„Er braucht nicht auf Schein-Experten zu hören“ FC-Trainer Steffen Baumgart lässt Kritiker verstummen
Köln · Ob die Leistungsexplosion von Anthony Modeste, das Vertrauen in Salih Özcan oder der Glaube an den eigenen Kader – FC-Trainer Steffen Baumgart hat mit vielen seiner Einordnungen richtig gelegen.
Das lockere Auslaufen am Tag nach dem 3:1-Erfolg über Hertha BSC verpasste FC-Trainer Steffen Baumgart. Der Kölner Coach kostete den Erfolg in seiner Heimat, in Berlin, aus. Bis Dienstag verweilte der 50-Jährige in Köpenick. „Für ihn persönlich war es ja ein Derby“, sagte Thomas Kessler, Leiter Lizenzspielerabteilung. „Er ist grinsend aus dem Olympiastadion nach Hause gefahren.“ Der FC sammelte mit dem Erfolg die Punkte 26 bis 28 ein und belegt nun den sechsten Tabellenplatz. Für den Kölner Coach dürfte das 3:1 aber mehr als „nur“ ein Derbysieg oder weitere Punkte im Kampf um den Klassenerhalt bedeutet haben. Denn Baumgart hat einmal mehr recht behalten.
Rückblick: So richtig einschätzen konnte man die Form des 1. FC Köln nach der Vorbereitung in Donaueschingen im Sommer nicht. Zwar gewannen die Geißböcke vier ihrer sechs Testspiele und spielten die weiteren beiden Partien remis, doch aussagekräftig waren die Ergebnisse gegen unterklassige Teams nicht. Auch nicht der 3:2-Erfolg über Bayern München, denn der Rekordmeister war aufgrund der Europameisterschaft und dem damit verbundenen verlängerten Urlaub seiner Stars nur mit einem Rumpfkader angetreten.
Als der FC sich dann in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen den Regionalligisten Carl Zeiss Jena ins Elfmeterschießen und dann in die zweite Runde mühte, befürchteten viele Fans eine ähnliche Zitterpartie wie in der Vorsaison, als Köln sich durch die Relegation noch rettete. Zumal der Kader mit Timo Hübers, Marvin Schwäbe, Dejan Ljubicic und Mark Uth zu diesem Zeitpunkt nur punktuell verstärkt worden war. Baumgart mahnte zur Ruhe, betonte, dass der Kader ausreichend besetzt sei. Er vertraue dem vorhandenen Personal.
Auch wenn sich der Coach bei seinen Trainerstationen einen Namen als Verfechter des Offensivfußballs gemacht hat, so recht daran glauben wollten die Kölner Zweckpessimisten nicht. Doch der FC verbuchte am ersten Spieltag einen verdienten 3:1-Erfolg über Hertha BSC. Vor allem die offensive Spielweise wurde von den Fans gefeiert. Auch als Baumgart vor dem zweiten Saisonspiel gegen die Bayern offensiven Fußball versprach, haderten viele Fans, aber auch Experten, ob der Trainer die richtige Taktik wähle. Baumgart betonte unterdessen, dass er seinen Spielstil nicht ändere, „nur weil vielleicht David gegen Goliath spielt“, sagte der Trainer. „Ich will, dass die Jungs mit dem Gedankengang nach München fahren, dass wir dort gewinnen wollen.“ Zwar unterlag der FC dem Rekordmeister 2:3, schnupperte aber an der Überraschung.
Zudem war der Kölner Coach mit dem Ziel beim FC angetreten, einzelne Spieler zu verbessern. Wohl kaum Jemand hätte im Sommer unterschrieben, dass der zuletzt verliehene Anthony Modeste noch einmal zu alter Stärke finden würde. Auch Salih Özcan überredete Baumgart zum Verbleib. Viele Fans wunderten sich, da doch mit Jonas Hector, Dejan Ljubicic und Ellyes Skhiri ein Überangebot auf dieser Position herrschte. Mittlerweile kommt Modeste auf zwölf Saisontore, Özcan ist Stammspieler und Leistungsträger.

Die besten Sprüche von FC-Trainer Steffen Baumgart
FC-Trainer Baumgart hat in vielen Punkten recht behalten
Ob die Leistungsexplosion von Modeste, das Vertrauen in Özcan oder der Glaube an sein Team trotz kurzer Durststrecke – der Kölner Coach hat in vielen Punkten recht behalten. Die Zweifel von Fans und Medien sind zerstreut, die Kritik weitestgehend verstummt. „Ein Trainer muss sich treu bleiben. Er braucht nicht auf die Meinung von Schein-Experten zu hören“, sagt Christoph Bertling vom Institut für Kommunikations- und Medienforschung an der Sporthochschule in Köln. „Was Journalisten sagen, muss er sich zwar anhören, am Ende ist er aber der Fußballlehrer.“ Also der wahre Experte.
Nun folgte zum Rückrundenauftakt erneut ein 3:1-Erfolg über Hertha BSC. Und erneut keimten vor der Partie gegen die Hauptstädter leise Zweifel auf. Dieses Mal aufgrund des Transfers von Rafael Czichos. Der Abwehrchef wechselte in die Major League Soccer in die USA. Baumgart betonte, dass es keinen Grund gäbe, nun auf dem Transfermarkt aktiv zu werden. Und wieder hat der 50-Jährige recht behalten – zumindest vorerst. Das Innenverteidiger-Duo Luca Kilian und Timo Hübers überzeugte gegen Berlin.
Baumgarts Vorhersagen wecken Vertrauen. Bei den Fans, aber sicher auch bei den eigenen Spielern. Das System des Trainers funktioniert. Doch die Kölner Verantwortlichen wissen die Situation, richtig einzuschätzen. „Es wird aber auch sicherlich Phasen geben, in denen wir zwei, drei Spiele in Folge verlieren können“, sagte Kessler am Montag. Die Gefahr, dass Baumgart dann eher unter Druck gerät, sieht Kommunikationsexperte Bertling nicht. „Die Fallhöhe ist vielleicht größer geworden. Aber doch nur durch die Medien“, sagt Bertling. „Er kann darauf gar nicht seriös eingehen. Er muss sich vertrauen, seinem System vertrauen.“ Das kann Baumgart. Denn bislang geht das System auf.