Fußball-Bundesliga FC spielt sich beim 5:2 gegen Hertha BSC in einen Rausch

Berlin/Köln · Kölner verschärfen mit dem überzeugenden Erfolg die Berliner Abwehrsorgen. Der FC feiert den zweiten Sieg in Folge auf der Zielgeraden der Saison und hat sein Ziel schon erreicht.

Spiegelbildlich für die Partie des 1. FC Köln bei der Hertha: Herthas Marc Oliver Kempf (unten) und Kölns Jan Thielmann (oben) - kämpfen um den Ball.

Spiegelbildlich für die Partie des 1. FC Köln bei der Hertha: Herthas Marc Oliver Kempf (unten) und Kölns Jan Thielmann (oben) - kämpfen um den Ball.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Der Kopf, so ist zu hören, soll ja die herausragende Eigenschaft besitzen, Spiele zu entscheiden. Und selbst wenn beim 1. FC Köln in diesen Tagen, da der Klassenerhalt feststeht, der strikte Plan besteht, nicht nachzulassen in den letzten drei Ligaspielen, droht doch immer die Gefahr, dass sich das Unterbewusstsein dagegenstellt. Den entscheidenden letzten Impuls vermissen lässt. Trainer Steffen Baumgart hatte vor der Partie am Freitagabend gegen Hertha BSC ein klares Zeichen setzen wollen mit seiner Mannschaft, dass „hier nichts vorbei ist“. Für die Kölner ging es gegen das Schlusslicht also zuvorderst darum, die anvisierte 40-Punkte-Marke zu erreichen, für die so groß denkenden Berliner um die blanke Existenz im Abstiegskampf.

Die Sinne waren also geschärft – und allem Anschein nach jene der Kölner mehr. Der FC zeigte deutlich, dass die Saison noch nicht vorbei ist für ihn. Es war eine berauschende Vorstellung, die in einem überzeugenden 5:2 (3:2)-Sieg ihren Ausdruck fand. Der Kopf spielte also mit, und auch die Füße wollten sich nicht zweimal bitten lassen. Mit nun 41 Zählern hat der FC sein Ziel schon am 32. Spieltag erreicht. Die Hertha droht ihres zu verpassen. Es passte auf Kölner Seite also einiges zusammen an diesem Freitagabend voller Euphorie in Müngersdorf. „Es war ein gelungener Abend“, meinte dann auch Innenverteidiger Jeff Chabot etwa zurückhaltend. „Wir lagen 1:2 zurück und haben eine super Reaktion gezeigt.“

Der FC spielt sich in Berlin in einen Torrausch
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Der FC spielt sich in Berlin in einen Torrausch

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Die inzwischen unter dem neuen, alten Trainer Pal Dardai tiefer stehenden Berliner, die über eine zuverlässige Grundordnung und aggressivem Spiel gegen den Ball die Klasse doch noch halten wollen, sind grundsätzlich nicht unbedingt ein geeigneter Gegner für das Baumgart-Team. Doch das war gleich hellwach und willens, erneut alles aus sich herauszuholen, was der Körper in dieser Saisonphase noch hergibt.

Die Gäste wirkten dagegen zunächst schläfrig bei einem Schindler-Einwurf, Martel flankte auf den zweiten Pfosten, und wer war zur Stelle? Fast hätte man es ahnen können: der Ex-Herthaner Davie Selke, der erst im Winter von der Spree an den Rhein gekommen war (8.). Es war sein dritter Treffer in den jüngsten beiden Spielen. Bei seinem Kopfball allerdings verletzte sich sein Gegenspieler Filip Uremovic, der ausgewechselt werden musste. Auch Selke musste einige Minuten später wohl wegen einer Kopfverletzung den Rasen verlassen, für ihn kam Steffen Tigges.

