Millionenverlust und Sparkurs So angespannt ist die finanzielle Lage beim 1. FC Köln

Köln · Mit dem Erreichen der Conference League und attraktivem Fußball hat der 1. FC Köln Euphorie in der Stadt entfacht. Auf der anderen Seite steht aber die bedrohliche Finanzlage. Der FC steht vor einem richtungweisenden Jahr.

1. FC Köln: So angespannt ist die finanzielle Lage beim FC
Foto: Herbert Bucco

Wäre Steffen Baumgart bereits 2016 Trainer des 1. FC Köln gewesen, die Kölsch-Rockband Brings hätte ihm sicherlich eine Zeile in ihrem Song „Jeck Yeah“ gewidmet. Es geht um Menschen mit dem Herzen am rechten Fleck und dass alle doch gleich sind, so unterschiedlich sie auf den ersten Blick auch sein mögen. Es geht aber auch um krasse Gegensätze. Und irgendwie verkörpert eben Baumgart aktuell einen großen Widerspruch beim 1. FC Köln. Nur wenige Akteure haben bisher eine ähnliche Euphorie rund um das Geißbockheim ausgelöst. Baumgart hat im Grunde vom ersten Moment seines Handelns die Fan-Herzen höher schlagen, die Anhänger träumen lassen. Kein Wunder, der FC hat die erfolgreichste Saison seit Einführung der Drei-Punkte-Regel gespielt – und das mit attraktivem Fußball. Baumgarts Fußball macht den Fans Spaß.

Auf der anderen Seite macht der Kölner Coach aber nur selten ein Gesicht, dass diesen Spaß widerspiegelt. Baumgart wirkt oft mürrisch, knorrig, er mahnt, kritisiert, ist ein Realist und tritt immer mal wieder auf die Euphoriebremse. So auch im GA-Interview. „Wenn wir in der kommenden Saison Zwölfter werden, wären bestimmt viele enttäuscht. Für mich wäre das aber normal. Wir sind nicht erfolgreich, wenn wir Platz sechs erreichen“, sagte Baumgart. „Man muss sich ja nur anschauen, wer hinter uns steht. Da sind Teams wie Wolfsburg oder Hoffenheim, die in der kommenden Saison bestimmt investieren werden. Die Frage ist, wer bewertet am Ende Erfolg. Für uns ist es ein Erfolg, wenn wir uns weiter stabilisieren – gerade in der finanziellen Situation.“ Denn die lässt keinen Platz für Luftschlösser. Der Spagat zwischen sportlicher Erwartungshaltung der Anhänger und wirtschaftlicher Lage ist ein großer.

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Foto: dpa/Marius Becker

Das zeigen auch die Zahlen, die die Deutsche Fußball-Liga (DFL) kürzlich über ihre Proficlubs veröffentlicht hat. Demnach haben die Geißböcke einen Verlust von 18,3 Millionen Euro aufzuweisen. Nur Dortmund, Hertha BSC und Schalke schnitten noch schlechter ab. Besonders erstaunlich, dass die Profivereine mehr als 200 Millionen Euro an Berater bezahlen. Der 1. FC Köln kommt hier auf einen Wert von 5,8 Millionen Euro. Insgesamt liegen die Personalkosten bei den Geißböcken bei 76,3 Millionen Euro. Zwar liegt der FC mit diesem Wert im Mittelfeld der Bundesliga, im Vergleich zur direkten Konkurrenz ist der Etat aber deutlich zu hoch. Auch deswegen will der 1. FC Köln seinen Personaletat der Profis um 20 Prozent reduzieren.

Und das vorwiegend in der Gehaltsstruktur, denn die passt nicht an allen Stellen zum sportlichen Ertrag. Zwölf Millionen Euro muss Köln so einsparen. Und befindet sich bereits auf einem guten Weg. Einen Teil dazu haben offenbar Florian Kainz und Benno Schmitz beigetragen. Die beiden Stammspieler verlängerten im Frühjahr ihre Verträge, erstaunlicher Weise zu günstigeren Bezügen. Louis Schaub und Jannes Horn kamen in der vergangenen Saison nicht über die Rolle von Ergänzungsspielern hinaus und verdienten dafür zu viel, die Verträge wurden dementsprechend nicht verlängert. Und schon während der vergangenen Saison hat der Sparkurs begonnen. Mit Jorge Meré und Rafael Czichos haben zwei Spieler im Winter den Verein verlassen, deren Gehalt recht üppig gewesen ist. Vor allem Meré hat wohl eher das Gehalt eines Leistungsträgers verdient.

Weitere Großverdiener werden den 1. FC Köln verlassen

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Mit dem Verkauf Salih Özcan hat der FC nicht nur Einnahmen generiert, der Mittelfeldspieler soll in Köln rund eine Millionen jährlich kassiert haben – ein weiteres Mosaiksteinchen zum Sparziel. Dort angekommen ist der 1. FC Köln aber noch lange nicht, auch, weil Spieler verpflichtet werden sollen. Mindestens ein Top-Verdiener soll den Verein noch verlassen. Anwärter hat der 1. FC Köln viele. Zu den Großverdienern gehören in Köln unter anderem Timo Horn, Ondrej Duda und Sebastian Andersson. Duda und Andersson sollen dem Vernehmen nach rund zwei Millionen Euro jährlich verdienen und das als Ergänzungsspieler. Auch Horn blüht weiterhin die Rolle des Ersatzmannes, der Keeper soll mehr als zwei Millionen Euro einstreichen. Zwar sagte FC-Sportchef Christian Keller unlängst, man könne sich vorstellen, Horn zu behalten. Unter Anbetracht der finanziellen Situation wird man der ehemaligen Nummer eins bei Wechselwünschen aber sicher keine Steine in den Weg legen.

Trotz des Sparkurses wird der 1. FC Köln neue Spieler verpflichten müssen, wenn auch nicht die ganz großen Namen. Sportchef Keller betonte bereits, dass der FC einen anderen Weg gehen müsse, möglicherweise als Entwicklungsverein. „Es gibt viele Möglichkeiten im Fußball. Das heißt nicht, dass alles aufgeht. Aber die Überzeugung ist zumindest da, einen sehr, sehr guten Kader zusammenzustellen. Und das hat nichts mit dem um 20 Prozent gekürzten Etat zu tun. Es gibt einige Mannschaften, die in einer ähnlichen Situation sind wie wir. Die haben noch mal zehn Millionen Euro weniger zur Verfügung als wir“, sagte Baumgart, der sich wieder als Ziel vorgenommen hat, junge Spieler weiterzuentwickeln. „Zumindest wird das meine Aufgabe sein – und ich freu‘ mich drauf“, sagt der 50-Jährige, ohne in zu große Euphorie zu verfallen.

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