Interview mit FC-Spieler Salih Özcan „Das Gefühl mit Baumgart hat einfach gepasst“

Interview | Donaueschingen · Vor wenigen Wochen liebäugelte Salih Özcan noch mit einem Transfer, nun befindet er sich mit dem 1. FC Köln im Trainingslager und scheint unter Steffen Baumgart eine wichtige Rolle einzunehmen.

 Statt mit der U21 bei Olympia ist Salih Özcan aktuell mit dem 1. FC Köln im Trainingslager in Donaueschingen.

Statt mit der U21 bei Olympia ist Salih Özcan aktuell mit dem 1. FC Köln im Trainingslager in Donaueschingen.

Foto: Herbert Bucco

Istanbul oder Glasgow? Weder noch: Salih Özcan bleibt doch bei den Geißböcken. FC-Trainer Steffen Baumgart konnte den gebürtigen Kölner von einem Verbleib in seiner Heimatstadt überzeugen. Spieler und Trainer scheinen sehr gut zusammenzupassen. So sehr, dass Özcan für den 1. FC Köln sogar auf die Olympischen Spiele verzichtet hat. Über seine Zukunft, die Beziehung zum Trainer und die harte Arbeit im Trainingslager sprach Özcan mit Simon Bartsch.

Herr Özcan, Donaueschingen statt Tokio. Die U21, mit der Sie gerade Europameister geworden sind, hat heute die erste Partie bei den Olympischen Spielen gegen Brasilien bestritten. Sind Sie wehmütig?

Salih Özcan: Wehmütig würde ich nicht sagen. Ich stehe zu meiner Entscheidung. Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich habe auch das Gespräch mit Freunden und Familie, mit Stefan Kuntz und meinem Berater sowie dem FC gesucht. Letztlich war es mir wichtig, die Saisonvorbereitung hier zu bestreiten und nicht wieder für einen Monat unterwegs zu sein. Dann beginnt nachher die Saison und es wird schwer für mich reinzukommen.

Und dennoch sind die Olympischen Spiele eine einmalige Chance…

Özcan: Absolut. Ich habe mir die Entscheidung auch nicht leicht gemacht. Olympia ist etwas Großes, das sind keine einfachen Quali-Spiele. Da träumt jeder von. Für Stefan Kuntz habe ich immer sehr gerne gespielt. Wir haben einiges durchgemacht und auch Erfolge gefeiert. Im Moment liegt meine Priorität aber auf dem Verein.

Stefan Kuntz wird als Menschenfänger wie Jürgen Klopp bezeichnet. Sie scheinen gut mit ihm ausgekommen zu sein.

Özcan: Es ist immer ein Vorteil, wenn ein Trainer selbst hoch gespielt hat. Er weiß, wie seine Jungs in welchen Momenten ticken. Stefan Kuntz schafft den Spagat zwischen einem Gefühl von Familie, aber auch Seriosität in den entscheidenden Momenten. Mir ist es wichtig, eine gute Beziehung zum Trainer zu haben. Man weiß einfach, woran man ist. Man spricht offen über Fehler, über Verbesserungen. Mit Steffen Baumgart ist es gerade sehr ähnlich.

Jetzt sitzen wir also im Spa-Resort in Donaueschingen. Nach Erholung sahen die vergangenen Tage wahrlich nicht aus.

Özcan: (lacht) Trainingslager ist selten Spa. Natürlich gibt es Regeneration zwischen den Einheiten. Aber es geht für uns schon hart zur Sache aktuell. Es ist extrem intensiv.

Sie haben schon einige Trainingslager des 1 FC Köln miterlebt. Ist die Intensität in diesem Jahr besonders hoch?

Özcan: Jeder Trainer hat da seine eigene Idee, seine eigene Intensität. Im Moment ist es sehr anstrengend. Wir müssen einfach an den Punkt kommen, dass wir die Idee des Trainers im Spiel umsetzen können. Dass wir die entscheidenden Meter machen können.

Diese Spieler werden den FC wohl verlassen
17 Bilder

Diese Spieler werden den FC wohl verlassen

17 Bilder
Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Trotz der Anstrengung fällt auf, dass viel gelacht wird. Auch mit dem Trainer. Die Stimmung ist offensichtlich gut.

Özcan: Die Stimmung ist auf jeden Fall gut und, ja, klar: Wir lachen zwischendurch. Die nötige Ernsthaftigkeit ist aber auch immer gegeben. Wir sind mitten in der Vorbereitung. Wir müssen uns als Team sicher noch finden. Aber es fällt schon auf, dass dem Trainer die Beziehung zu seinen Spielern sehr wichtig ist.

Jetzt sitzen Sie hier im Trainingslager des 1. FC Köln. Vor acht Wochen war das noch nicht abzusehen, Sie wollten wechseln. Wie kam es zum Sinneswandel?

