Neuverpflichtungen Ist der FC auf dem Weg zum Entwicklungsclub?

Köln · Vier der wohl fünf verpflichteten Spieler sind unter 24 Jahre alt – der 1. FC Köln setzt schon jetzt auf das Prinzip „Entwicklungsclub“. Eine wirtschaftlich sinnvolle Idee, die aber auch daneben gehen kann.

1. FC Köln: Ist der FC auf dem Weg zum Entwicklungsclub?
Foto: dpa/Swen Pförtner

Wenige Wochen nach seinem Amtsantritt beim 1. FC Köln macht Christian Keller einen sehr besonnenen Eindruck. Der neue Sportchef des 1. FC Köln findet zwar deutliche, aber bislang keine aufgeregten Worte. Keller hat im Mai auf die finanziell angespannte Lage beim FC hingewiesen. Angespannt ja, Panik nein. Denn der 43-Jährige hat offensichtlich einen Plan. Einen Plan, den er mit Machern wie Trainer Steffen Baumgart oder dem Leiter der Lizenzspielabteilung, Thomas Kessler, umsetzen kann und will. In einem Interview sprach der promovierte Wirtschaftsexperte vom FC als Entwicklungsclub. Das könne er sich vorstellen, so wolle er den Verein positionieren. Junge Spieler sollen beim FC reifen, sich entwickeln und Köln möglicherweise irgendwann für eine deutlich höhere Ablösesumme wieder verlassen. Wirtschaftlich ein plausibler Plan.

Nur wenige Wochen später lässt der neue Sportchef seinen Worten Taten folgen. In den vergangenen vier Wochen hat Keller fünf Spieler verpflichtet. Denis Huseinbasic, 20 Jahre alt, Eric Martel, ebenfalls 20, Linton Maina, gerade 22, und Steffen Tigges mit 23 Jahren erfüllen allesamt das Anforderungsprofil. Allen Akteuren wird eine enorme sportliche Entwicklung zugetraut – nicht nur von Seiten des FC. Einzig Kristian Pedersen drückt mit seinen 27 Jahren das Durchschnittsalter des Kölner Kaders wieder ein wenig nach oben. Schon jetzt liegt der geschätzte Marktwert der Akteure um ein Vielfaches höher als der Einkaufspreis.

Tigges mehr als ein Entwicklungsspieler

Die Marschroute ist also eingeschlagen. Steffen Baumgart soll als Entwickler das Maximum aus den Neuzugängen rausholen. Gerade Linton Maina und Steffen Tigges sind in den Plänen der Kölner Verantwortlichen wohl mehr als nur junge Ergänzungs- oder Entwicklungsspieler. Tigges soll mit Anthony Modeste eine Doppelspitze bilden, Sebastian Andersson wurde dem Vernehmen nach ans Herz gelegt, sich doch einen anderen Club zu suchen. Maina soll über die Außen für viel Tempo sorgen. Beide Spieler passen perfekt zur offensiven Spielweise des „neuen“ FC. Und auch Eric Martel könnte mittelfristig ein Mann für die erste Elf werden. Dazu will der FC die routinierte Achse um Marvin Schwäbe, Jonas Hector, Mark Uth und Modeste einbinden. Die gesunde Mischung soll eine schlagkräftige Truppe bilden. Ganz nebenbei hat der FC schon jetzt das Durchschnittsalter seines Kaders gesenkt – je nach weiteren Abgängen sogar drastisch.

Dass Baumgart Spieler entwickeln kann, hat er in der vergangenen Spielzeit bewiesen. Auch vor einem Jahr wurden mit Luca Kilian, Dejan Ljubicic und Timo Hübers junge Profis verpflichtet, denen viele Experten den Sprung in die Startelf nicht zugetraut haben. Mittlerweile sind alle drei Stammkräfte, Hübers zudem sehr umworben. Auch Ljubicic soll das Interesse anderer Clubs geweckt haben. Alle drei haben unter Baumgart ihren Wert vervielfacht. Timo Hübers Marktwert beispielsweise wurde vor einem Jahr auf 1,8 Millionen geschätzt, so hoch wie aktuell der von Linton Maina. Mittlerweile soll er bei 7,5 Millionen Euro liegen. Dejan Ljubicic lag damals etwa bei drei Millionen, so wie heute Eric Martel, und auch der Österreicher kommt mittlerweile auf 7,5 Millionen Euro. Luca Kilian war im Sommer 2021 rund 1,3 Millionen Euro wert, steigerte sich auf 4,5 Millionen. Die Marktwertsteigerung alleine dieser drei Akteure liegt also bei rund zehn Millionen Euro.

Einen ähnlichen Betrag würden die Kölner in dieser Spielzeit natürlich gerne wieder erzielen. Denn die Kassen sind nach wie vor leer. Auch auf dem eigenen Nachwuchs ruhen ähnliche Hoffnungen. Nicht umsonst schenkt Köln in der kommenden Spielzeit auch Akteuren wie Tim Lemperle oder Florian Dietz wieder das Vertrauen. Soweit die rosarote Kölner Theorie. Nur war die Marktwertsteigerung nicht allein Baumgarts Verdienst. Sie hing erheblich mit der erfolgreichen Saison des FC zusammen. Ob der FC diesen Erfolg – gerade unter der Dreifachbelastung mit DFB-Pokal und Conference League – wiederholen kann, ist mehr als fraglich. Selbst Trainer Baumgart betonte im GA-Interview, dass er am Ende zufrieden mit einem Platz in der Top-Zwölf wäre und man nicht außer Acht lassen dürfe, welche Topclubs der FC in der abgelaufenen Saison hinter sich gelassen habe. Ein zusätzliches Problem: Keiner der eingekauften Spieler hat bislang seine Bundesligatauglichkeit über einen längeren Zeitraum unter Beweis gestellt.

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Foto: Bopp Eduard

Der Wunsch, sich als Entwicklungsclub zu positionieren, ist wirtschaftlich absolut nachvollziehbar, er erhöht aber gleichzeitig den Druck auf die Kölner Verantwortlichen. Sollte die Idee nicht auf-, der FC aber Richtung 2. Liga abgehen, könnte aus der unaufgeregten Marschroute ganz schnell eine panische werden.

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