Köln blieb aktiv, erkannte über die starke linke Bahn mit dem immer besser werdenden Linton Maina und Jonas Hector das geeignete Mittel zum Erfolg. So war es Hector, der zu einer Bedrohung für das Gäste-Tor wurde. Den platzierten Schuss des Kapitäns lenkte Hertha-Torhüter Oliver Christensen mit den Fingerspitzen um den Pfosten (15.). Die Berliner jedoch ließen sich nicht entmutigen, taten sich zunächst jedoch schwer, in die gefährlichen Räume vorzustoßen. Erst eine Einzelaktion des dribbelnden Marco Richter in den Strafraum beschäftigte den FC nachhaltig. Drei Verteidiger griffen nicht entschieden genug ein, Schindler wehrte den Ball exakt auf Lucas Tousart ab. Gegen dessen abgefälschten Schuss war Kölns Torwart Marvin Schwäbe chancenlos (18.).

Nicht nachzulassen, das hatte Baumgart ja gefordert, und der FC hielt sich daran, übernahm die Kontrolle, schickte immer wieder den pfeilschnellen Maina auf Berlin-Reise. Dessen butterweiche Flanke landete genau auf Schindler, der aus kürzester Distanz an Christensen scheiterte (26.).

Und die Hertha? Die Konter blieben gefährlich. Der schnelle Dodi Lukebakio bediente im Fallen Stevan Jovetic, und der Techniker schob den Ball eiskalt ins rechte Eck (33.). Plötzlich lief die überlegene Baumgart-Elf einem Rückstand hinterher – und wusste nicht einmal genau, warum. Doch sie schüttelte sich und es dauerte nicht lange, bis sie wieder Fahrt aufnahm. Chancen gab es reichlich. So war es Abwehrchef Timo Hübers, der einen Freistoß von Kainz über die Linie drückte 2:2 (39.).

Die Gäste hatte nun Schwerstarbeit zu leisten. Zunächst vergab Chabot aussichtsreich (42.), dann lief der Konter erneut über links, und Maina sprintete auf und davon. Er sah in der Mitte den mitgelaufenen und erneut wunderbaren Feldherrn Skhiri, der überlegt einschob und seinen bereits siebten Saisontreffer erzielte (43.). Während es in der Kölner Defensive einige Lücken gab, sahen sie weiterhin in der Offensive ihre Chance. So vergaben Kainz (45.+2) und Tigges weitere gute Möglichkeiten.

Die Kölner kamen wie aufgedreht aus der Kabine, mit einem großen Selbstverständnis. Sie wirkten, als wollten sie dem Gegner gleich den vorentscheidenden Schlag versetzen. Und fast wäre der geglückt. Doch Tigges schaffte es nach Flanke des eingewechselten Thielmann nicht, den Ball aus Nahdistanz im Tor unterzubringen (51.). Und weiter ging die wilde Fahrt – in Richtung Hertha-Tor. Doch selbst eine 3:1-Überzahlsituation blieb ungenutzt, Thielmann schoss den verdutzten Christensen an (57.). Fahrlässig. So langsam stellte sich die Frage, ob die Vielzahl an vergebenen Chancen sich nachher nicht rächen würden, denn auch Ljubicic (59.) und Hübers (60.), dessen Kopfball ans Lattenkreuz klatschte, scheiterten im Minutentakt.

Und plötzlich, ja ganz plötzlich, hätte der Ausgleich fallen müssen. Doch Schwäbe parierte gegen den frei vor ihm auftauchenden Joker Jessic Ngankam prächtig (63.). Wie man es besser macht, zeigte auf der anderen Seite dann Hübers, der mit einem listigen Volleyschuss mit dem Rücken zum Tor seinen zweiten Treffer beisteuerte (69.). Und hätten die Kölner nicht weitere riesige Chancen vergeben wie Tigges (77.), sie hätten das Ergebnis für die Berliner noch ernüchternder gestalten können, ja, müssen. Lediglich das 5:2 durch Denis Huseinbasic sprang noch heraus (81.). Fast schon zu wenig.

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