Özcan: Ich war ja ablösefrei. Da denkt man natürlich auch über Veränderungen nach. Es gab schon verschiedene Anfragen. Dann kam die EM. Ich hatte meinen Berater gebeten, mich mit Angeboten in Ruhe zu lassen. Dann gab es die ersten Gespräche mit Steffen Baumgart und der Trainer hat mir sofort das Gefühl gegeben, dass ich hierbleiben sollte.

Aber Steffen Baumgart hat sich nicht an die Vorgabe gehalten…

Özcan: (lacht) Nein, er hat mich vor einem Spiel angerufen. Das hat mir aber nichts ausgemacht. Ihm war es einfach wichtig, mir das zu sagen, was er über mich denkt. Das hat mir das Gefühl gegeben, da ist ein Mensch, der hinter seinen Entscheidungen, seinen Vorstellungen steht.

Vor gut einem Jahr klangen Ihre Worte ähnlich. Damals haben Sie sich für die Rückkehr zum FC entschieden, hatten gerade mit Markus Gisdol gesprochen und ebenfalls ein Gefühl von Vertrauen. Was ist dieses Mal anders?

Özcan: Damals hatte ich ja ohnehin noch Vertrag in Köln. Dass ich erst einmal zurückkehren würde, war klar. Ich kann es ehrlich gesagt nicht genau beschreiben. Das Gefühl mit Baumgart hat gepasst. Die Gespräche wurden intensiver und dann stand für mich die Entscheidung fest.

Jetzt im Trainingslager und in den Testspielen gibt es auffallend viel Kontakt zwischen Ihnen und dem Trainer. Einzelgespräche, Diskussion, auch den einen oder anderen Spruch. Reift da eine besondere Vertrauensbasis?

Özcan: Die Saison ist ja noch jung. Aber ja, Vertrauen muss es immer geben zwischen Trainer und Spieler. Damit es funktioniert, muss von beiden Seiten etwas kommen.

Hat Ihnen das Vertrauen in der vergangenen Spielzeit gefehlt?

Özcan: Es war auf jeden Fall anders, ich hatte das Gefühl, keine Fehler machen zu dürfen. Steffen Baumgart weiß, dass Fehler passieren. Wir sind Menschen. Wir machen Fehler. Wir gehen in dem neuen System das Risiko ein, dass Fehler passieren. Es ist einfach ein gutes Gefühl zu wissen, dass der Trainer einem dann nicht böse ist.

Sie müssen aber auch liefern. Denn die Konkurrenz ist groß.

Özcan: Klar, wir haben gute Spieler für meine Position. Jeder muss seine Leistung abrufen.

Sie sind schon seit frühester Kindheit beim 1. FC Köln. Was bedeuten der Verein, die Stadt für Sie?

Özcan: Köln ist Heimat. Ich bin da groß geworden. Deshalb werde ich schon das eine oder andere Mal erkannt. Es macht mich stolz, dass ich für Köln spiele. Es ist ein schönes Gefühl, wenn man von klein auf die Stationen beim FC durchlebt hat, wenn man durchs Geißbockheim geht und die kleinen Kinder schauen zu dir auf, in dem Wissen, der hat auch mal so angefangen. Das war für mich auch ein Grund, hier zu bleiben. Köln ist mein Zuhause.

Wie schwer war dann der Wechsel nach Kiel?

Özcan: Erstmal war es nicht einfach. Aber mir war es wichtig, ins Spielen zu kommen zu diesem Zeitpunkt. In Kiel habe ich eine gute Saison gespielt. Wenn man mal 30 Spiele am Stück macht, wächst das Selbstvertrauen. Das ist im jungen Alter wichtig. Man lernt zu zeigen, was man drauf hat.

Fußballerisch strahlen Sie heute mehr Präsenz aus. Haben Sie sich auch in Ihrer Persönlichkeit weiterentwickelt? Gehen Sie beispielsweise anders mit den Talenten um?

Özcan: Ich war eigentlich immer für die jungen Spieler da. Das habe ich von Mergim Mavraj gelernt, der damals die jungen Spieler an die Hand genommen und geführt hat. Das war für mich sehr wichtig. Das habe ich mir von ihm abgeguckt. Unsere Jungen sind aber selbst schon sehr weit.

Wie sehen Sie die Rolle des 1. FC Köln in der kommenden Saison? Wird es wieder eine Zitterpartie?

Özcan: Das neue System kommt uns sicherlich entgegen. Die Art, Fußball zu spielen, macht Spaß. Es muss aber auch jeder Spieler mitziehen. Was am Ende dabei rauskommt, liegt allein bei uns. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass es für uns eine gute Saison wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort