Baumgarts goldenes Händchen? So wichtig ist die Breite des Kaders für den 1. FC Köln wirklich

Analyse | Köln · FC-Trainer Steffen Baumgart betont immer wieder, dass es nicht nur die erste Elf gibt, alle Spieler seien wichtig. Tatsächlich hat Baumgart auf vielen Positionen die Qual der Wahl. Statistisch gesehen ist der Wert der Ergänzungsspieler aber überschaubar.

1. FC Köln:  So wichtig ist die Breite des Kaders wirklich
Foto: dpa/Marius Becker

Am vergangenen Freitag traf es Dejan Ljubicic. Der Kölner Neuzugang, in den ersten sechs Saisonspielen noch Stammkraft, saß gegen Fürth zunächst nur auf der Bank. Das habe nichts mit seiner Leistung zu tun, wurde Steffen Baumgart, Trainer des 1. FC Köln, nicht müde zu betonen. In Bezug auf die anstehenden Länderspiele wollte Baumgart dem Österreicher eine kleine Ruhepause verschaffen. In der Vorwoche saß überraschend Mark Uth auf der Bank, für ihn spielte Ondrej Duda, der zu Beginn der Spielzeit nicht in der Startelf gestanden hatte. Auch Kölns Topspieler Ellyes Skhiri musste – wenn auch erkältungsbedingt – bereits einmal als Joker fungieren.

„Das ist das, was ich immer betont habe: Es gibt nicht nur die erste Elf. Es gibt alle Spieler“, hatte Baumgart nach dem Spiel gegen den VfL Bochum gesagt. Kein Wunder, Louis Schaub hatte gegen den VfL als Einwechselspieler den Ausgleich erzielt, Tim Lemperle, ebenfalls eingewechselt, den Siegtreffer. Lemperle war gerade einmal 120 Sekunden zuvor auf den Platz gekommen, genauso wie Vorlagengeber Tomas Ostrak. Steffen Baumgart bewies gegen Bochum ein goldenes Händchen.

Ersatzspieler beim 1. FC Köln: Baumgart hat die Qual der Wahl

In der Tat hat Baumgart auf zahlreichen Positionen die Qual der Wahl. Im Angriff ist Anthony Modeste gesetzt, daneben variiert der Coach. Mal spielt Jan Thielmann, mal Sebastian Andersson. Hinter den Spitzen ist der FC mit Ondrej Duda und Mark Uth ebenfalls gut aufgestellt. Alle fünf Offensivkräfte sind für die Startelf zu viel, da auch mit Florian Kainz ein weiterer Offensivspieler aktuell in der Startelf gesetzt ist. Im Nacken sitzt „Kainzi“ mit Schaub ein Landsmann. Im zentralen Mittelfeld spielten meist Skhiri und Ljubicic, aber auch Salih Özcan galt vor der Saison als gesetzt. Das Überangebot erlaubt Baumgart, Jonas Hector wieder zurück auf die linke Verteidigerposition zu schieben. Dort hofft Jannes Horn auf sein baldiges Comeback.

Und auch in der Innenverteidigung kann der Trainer aus dem Vollen schöpfen. Neben dem gesetzten Rafael Czichos muss sich Baumgart zwischen Jorge Meré, Luca Kilian und Timo Hübers entscheiden. Gerade Hübers schien im Sommer gesetzt, verletzte sich und steht nun hinten an. Meré machte seine Sache zuletzt gut, scheint aber ab und an einen schwierigen Stand zu haben. Baumgart profitiert aktuell von der Breite des Kaders.  „Da kommt gerade viel Qualität von der Bank“, sagt auch Daniel Memmert, Professor am Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik an der Sporthochschule in Köln. „Da ist es natürlich auch von Vorteil, dass man aktuell mehr wechseln darf.“

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FC-Köln-Trainer Baumgart: Goldenes Händchen nur gegen Bochum

Diesen Vorteil nutzt der Kölner Trainer. 21 Spieler setzte der 49-Jährige bislang ein. „Wir bringen die Jungs rein und die brennen dann auch dafür, voll mitzugehen. Für uns ist der komplette Kader sehr, sehr wichtig und nicht nur die erste Elf“, betonte Mark Uth nach dem 1:1 gegen Leipzig. Dass die Jungs dafür brennen, steht außer Frage. Vor allem Louis Schaub fiel nach seinen Einwechslungen positiv auf. Auch in der Statistik, der Österreicher erzielte einen Treffer, bereitete gegen Fürth das 3:1 von Ellyes Skhiri vor. Nachdem Salih Özcan, ebenfalls gerade eingewechselt, den Ball stark erobert hatte. Auch Jorge Meré brennt. Der Spanier überzeugte nach seinen Einwechslungen ebenfalls auf konstant hohem Niveau. So sehr, dass er gegen Fürth eine Startelf-Garantie vom Trainer erhielt. 

Aber ist die Breite des Kaders nach der Einwechslung wirklich entscheidend? Gegen Bochum bewies Baumgart mit der Einwechslung von zwei Treffern und einer Torvorlage ein goldenes Händchen, die reine Statistik der Kölner „Ergänzungsspieler“ ist aber überschaubar. Nach der Vorlage von Schaub am Freitag kommt Köln in sieben Spielen auf vier Scorerpunkte der Joker, ein ordentlicher, wenn auch mittelmäßiger Wert der Liga. Bayern führt die Statistik mit sieben an. Dazu kommen die insgesamt 31 eingewechselten Spieler auf acht weitere Torabschlüsse sowie acht weitere Torschussvorlagen. Für große Gefahr sorgte die Ergänzungs-Offensive in den bislang sieben Saisonspielen also nicht.

Soweit die reinen Zahlen, aber was bringen dann Einwechslungen? „Studien zum Einwechselverhalten von Trainern gibt es kaum. Wir konnten in zwei eigenen Studien zeigen, dass Ersatzspieler in der Lage sind, die Leistung der Spieler zu verbessern, die das gesamte Spiel absolviert hatten, sowohl in physischen als auch in einigen technischen Variablen in Abhängigkeit der Spielposition“, so Memmert. „Zudem wiesen wir nach, dass Spielerwechsel effektiv die Taktik von Teams verändern. Fußballtrainer sollten mehr offensive Auswechslungen vornehmen, um einen höheren defensiven Druck und verbesserte Torchancen zu erzielen, vor allem durch bessere Raumkontrolle im Angriffs-Drittel. Im Gegensatz dazu können defensive Auswechslungen die Teamkompaktheit verbessern.“ Vielleicht sind die reinen Zahlen also noch überschaubar, einen Aufschluss über die attraktive Kölner Spielweise geben sie nicht.

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