Zusammenprall Experten warnen vor Verletzungen wie bei FC-Kapitän Jonas Hector

Köln · Beim 3:1-Erfolg über Arminia Bielefeld musste Jonas Hector nach einem Zusammenprall ausgewechselt werden. Der Kölner Kapitän hatte sich eine tiefe Platzwunde zugezogen. In der Vergangenheit kam es bei ähnlichen Unfällen immer wieder zu Gehirnerschütterungen. Experten warnen vor Folgeschäden - vor allem bei Kindern.

1. FC Köln: Jonas Hector Kopfverletzung - darum war die Auswechslung nötig
Foto: Herbert Bucco

Dass FC-Trainer Steffen Baumgart an der Seitenlinie gefühlt so viele Kilometer abspult wie sein gesamtes Team auf dem Platz, ist bekannt, wenn auch nicht statistisch bewiesen. Dass der Trainer aber ebenfalls den eigenen Sechzehner während eines Liga-Spiels betritt, kommt dagegen so gut wie nie vor. Am vergangenen Samstag war es so weit. Baumgart eilte im Duell gegen Bielefeld auf den Platz, direkt zu seinem Kapitän. Keine zwei Minuten nach der Vorarbeit zum 1:0 für den 1. FC Köln war Jonas Hector mit Arminia-Spieler Alessandro Schöpf zusammengeprallt und verletzt am Boden liegen geblieben. Hector wirkte sichtbar benommen. Nach einigen Minuten Behandlungszeit wurde der ehemalige Nationalspieler in die Kabine geführt. „Wenn jemand mit dem Kopf gegen einen Gegner prallt und es gibt keine neurologischen Auffälligkeiten, dann liegt vermutlich eine Schädelprellung vor, eine Beule. Die hat jeder schon einmal erlebt“, sagte Professor Eckhard Rickels, Neurochirurg und Mit-Initiator der in Bonn ansässigen „Schütz deinen Kopf“-Initiative der Hannelore-Kohl-Stiftung, unserer Redaktion noch in der Hinrunde. Damals waren Luca Kilian und Benno Schmitz im Spiel gegen Frankfurt nach einem Zusammenprall ausgewechselt worden. „Gibt es aber Auffälligkeiten, liegt vermutlich eine Schädel-Hirn-Verletzung vor. Die birgt eine gewisse Gefährlichkeit. Der Spieler muss vom Platz“, so der Experte weiter.

Bewusstlosigkeit, Schwindel, Verwirrtheit – Symptome gibt es viele. Doch auch Spieler, die diese möglicherweise ignorieren, es „noch einmal versuchen“. Das Risiko einer solchen Verletzung ist aber nicht zu unterschätzen. „Bei jedem Schlag kommt es zu Mikroverletzungen, die in der Bildgebung teilweise gar nicht zu sehen sind. Wir wissen, dass wiederholte kleine Schädel-Hirn-Traumen langfristige Folgen verursachen können“, sagte Rickels. Diese Folgen können teils verheerend sein. Wie zum Beispiel bei der chronisch traumatischen Enzephalopathie (CTE), einer degenerativen Erkrankung des Gehirns. Viele ehemalige Profisportler leiden unter CTE – Boxstars wie Jack Dempsey, Joe Lewis und Sugar Ray Robinson. Auch der ehemalige Kapitän der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft Stefan Ustorf erlitt beim Sport ein Schädel-Hirn-Trauma und musste seine Karriere daraufhin beenden. Nach eigener Aussage sei die Wahrscheinlichkeit nun an CTE zu erkranken bei ihm sehr, sehr hoch.

Kopfballverbot im Junioren-Fußball?

Auch kleine Erschütterungen können Schäden verursachen – so wie beim Kopfball. „Es liegt dann ein Patho-Mechanismus vor. Der Kopf ist am Hals ja relativ fest. Kommt es zu einem Kopfball, schnellt der Kopf blitzartig nach hinten, das Hirn läuft aber langsamer. Es kommt zu einer Scherbewegung. Die ist natürlich nicht gut“, erklärt Rickels. Profis könnten durch ihre ausgeprägte Nackenmuskulatur aber viel wettmachen. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat zudem ein Baseline-Screening eingeführt, das für die Proficlubs verpflichtend ist. Dafür werden vor der Saison neurologische Tests herangezogen, um die Normfunktion des Hirns festzustellen. Die Ergebnisse werden nach einem Unfall abgeglichen, um Schädigungen zu erkennen.

1. FC Köln: So viel sind die Spieler des 1. FC Köln wert​
28 Bilder

So hoch ist der Marktwert der Profis des 1. FC Köln

28 Bilder
Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Eine besondere Gefahr sieht Rickels allerdings im Kinder-Training. „Gerade bei Kleinkindern ist der Nackenbereich noch nicht so ausgebildet, der Kopf aber in der Relation ein wenig zu groß. Das sollte man mit Kindern eigentlich nicht machen“, so Rickels. Der englische Verband hat sich schon vor Jahren dazu entschieden, Kopfbälle aus dem Juniorenbereich zu verbannen. Auch in Deutschland gibt es Bestrebungen, allerdings aus der Medizin. „Wenn man eine Technik später perfekt ausüben möchte, muss man sie aus trainingswissenschaftlicher Sicht auch perfekt lernen“, sagt Professor Daniel Memmert von der Sporthochschule Köln. „Das Üben einer Technik ist für den Profibereich unerlässlich. Da gehe ich mit dem DFB konform, ein Kopfballverbot ist nicht zielführend. Man sollte aber Lösungen finden, in denen man die berechtigten Argumente der Medizin integriert.“ Das könnte im Training zum Beispiel der Einsatz von leichteren Bällen und eine Reduktion der Wiederholungen bedeuten. Zudem führen neue Wettbewerbsformen wie das Spiel drei-gegen-drei auf kleine Tore ebenfalls zu einer Reduktion der Kopfbälle.

Die besten Sprüche von FC-Trainer Steffen Baumgart
22 Bilder

Die besten Sprüche von FC-Trainer Steffen Baumgart

22 Bilder

Einen Kopfball machte Jonas Hector am Samstag auch noch. Erneut gegen Schöpf, mit beeindruckendem Turban. Gut zehn Minuten nach seinem Unfall kehrte der Kapitän auf das Spielfeld zurück. Die Freude auf der Tribüne währte aber nicht lange. Hector ließ sich noch im ersten Durchgang auswechseln. „Wir machen nun mal Sport. Da passieren Sachen“, sagte FC-Trainer Steffen Baumgart am Dienstag. „Jonas hat uns das Zeichen gegeben, dass es nicht so ist, wie er sich das vorstellt. Wir lassen natürlich keinen Spieler weiterspielen, bei dem wir oder der Spieler ein schlechtes Gewissen haben.“ Zwar fehlte der Kapitän des 1. FC Köln beim Training, das Spiel am Samstag gegen Augsburg (15.30 Uhr, Sky) wird der ehemalige Nationalspieler wohl aber bestreiten können. Hector habe nur eine – wenn auch tiefe – Platzwunde erlitten, es gäbe keine Anzeichen einer Gehirnerschütterung. Er soll am Mittwoch wieder ins Training einsteigen.

Wir wollen wissen, was Sie denken: Der General-Anzeiger arbeitet dazu mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Wie die repräsentativen Umfragen funktionieren und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort