Neuzugang des 1. FC Köln Dejan Ljubicic hat große Ziele beim 1. FC Köln

Bonn · Der Österreicher Dejan Ljubicic gilt als großes Talent. Der Mittelfeldspieler will sich beim 1.FC Köln gegen starke Konkurrenz durchsetzen

 Setzt sich beim FC hohe Ziele: Dejan Ljubicic.

Setzt sich beim FC hohe Ziele: Dejan Ljubicic.

Foto: Eduard Bopp

Als Wiener kommt man nur schwerlich umhin, automatisch mit dem berühmt-berüchtigten Schmäh in Verbindung gebracht zu werden. Der Polster, Toni diente seinerzeit in Köln als Bilderbuchexemplar eines Österreichers, der den Schalk wohl als Lebenselexier im Nacken trägt. Er hat es tatsächlich richtig polstern lassen, der Toni – auf dem Platz und daneben. Nun schickt sich beim 1. FC Köln mal wieder ein gebürtiger Wiener an, im Club nicht nur sportlich, sondern ebenfalls als Schmähverbreiter rundweg zu überzeugen. Zu beidem scheint Dejan Ljubicic durchaus geeignet.

Ob er sich denn Tipps geholt habe bei dem österreichisch-kölschen Polster wurde er bei einer Vorstellungsrunde am Geißbockheim gefragt. Ach, der sei doch Austrialer, sagte Ljubicic. „Ich bin doch Rapidler.“ Soll heißen: Ein Anhänger von Rapid Wien, Ljubicics Heimatclub, täte einen Deibel, sich Rat von einem zu holen, der Austria Wien zutiefst zugeneigt ist. „Niemals zur Austria und Red Bull (Salzburg, d. Red.)!“, das antwortete er einmal auf die Frage, zu welchem Verein er denn unter keinen Umständen wechseln würde, sollte er Rapid verlassen.

Nun ist er gewechselt. Und tatsächlich lautet seine neue Adresse auf der Fußball-Landkarte weder Austria noch RB. Es wurde die Franz-Kremer-Allee im Grüngürtel, Beim 1. FC Köln hat der 23-Jährige schon vor Wochen einen Vertrag bis 2025 unterschrieb; er kommt ablösefrei. Eine noble Adresse, wie er findet. Er habe mehrere Angebote vorliegen gehabt, auch aus Deutschland – Eintracht Frankfurt soll sehr interessiert gewesen sein –, aus der Serie A Italiens.

Ljubicic hat mit dem FC gezittert

Nun also Köln. Natürlich, er sei „glücklich, hier unterschrieben zu haben“. Auch weil der FC sich sehr um ihn bemüht habe. Das sagt man so in der Fußballsprache. „Der Verein tickt ähnlich wie Rapid“, findet  der Mittelfeldspieler, „es ist auch ein Traditionsverein – noch größer als Rapid.“ Für die Wiener lief er immerhin in der Champions-League-Qualifikation und Europa League auf. Und, bitteschön, in Köln wolle er „das nächste Level erreichen“. Aussagen, die natürlich gut ankommen beim FC – und in der Stadt.

Ljubicic hat sich sehr früh entschieden, sich dem FC anzuschließen, da sein Vertrag bei Rapid auslief. Zu einer Zeit, in der die Rahmenbedingungen für die kommende Saison kaum geklärt waren. In welcher Liga wird der FC künftig spielen? Welcher Trainer soll ihn dabei unterstützen, den nächsten Schritt zu gehen? „Okay“, sagte der Österreicher mit bosnisch-kroatischen Wurzeln am Donnerstag, er habe ein „bisschen gezittert“ in der Relegation gegen Kiel. Es ist gutgegangen. Und nun will sich Ljubicic beim FC weiterentwickeln – „fußballerisch und menschlich“.

Der Österreicher hat Stärken im schnellen Umschaltspiel

Sein Entwicklungspotenzial erkannte auch Horst Heldt; der frühere FC-Manager verwirklichte den Transfer des begehrten Fußballers. Nun darf sich Trainer Steffen Baumgart auf einen Spieler freuen, der schon mit 23 Jahren als Kapitän Rapid anführte. „Ich hatte damals schon Angebote, und Rapid hat mich gelockt mit der Kapitänsschleife. Nein, Spaß.“ Nein, Schmäh. 

Ernsthaft geht er jedoch den Konkurrenzkampf in Köln als „Sechser“ an. Einfach wird das nicht für ihn, der im Winter 2019/2020 nach einer für ihn enttäuschenden sportlichen Phase in Wien beinahe in die US-Liga MLS zu Chicago Fire gewechselt wäre. Nach dem üblichen Medizincheck wurde bei ihm jedoch ein angeblicher Kreuzbandriss diagnostiziert. Er hatte keinen, betont er selbst. Nur ein Knochenmarködem, das sei aber „natürlich etwas ganz anderes“. Eine dubiose Geschichte.

Sie hindert ihn aber nicht daran, nun in Konkurrenz zu treten zu Jonas Hector, Ellyes Skhiri und Salih Özcan, die ebenfalls seine Position bevorzugen. Womöglich könnte er auch Skhiri ersetzen, in dem viele einen sehr ähnlichen Spielertypen erkennen. Ein Verkauf des Tunesiers könnte ja auf dem Transfermarkt noch dringend benötigtes Geld für den FC erlösen. „Als Sechser bin ich richtig schnell“, wirbt Ljubicic schon einmal in eigener Sache. Er könne bei Balleroberung schnell umschalten, den Pass rasch in die Tiefe spielen. Und: „Ich kann sehr viel laufen“, betont er.

Ein vorbildlicher und sehr disziplinierter Profi

Zu seinen Schwächen gehört das defensive Kopfballspiel. Auch in puncto Kraft könne er noch zulegen, sagt er und lässt die Muskeln dabei bildlich spielen. „Ich werde werde mein Maximum geben, um den Trainer zu überzeugen. Wenn er mich braucht – ganz wurscht, ob ab der ersten, 60. oder 70. Minute –, dann werde ich Vollgas geben“. An das Tempo in der Bundesliga müsse er sich allerdings noch gewöhnen.

Gewöhnungsbedürftig war, gelinde ausgedrückt, eine Aktion, die 2017 große Aufregung entfachte – abseits des Rasens. Mit einem Freund hatte er mit Glasflaschen auf eine Moschee in Bosnien und Herzegowina geworfen. Er wurde sogar festgenommen, gestand das Fehlverhalten aber sofort ein, entschuldigte sich öffentlich und zeigte Reue. „Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, und kann mich nur entschuldigen und versichern, dass mir das sehr leid tut“, sagte er damals. Er kam selbstredend für den Schaden auf und überwies eine „Spende für die örtliche Glaubensgemeinschaft“.

Es war ein Ausbruch, der seine Persönlichkeit nicht treffend abzubilden scheint. Wegbegleiter beschreiben ihn als vorbildlichen, äußerst disziplinierten Profi, bescheiden und zurückhaltend. Als „Rapids leiser Kapitän“ wurde er einmal betitelt. Jetzt will er sich in Köln durchsetzen – und seine Chance in der österreichischen Nationalmannschaft suchen. Mit Qualität. Und Schmäh.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort