1:1 gerät in den Hintergrund Massive Ausschreitungen vor FC-Spiel

Update | Nizza · Unmittelbar vor dem ersten Gruppenspiel des 1. FC Köln in der Conference League in Nizza ist es zu massiven Ausschreitungen gekommen. Das 1:1-Unentschieden geriet in den Hintergrund.

1. FC Köln: Schwere Fan-Ausschreitungen vor FC-Spiel​
Foto: dpa

Die Rückkehr in den Europapokal sollte für den 1. FC Köln und seine Anhänger ein einziges Fußball-Fest werden, sie wurde zu einem absoluten Debakel, das mit dem Sport rein gar nichts mehr zu tun hatte. Das 1:1-Unentschieden bei OGC Nizza nach Toren von Steffen Tigges (19.) und Andy Delort (63.) geriet aufgrund massiver Fan-Ausschreitungen völlig in den Hintergrund. „Ich bin fassungslos und finde keine Worte dafür“, sagte der gezeichnete FC-Sportdirektor Christian Keller. „Wir wollten ein großes Fußballfest feiern. Dafür haben wir hier auch alles vorbereitet. Es waren 8000 Fans aus Köln dabei – davon über 7900, die sich top verhalten haben.“ Und diese hatten bereits den gesamten Tag an der Côte d’Azur friedlich gefeiert, unter anderem vor dem Hotel des 1. FC Köln und dort Trainer Steffen Baumgart zugejubelt, der sich mit einem breiten Grinsen feiern ließ. Die Fans zogen mit einem Fan-Marsch Richtung Stadion weiter.

Die Stimmung kippte nur wenige Stunden später rund um und im Stade Allianz Riviera. Denn nur wenige Minuten vor dem lang ersehnten Kölner Comeback in einer europäischen Gruppenphase war es zu massiven Ausschreitungen gekommen. So hatten bereits vor dem Stadion Hooligans aus Nizza Kölner Fans angegriffen. Unter anderem sollen dabei Pyrotechnik, Stühle und Messer zum Einsatz gekommen sein. Die Polizei ging gegen die Angreifer mit Pfefferspray vor, dennoch gab es schon hier zahlreiche Verletzte.

FC-Sportdirektor Christian Keller: „Das ist pervers“

OGC Nizza - 1. FC Köln
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Im Stadion gingen die Auseinandersetzungen weiter. Wie Videos in den Sozialen Medien zeigen, sind rund 100 vermummte Anhänger des 1. FC Köln auf die Heim-Fans losgegangen. Laut Keller hätten sich unter die Kölner Hooligans auch verkleidete Fans aus Paris gemischt. Es kam zu wilden Schlägereien, bei denen ein Paris-Fan vom Oberrang stürzte und sich schwer verletzte. Der Mann sei aber stabil, teilten französische Medien später mit. Man war zunächst von Schlimmerem ausgegangen. Die gegnerischen Parteien bewarfen sich zudem mit Pyrotechnik. Auch Ordner schlugen wild um sich. Französische Behörden vermeldeten insgesamt 32 Verletzte, darunter auch Schwerverletzte. Die Polizei räumte Teile des Stadions. „Ich weiß nicht, was die Leute hier verloren haben, was sie hier machen. Der Fußball leidet, der FC leidet, der OGC Nizza leidet und es leiden alle, die hier sind“, sagte Keller. „Das, was hier passiert ist, ist pervers.“

Auch FC-Kapitän Jonas Hector fand vor der Begegnung deutliche Worte. „Wir haben richtig Bock, das Spiel mit euch zu bestreiten. Wir wollen, dass das stattfindet. Wir heißen das nicht gut, das sehen wir nicht gern. Wir haben uns dafür den Arsch aufgerissen, dass wir jetzt hier stehen dürfen. Bitte behaltet die Nerven, bleibt ruhig, unterstützt uns so gut es geht“, sagte Hector auf dem Rasen an die Fans gerichtet. „Das ist auch das, was der Verein will. Dass wir zusammenstehen und in Frieden einfach den Fußball feiern und nicht die Gewalt.“ Anschließend richtete auch Nizzas Kapitän und Ex-Bundesligaprofi Dante Worte an seine Fans.

So bewerten wir die FC-Spieler gegen Nizza
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Foto: dpa/Marius Becker

Der sportliche Wert beim 1:1 nur zweitrangig

Das Spiel wurde erst nach Beratung der Uefa und mit rund einstündiger Verspätung unter Vorbehalt angepfiffen. Bei weiteren Vorkommnissen wäre es abgebrochen und annulliert worden. „Die Frage ist immer, hängt an einer kleinen Minderheit, die sich daneben nimmt, alles oder richtet man sich nach der großen, breiten, friedlichen Masse, die Fußball schauen will“, sagte Christian Keller. „Ich bin der Meinung, dass man denen, die den Fußball bewusst kaputt machen wollen, nicht nachgehen darf.“

Der Meinung war die Uefa offensichtlich auch und entschied, das Spiel auszutragen. Der FC kam mit der Situation besser klar und erwischte den deutlichen besseren Start, war das aktivere Team und ging verdient in Führung. Nachdem Jan Thielmann zunächst einige Chancen liegengelassen hatte, legte er Tigges das 1:0 mustergültig auf. Der FC kam zu weiteren Möglichkeiten, Nizza tat sich schwer. Nur einmal musste sich Marvin Schwäbe im Kölner Tor auszeichnen. Das änderte sich nach dem Wechsel. Nizza war fortan tonangebend. Ein Freistoß von Delort prallte gegen die Hand von Timo Hübers, den folgenden Strafstoß verwandelte der französische Angreifer souverän. Nizza machte das Spiel, der FC konterte, allerdings ohne Erfolg und hatte Glück, dass auch die Hausherren keine Lücke mehr fanden.

Der sportliche Wert der Begegnung blieb ohnehin zweitrangig. Der Abend wurde von den Ausschreitungen überschattet. „Man muss versuchen, jeden Einzelnen ausfindig zu machen und dafür sorgen, dass sie niemals wieder ein Stadion betreten werden – zumindest in Köln nicht“, erklärte Christian Keller nach dem Debakel von Nizza.

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