doch der wahre Fan blendet solche Fakten gerne aus. Nachdem der DFB den Vereinspokal 1952 wieder ins Leben rief, träumen die Anhänger (fast) aller Clubs von einer Endspielteilnahme. Seit 1985 werden die Finals ausschließlich im Berliner Olympiastadion ausgetragen, der Schlachtruf "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin" ist legendär. Auch im Rhein-Energie-Stadion und der BayArena.

Optimismus also allenthalben, zumal die rheinischen Clubs zum Auftakt der neuen Runde vor durchaus lösbaren Aufgaben stehen: Bayer Leverkusen tritt am Samstag (15.30 Uhr) beim Regionalligisten SV 08 Lippstadt, dem Heimatverein der Rummenigge-Brüder, als klarer Favorit an. Gewarnt sein sollte der 1. FC Köln, der ebenfalls am Samstag (20.30 Uhr) bei Eintracht Trier antreten muss.

Obwohl auch "nur" Viertligist, dürfen sich die Moselstädter fast schon das Wort "Pokalschreck" aufs Trikot flocken lassen. In den letzten Jahren haben die Trierer immerhin Clubs wie Borussia Dortmund, Schalke 04, 1860 München oder Arminia Bielefeld aus dem Wettbewerb gekegelt. Der FC hat allerdings gute Erinnerungen ans Moselstadion: Beim letzten Aufeinandertreffen vor vier Jahren gewannen die Kölner mit 3:0.

Forsche Töne hört man von den Herausforderern der beiden besten deutschen Vereine der letzten Saison. Bayern München? "Mal sehen, wie hoch wir gewinnen", sagt Predrag Uzelac, Coach des Viertligisten Schwarz-Weiß Rehden. Und die Taktik gegen Borussia Dortmund? "So lange wie möglich die Null halten und dann vielleicht irgendwann ein Eiertor schießen." Sagt Matthias Tietz, Mittelfeldspieler des SV Wilhelmshaven, ebenfalls aus der vierten Liga.

Doch sie meinen es in der Regel ironisch. Dass sie wirklich die 2. Runde des DFB-Pokals erreichen können, daran glauben die Feierabend-Fußballer nicht wirklich. Doch der Pokal, so besagt eine der meistzitierten Fußball-Phrasen, hat eben seine eigenen Gesetze.

[kein Linktext vorhanden]Da gab es die TSV Vestenbergsgreuth, die 1994/95 die Bayern mit Trainer Giovanni Trapattoni rausschmiss. Den FV Weinheim, der dieses Kunststück vier Jahre vorher geschafft hatte. Den SC Geislingen, der 1984/85 mit dem Bruder von 800-m-Olympiasieger Dieter Baumann im Mittelfeld den HSV mit Felix Magath rauskegelte.

Auch im Vorjahr scheiterten vier Erstligisten (Fürth, Hamburg, Bremen, Düsseldorf) in der ersten Runde an Drittliga-Vereinen, zwei (Hoffenheim und Nürnberg) sogar an Viertligisten. "Es wird auch in dieser ersten Runde eine Sensationsmannschaft geben. Wir tun alles, dass wir das sind", sagt Uwe Koschinat, Trainer beim Regionalligisten Fortuna Köln. Und er meint es mit Blick auf das Spiel gegen den FSV Mainz 05 ernst.

Wie unwahrscheinlich solche Sensationen sind, zeigen schon die Umstände. Beim einzigen Sechstligisten Neckarsulmer SU muss der Gegner 1. FC Kaiserslautern die elektronischen Auswechseltafeln mitbringen. Kapitän Dimitri Gerlach musste in seinem Job als Spannungsmechaniker eine Vertretung für seine Schicht finden.

Das zusätzliche Problem der Underdogs sind die Stadion-Auflagen des DFB, durch die neben der Sicherheit auch Live-Übertragungen von allen Plätzen gewährt sein müssen. So müssen viele Vereine umziehen, was sie nicht nur viel Geld kostet, weil die Stadien Miete kosten und nicht so viele Fans mitkommen, sondern auch das größte sportliche Pfund: den Heimvorteil. Rehden spielt gegen die Bayern in Osnabrück, rund 70 Kilometer vom eigenen Stadion entfernt. Der FV Illertissen gegen Eintracht Frankfurt sogar in Augsburg, fast 100 Kilometer weit weg.

Das in Wahrheit größte Pfund der "Davids" ist deshalb die Angst der "Goliaths" vorm Versagen. Vor allem in Hoffenheim und Bremen ist diese besonders ausgeprägt. Für die TSG war das 0:4 beim Viertligisten Berliner AK im Vorjahr der Anfang vom Ende für Tim Wiese, Markus Babbel, ja sogar für das alte, neureiche Hoffenheim.

Obwohl viele Protagonisten von damals fehlen, überlässt Trainer Markus Gisdol vor dem Spiel bei der SG Aumund-Vegesack auf dem Nebenplatz des Bremer Weserstadions nichts dem Zufall. So ließ er eine Woche lang mit den gleichen Bällen trainieren, die auch der Gegner nutzt. Zudem verhängte er seinen Spielern ein Interview-Verbot: "Nach der Erfahrung aus dem Vorjahr ist das eine besondere Situation für uns."

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